Das Ende des Professors, in der FAZ

Während Amerika die studentenwirksamsten Infotainer anwirbt, sucht Großbritannien die besten Kameralisten und Antragsteller. Jedes dritte Wort lautet „Funding Opportunity“ oder „External Money“, erwartet werden nicht fünfstellige Kleinanträge, sondern teure Großprojekte, an denen möglichst viele Kollegen und zusätzliche Stellen beteiligt sind. Ständig wird man von professionellen Fundraisern gedrängt, Ideen in Geld umzumünzen.

Im heutigen Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung entwirft der in Bristol lehrende Germanist Alexander Košenina (Der Vollzeitprofessor stirbt langsam aus. In: FAZ, 12.06.2008, S. 41) vor dem Hintergrund Frank Donoghues Buch “The Last Professors. The Corporative University and the Fate of the Humanities” (siehe hier) und seinen eigenen Erfahrungen ein für uns Humboldt-Geprägte und an der Bildung im Wortsinne Orientierte nicht sonderlich schönes Bild der Hochschulentwicklung, wie sie sich in den USA und Großbritannien derzeit vollzieht und einer bereits zum Beginn des 20. Jahrhunderts angedeuteten Entwicklung nun zum Durchbruch verhilft:

So gab etwa der reiche Fahrstuhlfabrikant Crane 1902 die ersten Verbleibestudien über Harvard-Studenten in Auftrag und erklärte, Geld sei zwar nicht alles, mindestens jedoch 75 Prozent. Aus den empirischen Daten zog er verblüffende Schlüsse wie den, dass niemand mit literarischen Interessen das Recht habe, glücklich zu sein.

Der Funktionswandel der Universitäten, die Ausrichtung auf die Anforderungen der Wirtschaft und dazu die Umstrukturierung der Hochschulen zu eigenen vorwiegend unter Gesichtspunkten des Wirtschaftlichen und weniger als Ort der Erkenntnisproduktion strukturierten Institutionen treiben hier die alten Ideale weitgehend aus den Seminarräumen und Hörsälen. Es geht kaum mehr noch um einen Anspruch an Wissen und gesellschaftlicher Rahmung, sondern um die Funktion als schnelle Berufsausbildung. Frank Donoghue hat dies in einem Interview mit Inside Higher Ed so formuliert:

For a hundred years, humanists claimed to follow Matthew Arnold’s exhortation to promulgate the best that has been thought and said. As universities have more and more come to function as occupational training centers, places where students come for vocational credentials, this charge has been emptied of any real meaning.

Alexander Košenina erscheint die Lage aus der Perspektive Bristol in Deutschland noch ruhig diesbezüglich:

So weit sind wir in Deutschland noch nicht, von der guten alten Bildungstradition sind noch Reste geblieben. Das Ziel, vor allem den geistigen Horizont von Studenten zu erweitern, traut sich hierzulande niemand wie in der riesigen Lernfabrik von Phoenix, Arizona, als „bullshit“ abzutun. Jedenfalls noch nicht.

Wer allerdings den Einzug der Rechnungs-Pragmatiker konkret vor Ort beobachtet, die freilich zugegeben noch auf ein relativ hartes Bollwerk stoßen, wird das “niemand” und das “noch nicht” so vielleicht nicht mehr setzen.

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