Protest für Bibliotheken XVII: Jerusalem-Bibliothek jetzt doch zu?

Einige Monate lang hat die Initiative für die Jerusalem Kinder- und Jugend-Bibliothek in Berlin-Mitte sehr aktiv daran gearbeitet, dieses Bibliothek vor der faktischen Schließung zu bewahren. Und dabei zumindest große aufmerksamkeits-ökonomische Erfolge verzeichnen können. Neben dieser öffentlich sichtbaren Arbeit, haben die Mitstreiterinnen und Mitstreiter auf verschiedenen Ebene kontinuierlich für dieses Ziel engagiert.
Dennoch scheint jetzt die geplante Eingliederung der Bibliothek in die Erwachsenenbibliothek am Luisenhof bevorzustehen. Und zumindest Tom Schweers, der mit einer Unterschriftenliste die Initiative losgetreten hatte, hat keinen Bock mehr. Doch, wie er schon seinen Unmut über die bevorstehende Schließung nicht verheimlichte, so will er sich auch nicht einfach so aus der Initiative zurückziehen. Er formuliert – jetzt, wo er nicht mehr in Verhandlungen steht, auch sehr offen – seinen Ärger über die Bezirkspolitik, mit der er und die gesamte Initiative sich herumschlagen musste in zwei energischen Erklärungen (Presseerklärung und persönliche Erklärung), welche einerseits eine Bewertung der verantwortlichen Einzelpersonen und Parteien (zumindest der bezirklichen Parteigliederungen) vornimmt, andererseits die Vorgänge um die Schließung der Bibliothek in einem größeren Rahmen einordnet.

Die Parteien, die sich für die Schließung ausgesprochen haben, mögen als „Sieger“ aus dieser Sache hervorgegangen sein. In Wirklichkeit haben sie haushoch verloren. An Ansehen und Glaubwürdigkeit. Sie haben in wenigen Wochen dem Bürger gezeigt, wie sie wirklich ticken und was ihnen wirklich wichtig ist. Das Drama um die Jerusalem-Bibliothek hat gezeigt, das weitreichende Entscheidungen getroffen werden, ohne sich über Inhalte und Folgen im Klaren zu sein.
Hier musste der Bürger die Inhalte und Folgen liefern, mit der Konsequenz, verlacht und mit Lügen und Beschwichtigungsargumenten ruhig gestellt zu werden. Die politischen Entscheidungsträger haben damit wieder einmal bestätigt, warum Deutschland im internationalen Vergleich in puncto Kinderfreundlichkeit lediglich auf Rang 11 kommt. (Quelle: UNICEF 2007, untersucht wurden 21 Industrieländer)
Die Jerusalem war nur die Spitze des Eisbergs. Deshalb der Tipp: Wer sich beim aktuellen Streichkonzert nicht zum passiven Zuhörer degradieren lassen möchte, sollte gleich zu Anfang in die Vollen gehen: Bürgerbegehren statt Bürgermeistersprechstunde.
Wir konnten in kurzer Zeit immerhin 4000 Unterschriften sammeln!
[Persönlich Erklärung]

Sicherlich ist es vollkommen verständlich, wenn jemand sich nach mehr als drei Monaten intensiven ehrenamtlichen Engagements zurückzieht, auch wenn das Ziel einer Inititaive nicht erreicht wurde. Gleichzeitig zeigen Erfahrungen aus Berlin, nicht zuletzt die weitergehenden Proteste gegen die Schließung der seit Ende Dezember 2007 nicht mehr geöffneten Bibliothek im Elias-Hof, dass auch eine faktische Schließung einer Bibliothek noch nicht das Ende der Proteste dagegen bedeuten muss.

Für den (vorerst) letzten Öffnungstag der Jerusalem-Bibliothek, den kommenden Freitag (08.02.2008) ruft Tom Schweers und mit ihm die Inititative auf, sich bei den Bibliothekarinnen für die geleistete Arbeit, gerade für den Kiez um den Nauener Platz, an dem die Bibliothek liegt, zu bedanken.

Wir als Bürger haben dagegen viel Positives erreichen können. Wir haben gesehen, dass sich auch andere, denen man zuvor nie begegnet ist, leidenschaftlich engagieren können. Dass sich viele Menschen im Kiez, ob jung oder alt, begeistern lassen für eine wichtige und richtige Sache. Wir haben erreichen können, dass die Mitarbeiter der Jerusalem-Jugendbibliothek endlich die Aufmerksamkeit und das Lob bekommen sollten, das ihnen von Amtsseite her versagt geblieben ist.
Frau Hübner-Gepp und Ihr Team haben einen hervorragenden Job gemacht. Sie haben die Chance, eine Kinder- und Jugendbücherei zu betreiben vollends wahrgenommen und mit viel Engagement auf die Bedürfnisse der Kinder rund um den Nauener Platz reagiert.
Spätestens am letzten Öffnungstag, am Freitag 8. Februar, sollten sich alle Nutzer der Bibliothek dafür bedanken.
[Persönliche Erklärung]

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