Desaster-Stimmung. Die FAZ betrachtet das Problem der Langzeitarchivierung digitaler Daten.

Man kann mühelos ein 300 Jahre altes Buch lesen, aber nicht mehr das 30 Jahre alte elektronische Manuskript auf einer 8-Zoll-Diskette.

Da kann man als E-Book-Fan natürlich entgegnen, dass ein Großteil der Bücher, die man sich heute auf den Kindle lädt, in 300 Jahren vielleicht überhaupt nicht mehr relevant sein dürften. Und für alles andere haben wir ja den Barbarastollen, in dem das Gedächtnis der Nation faßfrisch langzeiteingelagert wird.

Alle Anhänger des Mediums Buch klammern sich dagegen natürlich an den Strohhalm der vergleichsweise guten Beständigkeit und der Nutzungsmöglichkeit unabhängig von Akkulaufzeiten (tagsüber).
Der übliche Nachteil ist, dass man, wenn man in einem Alltag leben muss, in dem Datenmengen wie die des Buchbestandes der Library of Congress etwas mehr oder etwas weniger auch im Durchschnittshaushalt anfallen, für Aufbewahrung in Druckform auch entsprechend große Magazinbereiche bräuchte.  Das kann sich nicht jeder leisten. Eine oder zwei Terrabyte-Festplatten demnächst vermutlich schon.

Als problematisch bei der Mikroverfilmung digitaler Inhalte entpuppt sich obendrein folgendes:

Die Tücke digitaler Daten liegt darin, dass sich der Gehalt digitaler Dokumente nicht auf das reduzieren lässt, was man ausdrucken oder sich am Bildschirm anzeigen lassen kann. Man denke an multimediale oder interaktive Inhalte.

In Flash erstellte Inhalte sind damit wahrlich für den Moment. Saubere HTML- und XML-Strukturen kann man dagegen durchaus relativ stabil archivieren und migrieren.

Unter dem Gesichtspunkt der “Langzeitarchivierung”, also für die Ewigkeit, scheint der nicht allzu hyperstrukturierte, reine Text die optimale Form darzustellen. YouTube-Videos und Podcasts dagegen eher nicht. Dies sollte man bereits bei der Erstellung der Repräsentationsformen für Inhalte durchaus einmal im Hinterkopf beachten.

Aber vielleicht entwickelt sich in den nächsten Jahren auch etwas, womit heute noch niemand rechnet und das uns binnen kurzer Zeit über den Text von Michael Spehr gestern im Technik-Teil der Frankfurter Allgemeinen Zeitung so schmunzeln lässt, wie wir es heuer über Haushaltstipps im illustrierten Familienblatt “Die Gartenlaube” tun. Dieser Tage ist er allerdings noch ziemlich relevant: Das digitale Daten-Desaster.

2 Responses to “Desaster-Stimmung. Die FAZ betrachtet das Problem der Langzeitarchivierung digitaler Daten.”


  1. Womöglich war ich mit der Aussage bezüglich Flash-basierten Inhalten doch etwas voreilig:

    The openly published SWF specification describes the file format used to deliver rich applications and interactive content via Adobe Flash Player, which is installed on more than 98 percent of Internet-connected computers. Although search engines already index static text and links within SWF files, RIAs and dynamic Web content have been generally difficult to fully expose to search engines because of their changing states — a problem also inherent in other RIA technologies.

    Adobe Flash Technology Enhances Search Results for Dynamic Content and Rich Internet Applications

  2. Natürlich kann man ein Buch, das 300 Jahre alt ist, noch lesen. Aber wie alt ist bitte die Technik ‘Buch’? Deren Befürworter verweisen darauf, dass, seit etwa das Binden von Seiten das Zusammenrollen abgelöst hat, also etwa seit den ersten nachchristlichen Jahrhunderten, doch noch ne Menge zu lesen sei. Da kann man nur sagen: Mitnichten. Der Großteil der Bücher aus der Anfangszeit der Technik ist weg.
    Dann schauen wir jetzt mal, wie es mit dem Digitalen aussieht. Wir sind jetzt schon bei einer Speichertechnik angelangt, die Datenformate vom Format der Datenträger trennt. Das ist doch nicht schlecht, angesichts der Tatsache, dass diese Technik eben gerade mal ein paar Jahrzehnte alt ist.
    Natürlich kann man immer noch darüber jammern, dass, wer in ein paar hundert Jahren ein File findet, dies nicht ohne weiteres lesen kann, weil er ja noch die zugehörige Schnittstelle dazu braucht, während er ein Buch nur aufblättern müsse. Das hat Uwe Jochum in seinem BUB-Aufsatz “Das Mediendesaster” als wesentlichen Vorzug des Buches ausgemacht. Aber da denkt er nicht daran, a) dass man Lesen auch erst lernen muss, b) dass Bildschirm etc. als Schnittstelle sich bewährt haben und daher ähnliche Schnittstellen-Formen auch in Zukunft uns den Zugang zu digitalen Medien gewähren werden.

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