Über “Piraten”: Warum Verlage mit den E-Books Sorgen haben.

Until recently, publishers believed books were relatively safe from piracy because it was so labor-intensive to scan each page to convert a book to a digital file. What’s more, reading books on the computer was relatively unappealing compared with a printed version.

Now, with publishers producing more digital editions, it is potentially easier for hackers to copy files. And the growing popularity of electronic reading devices like the Kindle from Amazon or the Reader from Sony make it easier to read in digital form. Many of the unauthorized editions are uploaded as PDFs, which can be easily e-mailed to a Kindle or the Sony device.

In der New York Times liest man heute von einem wachsenden Interesse am Herauf- und Herunterladen von digitalen Buchinhalten, die vor allem eine Ursache haben: die Verfügbarkeit digitaler Ausgaben. Sicherlich spielen die E-Book-Lesegeräte eine Rolle. Sie sind aber nicht zwangsläufig das Ausgabegerät. Vielmehr ist jeder Computer, auf dem man PDF-Dateien ansehen kann, zur Wiedergabe von elektronischen Büchern geeignet. Vielleicht haben die Verlage wirklich den Fehler gemacht und den Kopierschutz “Print only” in Erwartung der Eroberung des digitalen Buchmarktes zu früh aufgegeben. Der Musikindustrie ist bekanntlich das Unglück passiert, mit der Einführung der CD als Format gleichzeitig die Digitalisierung ihre Inhalte vorweggenommen zu haben, was dann mit den CD-ROM-Laufwerken, dem Internet und schließlich der Erfindung des mp3-Standards überraschende Folgewirkungen hatte.

Analog dazu erweisen sich der Flachbettscanner als Einlesevorrichtung, der Bildschirm als Wiedergabegerät und der Drucker als Kopierwerkzeug für Buchinhalte bis heute als für das Raubkopieren denkbar umständlich. Ein im Standardformat PDF als Bild erfassten Text präsentiert sich obendrein aufgrund der Dateigröße in Relation zur Rezpetionsfreude im Normalfall als unattraktiv und recht sperrig für ein Filesharing im größeren Umfang. Dadurch, dass man sich jetzt mit den populärsten Titeln auf den E-Book-Markt wirft, schafft man hier verlagsseitig ungünstigerweise Abhilfe. Das relativiert den dabei vollzogenen Rechtsverstoß beim Raubkopieren natürlich in keiner Weise. Es vernachlässigt aber die Rahmenbedingungen in unglaublichem Umfang.

Es ist fast, als zöge man sechsspurige Autobahnen staufrei bis zum letzten Horizont durchs Land und gäbe zugleich jungen Männern der testosteronstarken Jahrgänge Sportwagen, um ihnen dann mit Tempo 30 und der Hoffnung, sie würden sich daran halten, entgegenzutreten. Da diese aber die Neigung haben, eine solche symbolische (und willkürliche) Begrenzung im Rausch des Fahrvergnügens zu ignorieren (Motto: “Ein Stoppschild bremst mich nicht.”), baut man alle paar Meter Bremshindernisse auf die schnurgerade Fahrbahn, legt die 911er höher und drosselt die Motorleistung. Und überwacht das alles auch noch mit Radar. Die Maut will man dennoch. Es wäre nicht ganz unerwartet, wenn sich die Burschen dann doch lieber wieder zum Fahrradrennen auf dem staubigen Feldweg sammeln. Ohne Helm. Der Unterschied zum Internet ist klar: Da teert dann sofort jemand eine Parallelrennstrecke, legt die Autos verbotenerweise wieder tiefer und entdrosselt die Maschine. Denn den Spaß, der als so verlockend ausgegeben wurde, lässt man sich nicht nehmen.

Vergleich beseite: Es gibt keine sinnvolle technische Lösung, digitale Inhalte vor einer qualitätsverlustfreien Vervielfältigung zu schützen und sie dennoch nutzbar und damit verkaufbar zu halten. Das weiß auch der Random House-Eigner Bertelsmann und zwar besonders, weil er im Musikgeschäft schon gehörig Erfahrungen sammeln durfte. Das Versagen des Digital Rights Management im Musikbereich hätte eigentlich Hinweis genug sein können, dass man Geschäftsmodelle der Analogwelt nicht ins Digitale übernehmen kann, sondern neue Ideen notwendig sind. Die Verlage tun es – wenn auch vergleichsweise zögerlich – trotzdem.

Man  hätte sich aber auch Zeit zum Überlegen lassen können, denn abgesehen vom Kindle-Entwickler und -Anbieter Amazon war die Etablierung von E-Book-Readern für die meisten Akteure von nachgeordneter Relevanz. Der, der die Innovation wagt, wagt natürlich viel, aber er muss nicht unbedingt gewinnen. Die Vorstellung, lieber  jetzt und hier mit einer neuen Generation von E-Book-Technologie auch einen neuen Markt zu erschließen als den Zug möglicherweise abfahren zu sehen und nicht aufgesprungen zu sein, hat wohl das Gefahren- und Kostenbewusstsein etwas eingetrübt. Der Leser (also der Kunde), bleibt das unbekannte Wesen.

Wie wenig überhaupt erst verstanden ist, wie der Einfluss der Digitalität auf das Verhalten der Menschen wirkt und zurück, zeigt Frankreichs aktueller Versuch namens “Loi Hadopi”, Raubkopien durch die Abkopplung von Nutzern vom Netz verhindern zu wollen. Der so grammatikalisch fragwürdige wie naheliegende Kalauer “Dreimal darfst Du Piraten! (mehr hier)” ist bedauerlicherweise nicht tiefer anzusiedeln, als in diesem Kontext von einem “Genozid an der Kultur” zu sprechen, wie es laut heutiger FAZ-Ausgabe ein Befürworter des Hadopi tut. Ein Génocide culturel setzt, so kann man leicht im Internet nachlesen, laut Definition bestimmten Gründe vorausaus, die politisch, militärisch, religiös, ideologisch oder ethnisch motiviert sind. Das Raubkopieren für einen subjektiv preisgünstigen Kulturgenuß – alles andere führt für die Kulturvermarkter ohnehin zu keinem Verlust, denn wer nicht genießen will, würde auch nicht kaufen – fällt also nicht darunter. Vielleicht gibt es ein paar Wahnwitzige, die nur Musik aus dem Rechtepool von Universal Music filesharen, um das Unternehmen gezielt zu zerstören. Das ist aber a) höchst unwahrscheinlich und b) nicht sonderlich erfolgversprechend. Der französische Vorstoß (besser:Rückstoß) wirkt jedenfalls genauso anachronistisch und am Thema vorbei, wie Stephen Kings herablassende Einschätzung seiner illegalen Leser im Artikel der New York Times:

“The question is, how much time and energy do I want to spend chasing these guys,” Stephen King wrote in an e-mail message. “And to what end? My sense is that most of them live in basements floored with carpeting remnants, living on Funions and discount beer.”

Es ist erstaunlich, wie sich ein Schriftsteller sein Publikum vorstellt. Sollte es aber gar nicht sein Publikum, sondern nur eine Nerd-Kohorte, die Bücher des Sammelns und Tauschens willens auf ihren Kellersevern lagert, dann erscheint wenig wahrscheinlich, dass dieses Publikum einen Titel tatsächlich kaufen würde. Der wirkliche Schaden dürfte also auch hier eher gering sein.

Dass die “most frequently uploaded books” gleichzeitig auch die ” huge best sellers” darstellern, verweist dagegen auf eine gewisse Parallelität der Nutzung. Sie verkaufen sich immerhin doch. Vielleicht hat der Schriftsteller Cory Doctorow, der für seine Bücher eine Art Open Access-Verfahren praktiziert, das Web besser verstanden, als nicht wenige der zumeist sehr aggressiv pessimistischen Experten aus den in puncto Geschäftsmodell oft nicht sonderlich kreativen Kreativindustrien, die ihre Kunden potentiell kriminalisieren und dennoch natürlich mit ihnen ins Geschäft kommen wollen. Cory Doctorow stellt seine Titel, z.B. sein Buch Little Brother (“seven weeks on the New York Times children’s chapter books best-seller list “), frei zum Download in einer Vielzahl von Formaten zur Verfügung und glaubt fest daran, dass sich auf diesem Weg eine neues Publikum erschließen lässt. Das scheint dann wenigstens in diesem Fall in der Tat auch gern zur Druckausgabe zu greifen:

“I really feel like my problem isn’t piracy,” Mr. Doctorow said. “It’s obscurity.”

“Nicht sichtbar” zu sein steht in der Webgesellschaft vor “nicht verkaufen”. Die Leitwährung dort heißt nämlich: Aufmerksamkeit.

Den Artikel der New York Times gibt es hier: Print Books Are Target of Pirates on the Web. (Die Überschrift ist natürlich nicht ganz korrekt: Es gibt keine gedruckten Bücher im Web zu entern.)

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