Die bücherfreie Bibliothek als höchste Eisenbahn, in Newport Beach

Das kalifornische Newport Beach ist nicht nur die Wahlheimat Jürgen Klinsmanns sondern momentan auch dafür bekannt, dass sie die dortige Public Library zwar public bleibt, jedoch zugleich zur bookless library wird. Wie die Los Angeles Times am verdächtigen 01.04. aber doch wohl wahrheitsgetreu berichtete, ergab eine Analyse des Nutzungsverhaltens, dass der Griff zum Buch nicht mehr Kern der Benutzung ist. (Mike Reicher (01.04.2011): Tomes’ time might be up at Newport Beach library. latimes.com) Vielmehr wird die Bibliothek hauptsächlich als gratis Internet-Café benutzt:

“Most visit the branches to study, to plug their laptops into work spaces or to use computers with Internet connections.”

Was freilich die Frage aufwirft, inwieweit sich die Bibliothek dann noch von einer Starbucks-Filiale unterscheidet. Vielleicht dadurch, dass es in einer von beiden keinen Skinny Caramel Macchiato gibt. Und in der anderen keinen Kamin. So ganz ohne Bücher muss die leergeräumte Newport Public Library aber auch dann nicht bleiben, denn die Nutzer können sich bei Bedarf noch ein Exemplar von extern liefern lassen:

“So Newport Beach is weighing a Netflix-like system in which readers could order books and then pick them up from lockers at an “electronic library,” a 2,200-square-foot room with a central fireplace and a kiosk where patrons could select titles online.”

So gemütlich hat man sich die “elektronische Bibliothek” dereinst in den frühen Bibliotheksutopien selten vorgestellt. Der On-Demand-Service ist jedoch nur konsequent und bei genügender Nachfrage könnte man sich nach ein paar Jahren vielleicht überlegen, einen kleinen Handapparat mit einem Präsenzbestand einzurichten. Was das Personal angeht, so geht man von einer Art Call-Center-Prinzip aus:

“Instead of a reference librarian, patrons would be greeted by a kiosk equipped with video-calling software that would allow them to speak with employees elsewhere.”

Selbst den Beteiligten Akteuren ist unklar, inwieweit die buchfreie Bibliothek tatsächlich auf Gegenliebe stößt, auch wenn die Bestandsnutzung sich mitunter nur noch wie folgt darstellt:

“One person slipped into the stacks — but only to make a cellphone call in private.”

Begleitet wird die kalifornische Neuererbewegung übrigens, wie so oft, durch Sparauflagen.

Neben der Frage nach dem Erfolg des Modells (“Past attempts to change the traditional library model have not always worked out.”) stellt sich für uns eine zweite, nämlich, inwieweit ein solcher Trend auch auf das deutsche Bibliothekswesen übertragbar wäre. Der Artikel in der LA Times enthält möglicherweise einen entscheidenden Hinweis:

“You don’t want to be like the railroads and go out of business.”

Vielleicht ticken Kulturen in bestimmten Bereichen doch verschieden.

1 Response to “Die bücherfreie Bibliothek als höchste Eisenbahn, in Newport Beach”


  1. 1Alexander

    Koennen wir vielleicht im Interesse eines uebersichtlichen Blogs das ‘more’ Tag wieder benutzen, welches dann ein freundliches ‘Continue Reading …’ anbietet?

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