IBI-Weblog » Frankfurter Rundschau http://weblog.ib.hu-berlin.de Weblog am Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin Wed, 28 Jun 2017 08:24:09 +0000 en hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.0.4 9 1/2 Milliarden und davon fast nichts durch E-Books: Der Buchhandelsumsatz 2008 http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=7223/index.html http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=7223/index.html#comments Mon, 06 Jul 2009 15:25:44 +0000 Ben http://weblog.ib.hu-berlin.de/?p=7223 Jedenfalls wandert im Bereich Wissenschaft ein ganzer Publikationszweig ins Internet ab, was keineswegs nur Nachteile für die Forschenden bedeutet, wie die Befürworter des “Open Access” zu betonen nicht müde werden. So bleibt beispielsweise die akademische Qualifizierung unabhängig von den mächtigen Verlagen und deren Forderungen nach teilweise horrend hohen Druckkostenzuschüssen. Dei Frankfurter Rundschau meldet heute, dass [...]]]>

Jedenfalls wandert im Bereich Wissenschaft ein ganzer Publikationszweig ins Internet ab, was keineswegs nur Nachteile für die Forschenden bedeutet, wie die Befürworter des “Open Access” zu betonen nicht müde werden. So bleibt beispielsweise die akademische Qualifizierung unabhängig von den mächtigen Verlagen und deren Forderungen nach teilweise horrend hohen Druckkostenzuschüssen.

Dei Frankfurter Rundschau meldet heute, dass der deutsche Buchhandel trotz allgemeiner Untergangsstimmung im Jahr 2008 immerhin  9,614 Milliarden Euro Umsatz zusammenbrachte. Das Medium “E-Book” spielt dagegen “in Deutschland wirtschaftlich noch überhaupt keine Rolle”. Ein wenig irritiert dies schon angesichts der heftigen Diskussionen zu diesem Thema. Die vermischen allerdings gern E-Books und andere elektronische Publikationsformen und damit in gewisser Weise den Publikumsmarkt und den wissenschaftlichen Markt.

Dass das E-Book-Angebot z.B. in den Universitätsbibliotheken, welches nicht selten analog zum E-Zeitschriften-Angebot gehandhabt wird, wirtschaftlich unerheblich ist, mag man angesichts der Paketpreise kaum glauben. Allerdings scheint es nicht unerwartbar, dass sich das E-Book in diesem Bereich ohnehin bald medial mit anderen Formen vermengt und in nicht allzu ferner Zukunft eher dynamische und vernetzte Dokumentstrukturen als Einzeldokumente vorliegen. Das Lehrbuch erscheint dabei als je nach individuellen Bedürfnissen temporär zusammengestellter Baustein (oder Knoten) in einer Sphäre von verknüpften Texten, Bildern, etc. und gern auch Primärdaten, der mit dem traditionellen Lehrbuch so wenig zu tun hat, wie Google Maps mit einem Atlas. Dann spätestens erweist sich die Buchmetapher hinter dem E als Anachronismus.

Den Text der Franfurter Rundschau gibt es hier: Krise verschont Buchhandel: Ein kleines Wunder.

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Die Angst vor dem Blitzschlag: Umberto Ecos kleine Speichermedientypologie in der Frankfurter Rundschau http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=6839/index.html http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=6839/index.html#comments Wed, 29 Apr 2009 08:27:41 +0000 Ben http://weblog.ib.hu-berlin.de/?p=6839 Ein weiteres Manko ist, dass nahezu alle elektronischen Datenträger durch einen Stromstoß, Blitzschlag oder sogar noch banalere Ereignisse entmagnetisiert und gelöscht werden können. Wenn ein Stromausfall lange genug andauert, komme ich nicht mehr an meine Daten heran. Wenn mein Computer im fünften Stock aus dem Fenster fällt, kann ich mich darauf verlassen, alle Daten zu [...]]]>

Ein weiteres Manko ist, dass nahezu alle elektronischen Datenträger durch einen Stromstoß, Blitzschlag oder sogar noch banalere Ereignisse entmagnetisiert und gelöscht werden können. Wenn ein Stromausfall lange genug andauert, komme ich nicht mehr an meine Daten heran. Wenn mein Computer im fünften Stock aus dem Fenster fällt, kann ich mich darauf verlassen, alle Daten zu verlieren. Fällt aber ein Buch aus dieser Höhe, wird schlimmstenfalls die Bindung brechen.

In der heutigen Ausgabe der Frankfurter Rundschau betrachtet Umberto Eco ganz anschaulich und lebensnah verschiedene Speichermedien und deren Grenzen, die dann auch immer die der auf ihnen abgelegten Daten sind. Das Speichermedium Buch punktet dabei aufgrund seiner Robustheit, die der Mikroelektronik doch relativ überlegen scheint. Und er zieht eine elementare Unterscheidung zwischen Buch und elektronischen Medien:

Es scheint, dass die modernen Speichermedien mehr zur Verbreitung von Informationen taugen als zu deren Erhaltung. Bücher dienen seit langer Zeit sowohl der Verbreitung [...] als auch der Erhaltung unseres Wissens.

Dass ein Mikrofilm allerdings, wie Eco schreibt, anfälliger für Beschädigungen sein soll, als ein Buch, entspricht nicht dem, was ich gelernt und erfahren habe. Und zählen der Mikrofilm und die Fotos im Allgemeinen tatsächlich zu dem, was man mit elektronischen Speichermedien bezeichnet? Medienhistorisch meine ich hier eine unerwartete Unschärfe zu entdecken. Beschränkt man sich aber auf Digitalmedien, so stimmt es sicher, dass die Datenhaltung in diesen gemeinhin aufwendiger ist, da man seine Daten regelmäßig umkopieren muss. Und rein ästhetisch beurteilt sind die Plastikmedien (CDs etc.) zweifellos die weniger hübschen Schwestern des Papiers.  Ein CD-Rom-Regal im Wohnzimmer imponiert bestenfalls durch Konsequenz, eine in Schweinsleder gebundene Lexikonreihung ist schon an sich ein eindrucksvolles Objekt, besonders natürlich, wenn sie kaum Gebrauchsspuren aufweist.

Was die Daten(er)haltung angeht, stellt die so genannte Cloud mit ihren für den Nutzer virtuellen Speichern, eine Möglichkeit dar, dass man sich zukünftig solch Mühsal spart. Eine sichere und jederzeit verfügbare virtuelle Festplatte anzubieten ist vermutlich ein Geschäftsmodell im Web, das neben der Werbung funktionieren kann.  Wenn dann der Rechner aus dem Fenster fällt ist nur das prinzipiell ersetzbare Zugangsgerät verloren.  Man hörte übrigens schon von Datenrettungsspezialisten, die einer Festplatte selbst nach Stürzen aus höherer Höhe noch so manches entlocken konnten. Vielleicht ist der fünfte Stock dafür dann aber doch zu hoch… Eco setzt übrigens, wie er schreibt, auf doppelte Datenhaltung und besitzt die Weltliteratur sowohl auf Festplatte wie in Papier.

Den Artikel gibt es hier: Wenn der PC aus dem 5. Stock fällt

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Aufklärungsarbeit: Matthias Spielkamp und Florian Cramer in der FR zum Thema “Open Access” http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=6789/index.html http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=6789/index.html#comments Tue, 21 Apr 2009 08:56:38 +0000 Ben http://weblog.ib.hu-berlin.de/?p=6789 Vielleicht ist all das nur ein Missverständnis. Doch da Reuß und Jochum auf ihm, aller sachlichen Entgegnungen zum Trotz, beharren und sogar YouTube und Musik-Tauschbörsen ins Spiel bringen, wird man den Verdacht nicht los, dass Gelehrte und Schriftsteller hier ein diffuses allgemeines Unbehagen am Internet artikulieren sowie ihre Panik, von der Medienentwicklung überrollt zu werden. [...]]]>

Vielleicht ist all das nur ein Missverständnis. Doch da Reuß und Jochum auf ihm, aller sachlichen Entgegnungen zum Trotz, beharren und sogar YouTube und Musik-Tauschbörsen ins Spiel bringen, wird man den Verdacht nicht los, dass Gelehrte und Schriftsteller hier ein diffuses allgemeines Unbehagen am Internet artikulieren sowie ihre Panik, von der Medienentwicklung überrollt zu werden.

In der heutigen Ausgabe der Frankfurter Rundschau analysieren Matthias Spielkamp und Florian Cramer den Heidelberger Appell als Ausdruck der Furcht einer kulturellen Elite vor dem für diese schwer durchschaubaren Phänomen Internet und nehmen sich dankenswerterweise noch einmal die Zeit, den Unterzeichnern wie den durch Artikel von Uwe Jochum und Roland Reuß in der selben Zeitung womöglich sehr irritierten Lesern der Frankfurter Rundschau die Grundzüge des “Open Access”-Ansatzes ruhig und verständlich zu erklären: Die Autoren werden gestärkt!

Nachtrag:

Joachim Müller-Jung hat für die Frankfurter Allgemeine Zeitung den Brief des Heidelberger Appells an die Bundeskanzlerin gelesen und festgestellt, dass Roland Reuß die argumentativ so unsinnige wie oft gegeißelte Gleichsetzung von Google-Books und Open Access mittlerweile etwas differenzierter sieht. Als Feindbild bleibt aber Letzteres prominent:

Was „Open access“ angeht, spricht Reuß nun nicht mehr von einer „grundgesetzwidrigen“ Beschneidung der Forscher- und Autorenfreiheit, sondern vom „Gift“ der Nötigung insbesondere für Geisteswissenschaftler und mittelständische Verlage. Indem die Forschungsorganisationen die Autoren zwängen, ihre nicht auf schnelle Verwertung hin angelegten Editionen, Handbücher und Monographien über kurz oder lang zur kostenfreien Veröffentlichung im Internet anzubieten, würden Forschungsfreiheit und hochqualifizierte Arbeitsplätze gefährdet. (Müller-Jung, Joachim (2009): Freiheitssache Geist. Appell: Was Autoren von der Bundeskanzlerin erwarten. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.04.2009, S. 27.)

Der editionsphilologische Ansatz Reuß’ findet dagegen heute in der Süddeutschen Zeitung Auswertung und Entgegnung:

Der ideale Partner der textgenetischen Methode ist nicht das Buch, sondern das Internet. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die digitale Integraledition der Manuskriptbestände, … , von ausgewiesenen Philologen erstellt wird.

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Der Starbucks-Leser. Die FR testet den Kindle. http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=5918/index.html http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=5918/index.html#comments Thu, 21 Aug 2008 08:53:55 +0000 Ben http://weblog.ib.hu-berlin.de/?p=5918 Wer einen Starbucks mit den Maßstäben alteuropäischer Kaffeehauskultur misst, der kann leicht in tiefen Kulturpessimismus verfallen. Statt Porzellan gibt es Styropor, statt Marmor auf dem Fußboden Linoleum, statt literarische Gespräche zu führen starrt das Publikum auf Laptops, und statt eines ordentlichen Großen Braunen wird eine amerikanische Parodie von Cappuccino serviert, auf Wunsch verhunzt mit Dingen [...]]]>
Wer einen Starbucks mit den Maßstäben alteuropäischer Kaffeehauskultur misst, der kann leicht in tiefen Kulturpessimismus verfallen. Statt Porzellan gibt es Styropor, statt Marmor auf dem Fußboden Linoleum, statt literarische Gespräche zu führen starrt das Publikum auf Laptops, und statt eines ordentlichen Großen Braunen wird eine amerikanische Parodie von Cappuccino serviert, auf Wunsch verhunzt mit Dingen wie Vanillesirup. Ein idealer Ort also, um einen “Kindle” auszuprobieren.
Natürlich. Und so tut es die Frankfurter Rundschau heute auch und schaut sich genau dort, in einem Starbucks-Coffeeshop irgendwo da draußen in der Welt der Nicht-Ort, das Lektüre-U-Boot Kindle, das ab- und auftaucht um den alten dicken Kreuzfahrtpott “gedrucktes Buch” zu attackieren, an: Das Versenken neu lernen. Am Ende des Artikels liest man dann zur Frage der Fragen eine dekorative Antwort:
Und wie ist es nun mit der Zukunft des Abendlandes oder zumindest mit der Zukunft des Buches aus Papier und Druckerschwärze? Der freundliche Kindle-Vorführer im Starbucks erzählt, er habe, seit er einen Kindle besitze, von seinen etwa 700 Büchern dreihundert ausgemistet – zumeist Standardwerke in billigen Ausgaben, die es bei Amazon für eine Handvoll Dollar auf den Kindle gibt. Von den übrigen könne er sich jedoch nicht trennen, schon, weil eine Wohnung ohne Bücher für ihn unvorstellbar sei. So unvorstellbar eben, wie eine Welt ohne Bücher. Aber vielleicht ist das ja nur eine Frage der Generation.
Schon weil für uns ein Bücherregal ohne Bücher unvorstellbar ist.
Wenn Starbucks also den idaeltypischen Nicht-Ort – sehr schön das der äußerst lesenswerte Marc Augé so rege im Alltag präsent ist – darstellt, so wie Multiplex-Kinos, Supermärkte oder der Hannoveraner Hauptbahnhof es tun, dann müsste man beim Kindle konsequenterweise vom Nicht-Buch sprechen.
Es will uns die rundum polierte Illusion vermitteln, wir würden noch Bücher lesen, so wie uns die Starbucks-Kaffeehäuser erzählen, wir würden uns im Café befinden. Und in gewisser Weise tun wir dies ja auch noch, nur dass es keinen Unterschied mehr dahingehend gibt, ob wir in Kuala Lumpur oder in Berlin-Mitte sind. Es geht nicht um Eigensinn des Ortes, Eindruck und Erlebnis, sondern um Zerstreuung, Nivellierung und zeit- und ort- und gegenstandslosen Konsum. Nicht um das Besondere, auch gern einmal Imperfekte und Dissonante. Sondern um Gleiche, Abgerundete und Vorsortierte. Um um den Ausschluß des Unerwarteten.

So wie Nicht-Orte in diesem Sinne als polierte Beliebigkeit aus Frappuccinos erscheinen, könnte es doch sein, dass es uns mit dem Kindle, auf dem wir ja nicht das bestimmte Buch mit seinen ganzen äußeren Qualitäten und Defekten mit in die U-Bahn genommen haben, sondern gleich 500 verschiedene und und technisch rundum angeglichene Titel, beliebig wird, was wir gerade lesen.
Dem dematerialisierten Text fehlt es dann womöglich an etwas, woran es auch dem Coffeshop sehr mangelt: an Charme.

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