Meine Presse! Hamburg bekommt jetzt auch seine Urheberrechtserklärung

Wenn es ums Urheberrecht im Internet geht, herrscht momentan große Appell- und Erklärungsfreude. Heute frisch vermeldet ist die “Hamburger Erklärung”, die nach der Hansestadt heißt, weil sie dort und von dort ansässigen Verlagen (Axel Springer AG („BILD“, WELT ONLINE), Bauer, Ganske, Gruner + Jahr, dem Spiegel-Verlag sowie dem Zeit-Verlag) unterzeichnet wurde. Gefordert wird diesmal eine Leistungsschutzrecht für die Verlage, die nach den Worten des Axel Springer-CEOs Mathias Döpfner im Raubritter- und Schurkennetz (meine Überspitzung) WWW permanent bedroht sind:

Der massive Rechtsbruch, der derzeit täglich im Internet stattfindet, müsse systematisch verfolgt werden. Döpfner forderte dazu auch einen besseren technischen Schutz digitaler Inhalte: „Was es dazu braucht, ist ein sicheres Wasserzeichen, das dem Netzbetreiber unmissverständlich und elektronisch leicht lesbar anzeigt: Halt, Stopp, das hier ist Hehlerware.“ Der Springer-Chef weiter: „Unser Ziel muss es sein, die Hauptstraßen des Internets frei von Piraten zu halten.”

Warum eigentlich nicht von Wegelagerern, Schlagetots, Tunichtguts und Fürchtenixen reden? Die bildhafte Sprache jedenfalls lässt sich hier exzellent ausspielen. Warum aber sollte jemand einen WELT-, BILD- oder ZEIT-Artikel verhehlen wollen? Und wieviel Erfolg hat er damit? Der Internetnutzer surft in den Hamburger Augen also im virtuellen Golf von Aden, wo die Suchmaschinen und Aggregatoren auf ihren leichten Schaluppen die Informationstanker andauernd entern, ihrer Ladung berauben und die Inhalte der Tagespresse ins digitale Somali-Land entführen, bis der Journalismus ausgetrocknet ist bzw. die Klicks auf die “Sorgenfrei von Anfang an!”-Anzeigen am Artikelrand unterbleiben. Daher auch der Wunsch nach einem Wasserzeichen. Komisch ist, dass man dennoch permanent und mehr denn je auch die Webpräsenzen der Zeitungen klickt und doch noch soviel mehr oder weniger Qualitätsjournalismus findet.
Es ist durchaus zutreffend, dass das jetzige Urheberrecht nicht unbedingt zu digitalen Informationsumgebungen passt. Dass aber die Lösung in einem derart undifferenzierten und anachronistischen Hamburger Wirbelsturm im Wasserglas zu finden ist, muss jeder, der sich ein bisschen mit der Sache auskennt, bezweifeln.

Mehr zum Thema gibt es in der WELT (gefunden über Google News):  Verlage fordern Leistungsschutz für die Presse (bzw. in leichter Variation bei Bild.de: Keine rechtsfreien Zonen im Internet!, in der ZEIT: Verlage kämpfen gegen rechtsfreie Räume)

Nachtrag: Wie horizont.net soeben meldet, kündigt Hamburgs Erster Bürgermeister Ole von Beust an: “”Es bleibt nicht nur bei Worten, es werden Taten folgen” …

8 Responses to “Meine Presse! Hamburg bekommt jetzt auch seine Urheberrechtserklärung”


  1. 2Uwe

    Ich halte es für richtig, dass im Internet nur seriöse Seiten auftreten dürfen. Dazu ist es nunmal notwendig, eine einheitliche “Vorschrift” zu entwerfen, an die sich alle zu halten haben.
    Ein Maler kann auch nicht einfach tun und lassen was er will. Das Selbe sollte auch für das Internet gelten.

  2. 3Roddy

    Ob das der richtige Weg ist, bin ich aber nicht so ganz überzeugt …

  1. [...] Blog des Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin nimmt sich der in der Rede verwendeten Metaphern [...]

  2. [...] delicious http://weblog.ib.hu-berlin.de/?p=7087: #delicious Meine Presse! Hamburg bekommt jetzt auch seine [...]

  3. [...] Meine Presse! Hamburg bekommt jetzt auch seine Urheberrechtserklärung at IBI-Weblog "Wenn es ums Urheberrecht im Internet geht, herrscht momentan große Appell- und Erklärungsfreude. Heute frisch vermeldet ist die “Hamburger Erklärung”, die nach der Hansestadt heißt, weil sie dort und von dort ansässigen Verlagen (Axel Springer AG („BILD“, WELT ONLINE), Bauer, Ganske, Gruner + Jahr, dem Spiegel-Verlag sowie dem Zeit-Verlag) unterzeichnet wurde." (tags: Hamburger_Erklärung Urheberrecht Medienwandel Raubkopierer IBI_Weblog Ben_Kaden) [...]

  4. [...] Co. doch aus. Die Frage, die ich mir sofort stellte: Wie sieht es den bei den Initiatoren der »Hamburger Erklärung« [...]

  5. [...] hier: Startseite » Affiliate » Paid Content quo vadis? Nachdem letztes Jahr im Zuge der Hamburger Erklärung haben mehrere Verlage beschlossen den Suchgiganten Google via ihrer robots.txt auszusperren und die [...]

Leave a Reply

You must login to post a comment.