IBI-Weblog » Urheberrechtsdebatte http://weblog.ib.hu-berlin.de Weblog am Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin Wed, 28 Jun 2017 08:24:09 +0000 en hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.0.4 Artikel “Die permanente Revolution ist fatal” http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=8019/index.html http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=8019/index.html#comments Tue, 27 Apr 2010 08:23:29 +0000 Elke http://weblog.ib.hu-berlin.de/?p=8019 Letzte Woche erschien in der Welt Online ein Interview mit Michael Krüger, Dirk Stempel und Hermann Riedel vom Hanser Verlag. Einige Auszüge aus dem Artikel Die permanente Revolution ist fatal: Literarische Welt: Wie hoch ist bei einem eBook der Honoraranteil des Autors, wie hoch der Anteil des Verlags? Stempel: Der Honoraranteil des Autors beläuft sich [...]]]>

Letzte Woche erschien in der Welt Online ein Interview mit Michael Krüger, Dirk Stempel und Hermann Riedel vom Hanser Verlag. Einige Auszüge aus dem Artikel Die permanente Revolution ist fatal:

Literarische Welt: Wie hoch ist bei einem eBook der Honoraranteil des Autors, wie hoch der Anteil des Verlags?

Stempel: Der Honoraranteil des Autors beläuft sich auf 20 Prozent vom Nettoerlös. Der Verkaufspreis des eBooks liegt im Literaturverlag 10 bis 20 Prozent unter dem Preis des entsprechenden gebundenen Buches, um einen Anreiz zu bieten. Im Fachbuch Verlag haben eBooks und gedruckte Bücher den gleichen Preis.

Riedel: Die eBooks des Fachbuch Verlags werden nicht von privaten Lesern gekauft, sondern von Bibliotheken, in denen sie dann gleich mehrere Leser finden. Deshalb scheint es uns angemessen, hier den gleichen Preis wie beim gebundenen Buch zu nehmen.

Literarische Welt: Warum geht die Politik gegen diese Rechtsverletzungen [Raubkopien] nicht offensiver vor?

Riedel: Die Politik ist hier nicht immer hilfreich. Staatliche Einrichtungen sind ja mitunter Profiteure von Urheberrechtsverletzungen. Da gibt es zum Beispiel den Musterprozess, den der Ulmer Verlag gegen die Universitätsbibliothek Darmstadt geführt hat. Denn die hat im großen Umfang Lehrbücher digitalisiert und den Studenten freigestellt, diese Bücher vom Uni-Server runterzuladen und zu benutzen. Für die Politiker ist in einem solchen Fall die Aussicht, mit einem einzigen Lehrbuch kostengünstig alle Studenten bedienen zu können, natürlich verführerisch.

Literarische Welt: Hat der Steuerzahler, der den beamteten Wissenschaftler finanziert, nicht das Recht, die von diesem Wissenschaftler verfassten Lehrbücher kostenlos zu nutzen?

Krüger: Nein, hat er nicht. Der Forscher, der heute um 3 Uhr eine Primzahl findet, der kann sie ins Netz stellen, wie er will, und um 3:15 Uhr wissen alle Primzahlforscher auf der ganzen Welt: Herr Mayer aus Darmstadt hat eine neue Primzahl gefunden. Bravo. Wenn er aber ein Handbuch “Wie berechne ich Primzahlen?” schreibt und an einen Verlag verkauft, damit der es vertreibt, dann muss es für dieses Buch Urheberschutz geben. Wenn es diesen Schutz nicht gibt, werden keine Lehrbücher mehr verlegt und keine mehr geschrieben, und die Universitätsbibliotheken werden bald nichts haben, was sie digitalisieren und an die Studenten weitergeben können.

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Die Entführung aus dem Serail (des Werkes) in das Stadion (des Textes): Ein weiteres Heidelberger Sprachbild http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=7305/index.html http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=7305/index.html#comments Thu, 16 Jul 2009 10:59:49 +0000 Ben http://weblog.ib.hu-berlin.de/?p=7305 Ob nach all dem die Urheber selbst profitieren werden, die von den verschiedenen Interessensvertretern gerne vorgeschickt werden, weil “Urheberrecht” edler klingt als “Verwerterinteresse”, bezweifelte der Juraprofessor Alexander Peukert von der Uni Frankfurt, der beim Book Settlement alles in allem einen abweichenden Standpunkt vertrat, in der Frage der Google Buchsuche nicht dramatisieren wollte und rundheraus bestritt, [...]]]>

Ob nach all dem die Urheber selbst profitieren werden, die von den verschiedenen Interessensvertretern gerne vorgeschickt werden, weil “Urheberrecht” edler klingt als “Verwerterinteresse”, bezweifelte der Juraprofessor Alexander Peukert von der Uni Frankfurt, der beim Book Settlement alles in allem einen abweichenden Standpunkt vertrat, in der Frage der Google Buchsuche nicht dramatisieren wollte und rundheraus bestritt, dass es irgendwo tatsächlich einen “Publikationszwang” im Namen von Open Access gebe. Er schien das für einen Popanz zu halten, hinter dem sich die besagten Interessen verschiedener Akteure verbargen. Peukert sprach auch als einziger den Ruf der Medienkonzerne nach einem Leistungsschutzrecht an und zog damit die Proteste des Börsenvereins auf sich, der beteuerte, anders als die Zeitungskonzerne keine derartigen Rechte einführen zu wollen. Den totalen Eigentumsanspruch der Autoren Reuß und Rieple wehrte Peukert mit einem Spruch des Bundesverfassungsgerichts ab: “Werke gehen in das Allgemeingut ein.”

Wer gestern etwas Vernünftigeres vorhatte, als sich vor Ort den offensichtlich die Taktik der Zermürbung verfolgenden Hauptakteuren aus dem Heidelberger Appell-Zirkel auszusetzen, tat das Richtige und findet eine angemessene Zusammenfassung der Tagung zur “Autorschaft als Werkherrschaft in digitaler Zeit” im Ententeich des Perlentauchers: Die Früchte des Internets.

Die Argumentation der  Meinungsvorführer büßt langsam deutlich an Verve ein und beruht weitgehend nur noch auf einem sehr tönern aufgebockten und vor allem trotzigen Elitarismus. Vom Argument hat man sich dagegen ziemlich verabschiedet. Es ist wohl die Freude am rhetorischen Spiel um eine inhaltlich eigentlich leere Mitte, die sich hier Bahn bricht. Da spaltet man dann schon einmal in grotesker Form das eine Haar, welches Alexander Peukert in der Google-Kalkulation um die Verteilung der Werbeeinnahmen fallen lässt, um sich nicht mit den durchaus schlüssigen Argumenten des “nur” Tenure-Track-JuniorprofessurAlexander Peukert auseinander setzen zu müssen, der im anachronistischen Hierarchiegedenke eines Teiles der Anwesenden schon aufgrund seiner Position offensichtlich weit weniger gilt, als der ordentlicher Universitätsprofessor Volker Rieble. Da nützt auch die Provinienz im Rechtsgebiet (Peukert: Immaterialgüterrecht, Rieble: Arbeitsrecht) wenig. Ohnehin setzt man offensichtlich viel lieber auf eine für Außenstehende nur noch als Farce erklärbare Emotionalisierung:

“Er [Reuss] sei wie der Vater seiner Werke. Der von ihm beschworene Zwang zu Open Access und Googles Bemächtigung erschienen wie eine Entführung seiner Kinder in ein Stadion, wo sie dann ohne weitere Aufsicht einem entfesselten Mob ausgeliefert wären.”

Hier denkt man natürlich sofort an einen anderen Kafka-Experten: Vladimir Nabokov und das gräßliche Schicksal von David Krug in Bend Sinister. Das wäre doch einmal ein Bild für die Debatte: das Internet als absurdes, von der Party of the Average Man beherrschtes Padukgrad, dass um jeden Preis – und sei es der der Vernichtung – das Werk eines Professors für die eigenen Zwecke zu instrumentalisieren sucht.

Wenn es nicht höchst unfair wäre, könnte man andererseits auch darüber sinnieren, ob die von Roland Reuß edierten Autoren – übrigens auch eine Art Zweitverwertung von bestehenden Inhalten mit Annotation, so wie man es in der Blogosphäre nur eben mit tagesaktuellen Inhalten macht  – sich ähnliches fragen würden, wenn sie es denn könnten. Immerhin wollte Franz Kafka seinen Nachlass auch nicht unbedingt publiziert sehen, sondern bat vielmehr Max Brod explizit um die Vernichtung der Tagebücher und Briefe. Dieser hielt sich nicht daran und so können wir jetzt z.B. in einem Brief aus Meran an Milena Jesenská aus dem Jahr 1920 lesen:

“Wenn ein Fremder ohne Kenntnis der Sache das lesen würde, müßte er denken: “Was für ein Mensch! In diesem Fall scheint er Berge versetzt zu haben.” Unterdessen hat er gar nichts getan, kein Finger (außer dem Schreibefinger) gerührt, nährt sich von Milch und guten Dingen, ohne immer (wenn auch oft) “Tee und Äpfel” vor sich zu sehn und läßt im übrigen die Dinge ihren Gang gehn und die Berge auf ihren Plätzen.”

So wird es dann hoffentlich auch in dieser Debatte aus dem Glashaus des Urheberrechts enden. Besonders hervorstehende Sprachspielereien und Formulierungen sollte man dennoch schon aus Gründen der Dokumentation sammeln. Netzpolitik.org hat jedenfalls auch eine gewisse Freude daran: Die Selbsthilfegruppe “Heidelberger Appell” tagt.

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Last night a Content-DJ killed my Publisher. Roland Reuß hat für Frankfurt eine schöne Metapher im Ärmel http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=7299/index.html http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=7299/index.html#comments Wed, 15 Jul 2009 15:56:17 +0000 Ben http://weblog.ib.hu-berlin.de/?p=7299 In seinem rhetorisch geschliffenen Eröffnungsvortrag legte Roland Reuß dar, wie die unkontrollierte und zwangsweise Digitalisierung von Büchern die Beziehung zwischen Autor und Werk zerstöre. Das Börsenblatt berichtet sehr zeitnah und ein bisschen lobend, aber auch entsprechend allgemein über die heute in Frankfurt stattfindende Urheberrechtstagung “Autorschaft als Werkherrschaft in digitaler Zeit” und zitiert Roland Reuß mit [...]]]>

In seinem rhetorisch geschliffenen Eröffnungsvortrag legte Roland Reuß dar, wie die unkontrollierte und zwangsweise Digitalisierung von Büchern die Beziehung zwischen Autor und Werk zerstöre.

Das Börsenblatt berichtet sehr zeitnah und ein bisschen lobend, aber auch entsprechend allgemein über die heute in Frankfurt stattfindende Urheberrechtstagung “Autorschaft als Werkherrschaft in digitaler Zeit” und zitiert Roland Reuß mit seinen wunderbaren Formulierungen Content-Mafia (so bezeichnet das Internet die Verlage) und Content-DJs (so bezeichnet Roland Reuß diejenigen, die keine eigenen Inhalte produzieren, sondern die anderer geistiger Schöpfer benutzen). Nicht erwähnt ist, dass ihm auch “Content-Eunuchen” herausrutschte, was wohl bedeuteten soll, dass die Internetautoren, auf die er sich bezieht, gar nicht fähig sind, eigene Inhalte zu produzieren. Sie sind demnach unfruchtbar und dies vermutlich ähnlich zu Google, dass Hannes Hintermeier von der FAZ zur Eröffnung als “piratös” bezeichnet. Auch Volker Rieble möchte sich nichts von “so genannten Usern” nichts vorschreiben lassen, zumal wenn diese gar keine Zeile abseits der Blogs verfassen.

Am interessantesten ist vielleicht die Metapher des Discjockeys, der hier eigentlich ein “Content-Jockey” ist, also Inhalte rekombiniert. Das Wort Content wirkt insgesamt für jeden Beobachter außerhalb der Verlagsbranche und vermutlich besonders für die Vertreter des Vereins für deutsche Sprache höchst befremdlich. Aber so sind nunmal die postmodernen Zeiten, in denen die „Orgel unter den Sprachen“ (Jean Paul/VDS) nicht mal mehr im eigenen Literaturhaus die erste Geige spielt.

In der Tat sind Rekombination und Bricolage klassische Merkmale der aktuellen Kultur. Ein Irrtum liegt aber in der Annahme, dass die Kombination nichts Neues, nichts Eigenes hervorbringt. Jeder kunstgeschichtlich und kunsttheoretisch halbwegs beleckte Laie weiß:  Durch den Kontext ergibt sich  die Innovation. Die liegt dann vielleicht in der Innenwelt der Außenwelt der Innenwelt, in der Gesamtheit aber im besten Fall jenseits der Summe ihrer einzelnen Teile. Wer sich ein wenig in der zeitgenössischen DJ-Kultur auskennt, dem erscheint die Publikumsbeschimpfung durch den engagierten Autor vielleicht gar nicht mehr als eine solche. Sondern als die Anerkennung einer wirklich kreativen Leistung des Bloggens als Turntablism mittels RSS. Auch bei dieser Vermutung macht der Zusammenhang den Unterschied und die “Metamusik”.  Man weiß nicht genau, wie tief Roland Reuß in der Popmoderne und DJ-Kultur verankert ist. Aber immerhin gilt Heidelberg als zentraler Ausgangspunkt der deutschen Hip Hop-Kultur. Die Leitfrage, die der Philologe mit der dort beheimateten Rapcombo Advanced Chemistry teilt, lautet immerhin “Welcher Pfad führt zur Geschichte?” Und legt man die Schallplatte tatsächlich auf, ist das Erschrecken ob des Textes und seiner Parallele nicht gerade gering:

“Ich seh’ es vor mir, das Ziel erkennbar,
doch wie eine Wand aus Glas undurchdringbar,
ge-, be- und verhindert alles, was ich jemals in meinen Träumen sah,
doch ich gebe nicht auf, gebe nicht auf
denn bevor ich falle, möcht ich erst einmal rauf.
Du willst hinauf, ja aber wohin?
Vom Niveau erstmal dahin, wo die Andern schon lange sind.
Nein wirklich wir sind noch lange nicht souverän,
man kann es sehn, an dem wie wir es übernehm’,
kein Respekt vor dem Original, …”

Wenn es ein Lied zur Debatte gibt, dann ja wohl dieses. In jedem Fall bitte nicht dieses.

Den Text im Börsenblatt gibt es hier: Von Content-Mafia und Content-DJs

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Das Eigentum am Wissen – in einer Wissenschaftslounge am 09. Juli http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=7210/index.html http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=7210/index.html#comments Wed, 01 Jul 2009 09:41:26 +0000 Ben http://weblog.ib.hu-berlin.de/?p=7210 Wer nächste Woche am Donnerstag in der Universitätsstadt Gießen ist und sich für die Urheberrechtsdebatte ähnlich zu begeistern vermag, wie weite Teile der Blogosphäre, sollte sich unbedingt in den Magarete-Bieber-Saal des dortigen “Zentrum für Medien und Interaktivität” begeben. Dort gibt es nämlich eine Diskussionrunde zu der klassischen Fragestellung “Wem gehört das Wissen?” Eingeladen sind recht [...]]]>

Wer nächste Woche am Donnerstag in der Universitätsstadt Gießen ist und sich für die Urheberrechtsdebatte ähnlich zu begeistern vermag, wie weite Teile der Blogosphäre, sollte sich unbedingt in den Magarete-Bieber-Saal des dortigen “Zentrum für Medien und Interaktivität” begeben.
Dort gibt es nämlich eine Diskussionrunde zu der klassischen Fragestellung “Wem gehört das Wissen?” Eingeladen sind recht hochkarätige Diskutanten, wie z.B. Roland Reuß, Christoph Bläsi, Till Kreutzer und auch Wolfgang Coy, der gestern bei den Multimediatagen des CMS eine sehr deutliche Anmerkung zum Heidelberger Appell und auch Volker Gerhardts Überlegungen zum Open Access (vgl. dazu auch hier) beisteuerte.

Die Pressemeldung kündigt eine Übertragung im Internet an. Weitere Informationen zur Veranstaltung finden sich hier: Wem gehört das Wissen?

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