Das Buch als Prozacco? Eine Studie zu Depression und Mediennutzung, referiert beim New Yorker

Das “Book Department” des New Yorker hat noch eine interessante Nachricht für alle, die jetzt auf dem Weg in die nächste Bibliothek und Buchhandlung sind, um sich wie immer viel zu viel zum Lesen für das Wochenende zu besorgen. Also z.B. für mich.

Jeannie Vanasco referiert auf der Book Bench des Wochenblatts eine Studie von Brian A. Patrick (Assistant Professor of Medicine and Pediatrics at the University of Pittsburgh School of Medicine) et al. zum Zusammenhang des Mediennutzungsverhaltens mit Depressionen (Primack BA, Silk JS, Delozier CR et al: Using ecological momentary assessment to determine media use by individuals with and without major depressive disorder. In: Archives of Pediatrics & Adolescents Medicine. 2011, April (4) S. 360-365. doi:10.1001/archpediatrics.2011.27):

“Primack and his research team examined six types of media—television shows and movies, video games, magazines and newspapers, music, the Internet, and books—and concluded that major depressive disorder is common among pop-music-listening teens and drastically less common among their bookish counterparts. But the study has less to do with the content of books and more to do with the act of reading.”

Würden wir pedantisch sein, müssten wir darauf hinweisen, dass die Studie nur fünf Cluster von Medientypen bestimmt und Printprodukte generell auf einen Stapel legt – unabhängig davon, ob es sich um eine Illustrierte oder die Brüder Karamasow handelt. Würden wir uns eine leise Kritik am Abstract der Studie herausnehmen wollen, dann würde sie in ihrem Zweifeln darauf abzielen, dass Mediennutzung insbesondere im Internet nicht nur passiv sondern aktiv geschieht. Vielleicht steht etwas dazu im Volltext der Studie, zudem wir leider keinen Volltext haben. Daher wissen wir nicht, wie Mediennutzung in diesem Zusammenhang exakt definiert wird.
Ein Fakt scheint unabhängig davon deutlich zu werden: Man ist nicht weniger depressiv, weil man liest. Sondern man liest, weil man nicht depressiv ist. Meint der Studienleiter:
““People who are very depressed might not be able to read a book,” Primack said. “Reading takes a lot of mental energy.”
Insofern beantwortet sich die titelgebende Frage im Blog des New Yorkers eigentlich von selbst: Books, the New Prozac?
Auch ich habe mir Sisyphos immer als lesenden Menschen vorgestellt. Schaut man derweil in die Literaturgeschichte – Jeannie Vanasco errinnert mit gutem Grund an Sylvia Plath -  ergibt sich noch ein anderes Phänomen (jedoch eventuell seltener bei Teenagern): Einige depressive Menschen lesen auch deshalb wenig, weil sie schreiben. Und oft tun sie dies mit bestürzender Großartigkeit.

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