IBI-Weblog » E-Book-Nutzung http://weblog.ib.hu-berlin.de Weblog am Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin Wed, 28 Jun 2017 08:24:09 +0000 en hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.0.4 Kinokarte oder Topping? Bei Amazon.com diskutieren die Kindle-Kunden Rolle und Wert eines E-Books. http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=6772/index.html http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=6772/index.html#comments Mon, 13 Apr 2009 15:03:37 +0000 Ben http://weblog.ib.hu-berlin.de/?p=6772 Kindle books are kinda like movie tickets. While you can re-read the book, you cannot: * donate it to a library * sell it to a used book store * sell it on Amazon’s Used Marketplace * trade it to a friend And, of course, the book *has no paper* so it *has no production [...]]]>

Kindle books are kinda like movie tickets. While you can re-read the book, you cannot:

* donate it to a library
* sell it to a used book store
* sell it on Amazon’s Used Marketplace
* trade it to a friend

And, of course, the book *has no paper* so it *has no production costs*.

Amazon.com sieht sich dieser Tage mit dem Phänomen des mündigen E-Book-Käufers konfrontiert. Ausgehend von den eingangs zitierten Überlegungen formiert sich eine Protestkultur gegen Kindle-Ausgaben, die preislich die $ 9,99-Marke überschreiten. Ihr Ausdrucksmittel ist – ganz den Kommunikationsformen des Web 2.0 entsprechend – ein Tag: 9 99 boycott. Verschärfend kommt dazu, dass Amazon mit den höher kalkulierten Preisen wohl ein Lockversprechen bricht, das da lautete, keine neuen Titel für den Kindel zu einem höheren als eben dem 9,99-Preis anzubieten.

Für die deutschen Verleger, die sich aktuell in den Markt werfen wollen, ist die Beobachtung dieser Entwicklung vielleicht keine verkehrte Schule, denn immerhin sollen die elektronischen Titel auch hierzulande nahe des Niveaus der Druckausgabe ausgepreist werden. Die Kindle-Community wählt explizit den Vergleich zwischen Hardcover- und Digitalausgabe und gelangt zu der Einsicht:

The price also acknowledged the obvious: a Kindle edition is less valuable than a hardcover; although you cannot pass along your Kindle edition to friends, you are at least paying a significant amount less than the hardcover price. Unfortunately, short-sighted publishers feel they are losing dollars instead of realizing that a $9.99 Kindle sale doesn’t usurp a hardcover sale.It is a brand new entity. A plus. Pure gravy.

Liest man bei Electronic Cottage und obendrein folgende für uns nicht unwesentliche Randnotiz:

I’ll wait for the paperback. Or get back into the library habit that I abandoned for my Kindle habit. I was irresistibly tempted by the lower prices of Kindle editions, I admit it.But I can change. Publishers, can you?

Bibliotheksnutzung als Druckmittel der Konsumenten zur Einflußnahme auf die Preisgestaltung. Das ist mal eine ganz neue Facette in der Debatte.

Weiteres auch beim O’Reilly TOC: Readers Boycotting Kindle Titles Priced Above $9.99

Nachtrag:

In der “Flashbook”-Ausgabe des aktuellen Börsenblatts kann man auf Seite 22 dann auch gleich die passenden Vorstellungen aus der deutschen Verlagsbranche lesen. Axel Nehen von Pearson Education Deutschland meint dort nämlich:

Wir sollten den Wert der Inhalte betonen und nicht den des Ausgabemediums. Wenn E-Books eine eigenständige “Form” sein sollen, dann werden sie sich für sich rechnen müssen. Es kann nicht sein, dass beim Kunden wegen der Lesegeräte der Eindruck erweckt wird, dass die Inhalte günstiger sein müssen. Daher bieten wir sowohl die gedruckte Variante als auch die E-Book-Variante zum selben Preis an. Denn letztlich wollen wir nicht jemanden zum Kauf eines Produktes drängen, das er eigentlich gar nicht haben möchte – nur weil es billiger ist.

So edel zeigt sich also das Gegenmodell zum Amazon-Kindle-Marketing (bzw. zu einem Großteil des Marketings in jeder Branche bis hin zur Abwrackprämie). Dass dies nicht jeder Kunde gleich sieht, sondern viele durchaus auch die Form als Zusatzaufwand des Verlages honorieren, zeigt die 9,99-Diskussion.

Konsumpsychologisch sinnvoller wäre es gewesen, zu behaupten, man senkte die Preise für die Hardcover-Ausgabe jetzt auf das E-Book-Niveau… Aber vielleicht kommt das ja auch irgendwann.

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http://weblog.ib.hu-berlin.de/?feed=rss2&p=6772 4
Neues aus dem Feuerland: Die FAZ sieht auf der Buchmesse das Buch untergehen http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=6701/index.html http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=6701/index.html#comments Sun, 15 Mar 2009 21:58:21 +0000 Ben http://weblog.ib.hu-berlin.de/?p=6701 Die Frankfurter Allgemeine Zeitung zieht als Erkenntnis aus der diesjährigen Buchmesse, die einen Rekordzulauf aufwies, die Bilanz, dass das Bücherland abgebrannt sei. So wird einerseits ein Durchschlagen der Krise befürchtet und andererseits ein Durchschlagen der Digitalisierung, wobei man nie so richtig weiß, ob das Feuilleton tatsächlich versteht, was das Wort bedeutet: Vor allem die jungen [...]]]>

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung zieht als Erkenntnis aus der diesjährigen Buchmesse, die einen Rekordzulauf aufwies, die Bilanz, dass das Bücherland abgebrannt sei. So wird einerseits ein Durchschlagen der Krise befürchtet und andererseits ein Durchschlagen der Digitalisierung, wobei man nie so richtig weiß, ob das Feuilleton tatsächlich versteht, was das Wort bedeutet:

Vor allem die jungen Leser, die zu Tausenden in Kostümen schriller Comicfiguren durch die Messehallen strömen, scharen sich um die Stände mit den elektronischen Lesegeräten. Die junge, mobile Gesellschaft sei ihre Zielgruppe, sagen die Hersteller. Wer oft unterwegs sei, im Zug, in der S-Bahn oder im Urlaub, brauche künftig keine schweren Taschen voller Bücher mehr mitzuschleppen, sondern nur den kleinen Reader, der Speicherplatz hat für Hunderte E-Books.

Das Argument des Hamstertransporters also: Rechnet man pro Buch einen Tag Lektüre, kann sich jeder Cosplay-Fan nun locker ein Jahrespensum auf dem Schulweg im ÖPNV mitnehmen. Auf dem Laptop habe ich schon seit einigen Jahren einige hundert PDF-Texte – die Wissenschaft ist vom digitalen Publizieren ja längst durchdrungen. Da ist kein Reader nötig:

Am E-Book, das ist nach Leipzig klar, führt kein Weg mehr vorbei. Bald werden alle Bücher, ob wissenschaftliche Werke, Sachbücher, Anthologien oder Romane, online verfügbar sein. Und diese verspätete digitale Revolution wird die Branche gehörig durchschütteln.

Das mag sein. Aber wie gesagt: gerade die Wissenschaftskommunikation zählt zu den Early Adoptern elektronischer Texte. Das man die Bücher nun auch als Druckvorlagen-PDF oder als E-Pub ausliefert, scheint keine besondere Neuerung zu sein. Da ist schon der Bruch in der Medienrezeption, den Michael Giesecke gestern im Interview in der Süddeutschen Zeitung (Ausgabe Nr. 61/2009, S. 19)  kurz beschwor, relevanter:

“Die Buch- und Industriekultur hat die technisierten Medien und das standardisierte, symbolische Wissen, meist das verschriftete prämiert, Deren derzeitige Entwertung eröffnet die Chancen, alternativen Kommunikationsmöglichkeiten, vor allem den leiblichen Medien, wieder mehr Platz einzuräumen.”

Der Cosplay-Trend schlägt genau in diese Kerbe. Im digitalen Umfeld lässt sich dagegen eine Aufwertung kommunikativer Akte gegenüber der Rezeption sehen. Letztere findet natürlich statt, aber gerade bei der jüngeren Weise dahingehend interaktiv, dass die Inhalte unmittelbar kommentiert, bewertet und geteilt werden. Ob diese Zielgruppe ausgerechnet auf einen abgeschlossenen Reader wartet, bezweifle nicht nur ich, sondern auch der Medienforscher Giesecke, der trocken bemerkt:

“Ich denke, dass das E-Book nicht viele Menschen brauchen werden.”

Wissenschaft funktioniert ohnehin als Wechselwirkung aus Lesen und Schreiben und wenn ich Digitaltexte lese, dann brauche ich kein Zusatzgerät neben dem Rechner.

Und ob sich die Verleger dann tatsächlich, wie Sandra Kegel für die FAZ behauptet, von einem Mitglied des Chaos Computer Clubs in Furcht unterrichten lassen, bleibt ebenfalls fraglich:

Das Fürchten lehrt die Verleger auf der Messe ein junger Mann mit Pferdeschwanz. Der Vertreter des Chaos Computer Clubs verbreitet Ansichten, die die Branche herausfordern, etwa wenn er angriffslustig in Frage stellt, dass man fürs Schreiben überhaupt entlohnt werden müsse, das könne ebenso gut der Selbstverwirklichung dienen. Die klassischen Vertriebswege von Büchern, davon ist er überzeugt, werden bald nicht mehr existieren. Die Verlage müssten sich der Tatsache stellen, dass es das Netz gibt. „Wer nicht möchte, dass er digitalisiert wird“, so der Mann vom Club, „existiert bald nicht mehr.“

Das Schreiben und Schreiben durchaus verschiedene Tätigkeiten sein können und nicht jedes Blogpost literarisches Höchstniveau erreichen möchte und kann, dass also Qualität durchaus und nach wie vor einen Preis haben wird, da sie nicht alltäglich und beliebig erzeugbar ist, ignoriert der Mann aus der Computerecke. Gute Literatur ist immer zuerst Selbstverwirklichung. Schlechte meist auch. Dies steht aber in keinem Zusammenhang mit der Möglichkeit ein verkaufbares Buchprodukt als Rahmen drumzubinden. Denn Literatur ist auch Arbeit und Selbstverwirklichung zahlt keine Miete. Die Frage ist also eher, woher die Entlohnung für die Schriftsteller bekommt. Oder anders: In Deutschland betreiben unzählige Menschen aktiv den Fußballsport. Und dennoch gibt es welche, dafür Geld bekommen und andere nicht. Deprofessionalisierung ist sehr selten eine sinnvolle Option. Das letzte Argument kann man aber auch im Kontext des Textes anders herum lesen: Der digitale Text gleich welcher Qualität ist beliebig reproduzierbar und die Verlage wissen es, wenn sie digitalisieren. Der beste Kopierschutz für sie wäre eigentlich die Nichtdigitalisierung.

Dass die Buchstadt Leipzig kein Verlagsmittelpunkt mehr ist, kann man aber nur schwer dem E-Book anrechnen, das sich – nachdem bereits analog in Frankfurt im Herbst Ähnliches verbreitet wurde – nun in Leipzig “erstmals für den breiten Markt materialisiert”. Auch nicht primär dem Internet. Sondern vielmehr einem Zwang und/oder Willen, auch im Verlagsgeschäft breit zu rationalisieren. Einen ideellen Standort in einer alten Tradition zu bewahren, ist für den wirtschaftlich denkenden Verleger nunmal kein Kernanliegen. Man sollte nun also vielleicht fragen, ob zwanzig Jahre nachdem die Verlagskulturen von Ost und West ihrer politischen Funktion weithin enthoben wurden, nun womöglich eine neue Generation von Verlegern die Landschaft bestimmt, die mehr die Bilanz als die kulturelle Rolle im Auge hat.

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http://weblog.ib.hu-berlin.de/?feed=rss2&p=6701 0
An der Copacabana und am Wörthersee: Die E-Book-Debatte ist nach wie vor von einer allgemeinen Verunsicherung geprägt. http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=6686/index.html http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=6686/index.html#comments Thu, 12 Mar 2009 18:23:21 +0000 Ben http://weblog.ib.hu-berlin.de/?p=6686 Aktuell regnen dank Messe Meldungen, Meinungen und Markteinschätzungen zum Thema E-Book ins Internet, dass man am besten alles abtropfen ersteinmal lässt, bevor man selbst noch seine Kanne dazugießt. Was man aber den Wortmeldungen zum Thema häufig anmerkt, ist, wie wenig die Protagonisten eigentlich über das Medium wissen und wie viel dabei in Kaffeesätzen herum- und [...]]]>

Aktuell regnen dank Messe Meldungen, Meinungen und Markteinschätzungen zum Thema E-Book ins Internet, dass man am besten alles abtropfen ersteinmal lässt, bevor man selbst noch seine Kanne dazugießt. Was man aber den Wortmeldungen zum Thema häufig anmerkt, ist, wie wenig die Protagonisten eigentlich über das Medium wissen und wie viel dabei in Kaffeesätzen herum- und vorgelesen wird. Hype trifft oft auf Halbwissen und führt dann zu solch unsinnigen Beiträgen, wie die kleine Radioreportage, die man neulich nachts im Deutschlandfunk in der Sendung Fazit hören konnte, aber danach am liebsten verpasst hätte.

Das Deutschlandradio Kultur hatte heute dagegen Gottfried Honnefelder, Vorsteher des Börsenvereins und Verleger im Gespräch, der etwas überraschend zunächst das Medium E-Book mit dem Lesegerät synonym versteht und dann – oder deswegen – elektronische Texte ausgerechnet als untauglich für die wissenschaftliche Arbeit einstuft:

Bürger: Sie selbst sind ja auch Verleger der Berlin University Press. Ist das E-Book gerade im Bereich der Wissenschaftsliteratur eine interessante Alternative zum gedruckten Buch?

Honnefelder: Ich glaube, weniger. Solche wissenschaftlichen Texte, die wird man an seinem Schreibtisch haben wollen, wo man damit arbeitet. Da bietet der Vorteil des E-Books wenig. Sie können keine Notizen machen an den Rand, Sie können nicht gleichzeitig zwei Bücher lesen, aufschlagen. Für den Arbeitsbetrieb ist es also nicht geeignet.

Eventuell liegt es ja am Programm der bup, das überwiegend aus Titeln besteht, die man sich problemlos in der Sachbuchabteilung jeder größeren Buchhandlung vorstellen kann. Aber tatsächlich mangelt es dem ab heute in Deutschland erhältlichen Lesegerät an so ziemlich allem, was sich nicht nur Gottfried Honnefelder für die Arbeit im Text wünscht. Im Prinzip ist es kein Lesegerät, wenn man den Leseprozess tatsächlich als Interaktion mit dem Medium begreift, sondern ein Anzeigegerät. Ein Arbeitsgerät für elektronische Texte, wie es in der Wissenschaft sinnvoll wäre, sähe wohl eher wie eine Art Netbook aus, das vielleicht ein optimiertes Display und einen entsprechend reduzierten Stromverbrauch besitzt. Dafür aber eine Tastatur und die Möglichkeit, den Bildschirm zu teilen um zwei Textdokumente parallel anzuzeigen und Textstellen zu markieren, zu annotieren und über eine passende Schnittstelle in eine externe Anwendung (Textverarbeitungsprogramm, Weblog, etc.) zu exportieren. Abgesehen davon werden elektronische Texte in diversen Wissenschaftsdisziplinen schon spätestens seit dem Ende des letzten Jahrhunderts erfolgreich benutzt.

Verlässt das Gespräch im Anschluss das Feld der Wissenschaft, dann gelingt es dem Börsenvereinsvorsteher nicht ganz, den elitären Stich aus seiner Aussage herauszuhalten:

Bürger: Wofür dann?

Honnefelder: Zum Lesen!

Bürger: Sie selbst haben mal gesagt, es passt nicht ins Bett und zu Rotwein.

Honnefelder: Ich habe damit ausgedrückt, dass ich selber mir nicht das E-Book mit ins Bett nehme, aber ich kann mir gut vorstellen, dass mancher, der an die Copacabana geht, um sich dort zu sonnen, das E-Book mitnimmt und dort seinen neuesten Kriminalroman liest. Why not?

Mit dem Trendschmöker an den Strand und dann ordentlich durchbraten lassen – so stellt man sich also im Vorstand des Börsenverein den typischen E-Book-Leser vor und liegt damit sicher auch daneben. Zum Glück ist dem Interviewten nicht “Mallorca” herausgerutscht. Für den Börsenverein ist das Thema anscheinend trotz allem Libreka-Geklapper eher ein notwendiges Übel als ein Markt, dem man mit offenen Armen entgegenstürzt. Zurecht übrigens, denn für den E-Book-Vertrieb ist kein anderer als der Online-Handel sinnvoll. Den haben aber die vielleicht fünf Platzhirsche schon ganz gut unter Kontrolle. Ob iTunes den Börsenverein braucht, ist jedenfalls fraglich.
Die mittlerweile gut geplätteten Beispielszenarien von Strand bis “mit dem Rotwein vorm Kamin” sollte man sich dennoch mittlerweile schenken und vielleicht stärker bei der Sache selbst bleiben. Bei den DAISY-Hörbüchern, von denen heute 10.000 verkaufte Exemplare gemeldet werden, gelingt dies doch auch. Und die sind bei weitem das bessere Beispiel für eine sinnvolle Anwendung von elektronischen Büchern als der Krimi an der Copacabana.

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