IBI-Weblog » E-Book http://weblog.ib.hu-berlin.de Weblog am Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin Wed, 28 Jun 2017 08:24:09 +0000 en hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.0.4 “‘tschuldigung, ist das gut?”: Wer will so etwas einen Kindle-Leser fragen? http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=6827/index.html http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=6827/index.html#comments Sat, 25 Apr 2009 16:24:30 +0000 Ben http://weblog.ib.hu-berlin.de/?p=6827 The practice of judging people by the covers of their books is old and time-honored. And the Kindle, which looks kind of like a giant white calculator, is the technology equivalent of a plain brown wrapper. If people jettison their book collections or stop buying new volumes, it will grow increasingly hard to form snap [...]]]>

The practice of judging people by the covers of their books is old and time-honored. And the Kindle, which looks kind of like a giant white calculator, is the technology equivalent of a plain brown wrapper. If people jettison their book collections or stop buying new volumes, it will grow increasingly hard to form snap opinions about them by wandering casually into their living rooms.

Ähnlich problematisch erweist sich zukünftig die Kontaktanbahnung mit lässigen Eisbrecher-Sprüchen wie: “Wie ist denn das Buch?” auf der Liegewiese im Stadtpark, die Demonstration von intellektuellem Status durch den Ulysses unterm Arm auf dem Weg ins Büro (Nicholson Baker) sowie die virale Verbreitung von Buchtiteln, der man als Buchkäufer und Nahverkehrsnutzer anheimfällt, wenn man in der S-Bahn sieht, was die Mitreisenden lesen und neugierig wird. Kurz: Der Ausweis, den Cover und Titel des individuellen Buches in den Raum transportieren, wird durch den Einsatz gleichmacherischer Handgeräte, denen man bestenfalls mit den Fertigkeiten japanischer Handy-Gestaltungskultur eine individuelle Note verpassen kann, eingezogen. Wer Kindle liest, kann alles lesen.  Die New York Times fragt deshalb zurecht Is a Book still a Book on Kindle?.

Man kann sich fast sicher sein, dass in die Marktlücke zum Thema reihenweise Kindle-Aufkleber regnen, die Sprüche wie: “Proust only!” tragen. Spätestens die übernächste Kindle-Generation sollte das Problem dann lösen, in dem der kleine weiße Leseziegel mit einer dynamischen Titelanzeige auf der Rückseite sowie am Geräterand ausgestattet daherkommt. Im Wohnzimmerregal vermag dies zwar noch immer nicht zu überzeugen. Im ÖPNV aber vermutlich schon.

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Die Antiquiertheit des Buches: Im Börsenblatt wird durch- und abgerechnet http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=6710/index.html http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=6710/index.html#comments Mon, 16 Mar 2009 19:40:04 +0000 Ben http://weblog.ib.hu-berlin.de/?p=6710 Die E-Book-Debatte geht weiter und zwar im Börsenblatt, in dem Ralf Schweikart durchrechnet, warum das aktuelle Geschäftsmodell kein Erfolg werden kann: Gehen wir mal davon aus, dass sich die Verlage in Bälde darauf verständigen, den Preis für elektronisch publizierte Inhalte fühlbar unterhalb der Buchpreise anzusiedeln – Pascal Zimmer von Libri empfiehlt 10 % bis 20 [...]]]>

Die E-Book-Debatte geht weiter und zwar im Börsenblatt, in dem Ralf Schweikart durchrechnet, warum das aktuelle Geschäftsmodell kein Erfolg werden kann:

Gehen wir mal davon aus, dass sich die Verlage in Bälde darauf verständigen, den Preis für elektronisch publizierte Inhalte fühlbar unterhalb der Buchpreise anzusiedeln – Pascal Zimmer von Libri empfiehlt 10 % bis 20 % unter dem Ladenpreis der vergleichbaren Buchausgabe. Den Mittelwert von 15 % angenommen, bedeutet das bei einem Hardcover von 19,90 Euro einen E-Buch-Preis von gerundet 16,90 Euro. Ersparnis: drei Euro. Die Rechnung ist einfach: Das 100ste Buch ist der private Break even, jetzt spart der Leser. Setzen wir das in Relation mit dem Einkaufverhalten der Gruppe der Power-Buchkäufer, der Gruppe der 20-29j-ährigen mit durchschnittlich 4,7 gekauften Büchern pro Jahr, dann lohnt sich die Hardware-Investition in ein E-Book nach genau 21 ein viertel Jahren: Selbst ein Finanzberater der Lehmann Bank hätte das nur schwerlich zu einer lohenden Investition hinbiegen können.

Dafür fängt er gleich wieder Feuer, aber immerhin ist selbiges in der Debatte drin. Man darf gespannt sein, wie lang die Halbwertzeit des Themas tatsächlich ist.

Auffällig an dem sich hier abspulenden Technikdiskurs ist u.a. auch die Parallele zu dem, was sich in den letzten zwei, drei Jahren, besonders unter dem Schlagwort “Bibliothek 2.0″, im Bibliothekswesen beobachten lies. Der Kommentar von Matthias Ulmer ist gerade ein idealtypisches Beispiel. Hieß es auf der einen Seite “Bibliotheken auf die Agenda” und wurde Bibliotheksmarketing zum Königsweg des Überlebens, freut sich der Kommentator über die wilde Aufmerksamkeit ” wirklich jede[r] Tageszeitung und jede[s] Radiosende[s]“. Die Qualität der Berichterstattung wird zum nachgeordneten Merkmal. Wichtig ist, dass man im Gespräch bleibt. So wird im Verlagswesen auch gern davon gesprochen, dass ein schlechtes Buch, das verrissen wird, besser (=kommerzieller sinnvoller) ist, als ein gutes, dass gar keine Rezension abbekommt.

Beim Kommentar im Börsenblatt zeigt sich dies besonders deutlich an der Nivellierung der Akteure: “Bushido oder Bohlen oder Grass”, das ist Matthias Ulmer zunächst eines und in jedem Fall ist Presseberichterstattung über Inhalte schlechter, als das oft hilflose und redundante Rapportieren über ein technisches Gerät, an dem vor allem zunächst der Hersteller (Sony) verdienen wird. Dass der Buchhandel mit seinem aktuellen Verständnis des Mediums hier kein großes Geschäft zu erwarten hat, wird mit den Rechenbeispielen Ralf Schweikarts durchaus so einsichtig, dass kaum ein Widerspruch möglich ist.

“Toll also, dass wir den Journalisten so etwas bieten können.”

Der Buchmarkt bietet eigentlich seit Jahr und Tag dem Feuilleton massiv Material und auch die anderen Teile der Tageszeitungen drucken regelmäßigen Besprechung um Besprechung. Dass man solch einen peinlichen Kniefall vor der massenmedialen Verwurstung aus dem Bibliothekswesen eher nicht wahrgenommen hat, wirkt beinahe beruhigend. Die nächste Naivität vor dem Herrn kennt man allerdings nur zu gut:

“Und toll, dass unsere Branche mit Innovation und nicht nur mit Behäbigkeit und Antiquiertheit assoziiert wird.”

Dies sagt schon sehr viel über das gespaltene Selbstbild von Branchenvertretern aus. Definiert sich die Fernsehwelt eigentlich auch so sehr über Plasmabildschirme?  Der Antiquariatsbuchhandel z.B. lebt gerade von Antiquiertheit. Die Buchbranche, man kann es nur betonen, hat mit der Technik der Innovation E-Book so gut wie nichts zu tun. Und das ist kein Makel, denn ihre Aufgabe liegt nicht in der Optimierung der technischen Darstellung, sondern im Herausgeben von Lektüreinhalten.

Für Bibliotheken liegt die Sache etwas anders, denn sie sind traditionell Vermittler dieser Inhalte und im Idealfall Kommunikationsort. Dennoch steht es auch ihnen besser, einfach professionell ihre Arbeit zu tun und nutzergerechte Angebote zu entwickelen, als viel darüber zu reden, wie innovativ sie nun sind. Es geht nicht um Innovation – die auch nicht schon per se einen positiven Wert besitzt, sondern sich erst als sinnvoll erweisen muss – sondern darum, der Nutzerschaft eine Arbeits- und Informationsumgebung zu bieten, die sie bei der Arbeit und bzw. beim sich informieren optimal unterstützt, ohne aufdringlich zu sein. Digitalität ist dabei nicht zwangsläufig ein Muss. Darum muss man auch die Nutzer nicht permanent in Marketingkampagnen mit eigenen Zukunftstauglichkeit und Trendoffenheit bombardieren.

Und dann:

“Wir müssen schließlich auch ein paar Jugendliche für unsere Ausbildung gewinnen.”

Man kennt so einige, die eine Buchhändlerlehre erfolgreich absolviert haben und nun etwas ganz anderes machen. Im seltensten Fall ist aber die Antiquiertheit der Branche der Grund. Eher sind es die niedrige Entlohnung, die schlechten Arbeitsbedingungen und dass auch hier die Entprofessionalisierung, die auf den Kunden, der sich selbst berät bzw. durch eine Verführung in den “Erlebniswelten” nach der “Auflösung der Ordnung” (vgl. dazu den Artikel  Andreas Bernhard in Süddeutschen Zeitung vom letzten Freitag – Nr. 60, S.14)  nachgibt, verlässt:

“Der Abbau des Sortiments erklärt sich zudem damit, dass unschlüssige Kunden natürlich am ehesten von Büchern zum Kauf animiert werden, von denen sie aus der Berichterstattung der Medien schon gehört haben.”

Ein Kassierer ist hier genug. Dass die in der Regel durchaus auch inhaltlichen Aspekten zugeneigten Nachwuchsbuchhändler in dieser Rolle nicht aufgehen wollen, ist verständlich. Das Problem liegt also eher in der Hypermoderne, die die Buchhandlung der Zukunft auf einen Downloadterminal im der Erlebniswelt eines Einkaufszentrums reduziert sieht. Flirtort Buchhandlung – das wäre mal ein Thema zur Zeit.

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Neues aus dem Feuerland: Die FAZ sieht auf der Buchmesse das Buch untergehen http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=6701/index.html http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=6701/index.html#comments Sun, 15 Mar 2009 21:58:21 +0000 Ben http://weblog.ib.hu-berlin.de/?p=6701 Die Frankfurter Allgemeine Zeitung zieht als Erkenntnis aus der diesjährigen Buchmesse, die einen Rekordzulauf aufwies, die Bilanz, dass das Bücherland abgebrannt sei. So wird einerseits ein Durchschlagen der Krise befürchtet und andererseits ein Durchschlagen der Digitalisierung, wobei man nie so richtig weiß, ob das Feuilleton tatsächlich versteht, was das Wort bedeutet: Vor allem die jungen [...]]]>

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung zieht als Erkenntnis aus der diesjährigen Buchmesse, die einen Rekordzulauf aufwies, die Bilanz, dass das Bücherland abgebrannt sei. So wird einerseits ein Durchschlagen der Krise befürchtet und andererseits ein Durchschlagen der Digitalisierung, wobei man nie so richtig weiß, ob das Feuilleton tatsächlich versteht, was das Wort bedeutet:

Vor allem die jungen Leser, die zu Tausenden in Kostümen schriller Comicfiguren durch die Messehallen strömen, scharen sich um die Stände mit den elektronischen Lesegeräten. Die junge, mobile Gesellschaft sei ihre Zielgruppe, sagen die Hersteller. Wer oft unterwegs sei, im Zug, in der S-Bahn oder im Urlaub, brauche künftig keine schweren Taschen voller Bücher mehr mitzuschleppen, sondern nur den kleinen Reader, der Speicherplatz hat für Hunderte E-Books.

Das Argument des Hamstertransporters also: Rechnet man pro Buch einen Tag Lektüre, kann sich jeder Cosplay-Fan nun locker ein Jahrespensum auf dem Schulweg im ÖPNV mitnehmen. Auf dem Laptop habe ich schon seit einigen Jahren einige hundert PDF-Texte – die Wissenschaft ist vom digitalen Publizieren ja längst durchdrungen. Da ist kein Reader nötig:

Am E-Book, das ist nach Leipzig klar, führt kein Weg mehr vorbei. Bald werden alle Bücher, ob wissenschaftliche Werke, Sachbücher, Anthologien oder Romane, online verfügbar sein. Und diese verspätete digitale Revolution wird die Branche gehörig durchschütteln.

Das mag sein. Aber wie gesagt: gerade die Wissenschaftskommunikation zählt zu den Early Adoptern elektronischer Texte. Das man die Bücher nun auch als Druckvorlagen-PDF oder als E-Pub ausliefert, scheint keine besondere Neuerung zu sein. Da ist schon der Bruch in der Medienrezeption, den Michael Giesecke gestern im Interview in der Süddeutschen Zeitung (Ausgabe Nr. 61/2009, S. 19)  kurz beschwor, relevanter:

“Die Buch- und Industriekultur hat die technisierten Medien und das standardisierte, symbolische Wissen, meist das verschriftete prämiert, Deren derzeitige Entwertung eröffnet die Chancen, alternativen Kommunikationsmöglichkeiten, vor allem den leiblichen Medien, wieder mehr Platz einzuräumen.”

Der Cosplay-Trend schlägt genau in diese Kerbe. Im digitalen Umfeld lässt sich dagegen eine Aufwertung kommunikativer Akte gegenüber der Rezeption sehen. Letztere findet natürlich statt, aber gerade bei der jüngeren Weise dahingehend interaktiv, dass die Inhalte unmittelbar kommentiert, bewertet und geteilt werden. Ob diese Zielgruppe ausgerechnet auf einen abgeschlossenen Reader wartet, bezweifle nicht nur ich, sondern auch der Medienforscher Giesecke, der trocken bemerkt:

“Ich denke, dass das E-Book nicht viele Menschen brauchen werden.”

Wissenschaft funktioniert ohnehin als Wechselwirkung aus Lesen und Schreiben und wenn ich Digitaltexte lese, dann brauche ich kein Zusatzgerät neben dem Rechner.

Und ob sich die Verleger dann tatsächlich, wie Sandra Kegel für die FAZ behauptet, von einem Mitglied des Chaos Computer Clubs in Furcht unterrichten lassen, bleibt ebenfalls fraglich:

Das Fürchten lehrt die Verleger auf der Messe ein junger Mann mit Pferdeschwanz. Der Vertreter des Chaos Computer Clubs verbreitet Ansichten, die die Branche herausfordern, etwa wenn er angriffslustig in Frage stellt, dass man fürs Schreiben überhaupt entlohnt werden müsse, das könne ebenso gut der Selbstverwirklichung dienen. Die klassischen Vertriebswege von Büchern, davon ist er überzeugt, werden bald nicht mehr existieren. Die Verlage müssten sich der Tatsache stellen, dass es das Netz gibt. „Wer nicht möchte, dass er digitalisiert wird“, so der Mann vom Club, „existiert bald nicht mehr.“

Das Schreiben und Schreiben durchaus verschiedene Tätigkeiten sein können und nicht jedes Blogpost literarisches Höchstniveau erreichen möchte und kann, dass also Qualität durchaus und nach wie vor einen Preis haben wird, da sie nicht alltäglich und beliebig erzeugbar ist, ignoriert der Mann aus der Computerecke. Gute Literatur ist immer zuerst Selbstverwirklichung. Schlechte meist auch. Dies steht aber in keinem Zusammenhang mit der Möglichkeit ein verkaufbares Buchprodukt als Rahmen drumzubinden. Denn Literatur ist auch Arbeit und Selbstverwirklichung zahlt keine Miete. Die Frage ist also eher, woher die Entlohnung für die Schriftsteller bekommt. Oder anders: In Deutschland betreiben unzählige Menschen aktiv den Fußballsport. Und dennoch gibt es welche, dafür Geld bekommen und andere nicht. Deprofessionalisierung ist sehr selten eine sinnvolle Option. Das letzte Argument kann man aber auch im Kontext des Textes anders herum lesen: Der digitale Text gleich welcher Qualität ist beliebig reproduzierbar und die Verlage wissen es, wenn sie digitalisieren. Der beste Kopierschutz für sie wäre eigentlich die Nichtdigitalisierung.

Dass die Buchstadt Leipzig kein Verlagsmittelpunkt mehr ist, kann man aber nur schwer dem E-Book anrechnen, das sich – nachdem bereits analog in Frankfurt im Herbst Ähnliches verbreitet wurde – nun in Leipzig “erstmals für den breiten Markt materialisiert”. Auch nicht primär dem Internet. Sondern vielmehr einem Zwang und/oder Willen, auch im Verlagsgeschäft breit zu rationalisieren. Einen ideellen Standort in einer alten Tradition zu bewahren, ist für den wirtschaftlich denkenden Verleger nunmal kein Kernanliegen. Man sollte nun also vielleicht fragen, ob zwanzig Jahre nachdem die Verlagskulturen von Ost und West ihrer politischen Funktion weithin enthoben wurden, nun womöglich eine neue Generation von Verlegern die Landschaft bestimmt, die mehr die Bilanz als die kulturelle Rolle im Auge hat.

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An der Copacabana und am Wörthersee: Die E-Book-Debatte ist nach wie vor von einer allgemeinen Verunsicherung geprägt. http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=6686/index.html http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=6686/index.html#comments Thu, 12 Mar 2009 18:23:21 +0000 Ben http://weblog.ib.hu-berlin.de/?p=6686 Aktuell regnen dank Messe Meldungen, Meinungen und Markteinschätzungen zum Thema E-Book ins Internet, dass man am besten alles abtropfen ersteinmal lässt, bevor man selbst noch seine Kanne dazugießt. Was man aber den Wortmeldungen zum Thema häufig anmerkt, ist, wie wenig die Protagonisten eigentlich über das Medium wissen und wie viel dabei in Kaffeesätzen herum- und [...]]]>

Aktuell regnen dank Messe Meldungen, Meinungen und Markteinschätzungen zum Thema E-Book ins Internet, dass man am besten alles abtropfen ersteinmal lässt, bevor man selbst noch seine Kanne dazugießt. Was man aber den Wortmeldungen zum Thema häufig anmerkt, ist, wie wenig die Protagonisten eigentlich über das Medium wissen und wie viel dabei in Kaffeesätzen herum- und vorgelesen wird. Hype trifft oft auf Halbwissen und führt dann zu solch unsinnigen Beiträgen, wie die kleine Radioreportage, die man neulich nachts im Deutschlandfunk in der Sendung Fazit hören konnte, aber danach am liebsten verpasst hätte.

Das Deutschlandradio Kultur hatte heute dagegen Gottfried Honnefelder, Vorsteher des Börsenvereins und Verleger im Gespräch, der etwas überraschend zunächst das Medium E-Book mit dem Lesegerät synonym versteht und dann – oder deswegen – elektronische Texte ausgerechnet als untauglich für die wissenschaftliche Arbeit einstuft:

Bürger: Sie selbst sind ja auch Verleger der Berlin University Press. Ist das E-Book gerade im Bereich der Wissenschaftsliteratur eine interessante Alternative zum gedruckten Buch?

Honnefelder: Ich glaube, weniger. Solche wissenschaftlichen Texte, die wird man an seinem Schreibtisch haben wollen, wo man damit arbeitet. Da bietet der Vorteil des E-Books wenig. Sie können keine Notizen machen an den Rand, Sie können nicht gleichzeitig zwei Bücher lesen, aufschlagen. Für den Arbeitsbetrieb ist es also nicht geeignet.

Eventuell liegt es ja am Programm der bup, das überwiegend aus Titeln besteht, die man sich problemlos in der Sachbuchabteilung jeder größeren Buchhandlung vorstellen kann. Aber tatsächlich mangelt es dem ab heute in Deutschland erhältlichen Lesegerät an so ziemlich allem, was sich nicht nur Gottfried Honnefelder für die Arbeit im Text wünscht. Im Prinzip ist es kein Lesegerät, wenn man den Leseprozess tatsächlich als Interaktion mit dem Medium begreift, sondern ein Anzeigegerät. Ein Arbeitsgerät für elektronische Texte, wie es in der Wissenschaft sinnvoll wäre, sähe wohl eher wie eine Art Netbook aus, das vielleicht ein optimiertes Display und einen entsprechend reduzierten Stromverbrauch besitzt. Dafür aber eine Tastatur und die Möglichkeit, den Bildschirm zu teilen um zwei Textdokumente parallel anzuzeigen und Textstellen zu markieren, zu annotieren und über eine passende Schnittstelle in eine externe Anwendung (Textverarbeitungsprogramm, Weblog, etc.) zu exportieren. Abgesehen davon werden elektronische Texte in diversen Wissenschaftsdisziplinen schon spätestens seit dem Ende des letzten Jahrhunderts erfolgreich benutzt.

Verlässt das Gespräch im Anschluss das Feld der Wissenschaft, dann gelingt es dem Börsenvereinsvorsteher nicht ganz, den elitären Stich aus seiner Aussage herauszuhalten:

Bürger: Wofür dann?

Honnefelder: Zum Lesen!

Bürger: Sie selbst haben mal gesagt, es passt nicht ins Bett und zu Rotwein.

Honnefelder: Ich habe damit ausgedrückt, dass ich selber mir nicht das E-Book mit ins Bett nehme, aber ich kann mir gut vorstellen, dass mancher, der an die Copacabana geht, um sich dort zu sonnen, das E-Book mitnimmt und dort seinen neuesten Kriminalroman liest. Why not?

Mit dem Trendschmöker an den Strand und dann ordentlich durchbraten lassen – so stellt man sich also im Vorstand des Börsenverein den typischen E-Book-Leser vor und liegt damit sicher auch daneben. Zum Glück ist dem Interviewten nicht “Mallorca” herausgerutscht. Für den Börsenverein ist das Thema anscheinend trotz allem Libreka-Geklapper eher ein notwendiges Übel als ein Markt, dem man mit offenen Armen entgegenstürzt. Zurecht übrigens, denn für den E-Book-Vertrieb ist kein anderer als der Online-Handel sinnvoll. Den haben aber die vielleicht fünf Platzhirsche schon ganz gut unter Kontrolle. Ob iTunes den Börsenverein braucht, ist jedenfalls fraglich.
Die mittlerweile gut geplätteten Beispielszenarien von Strand bis “mit dem Rotwein vorm Kamin” sollte man sich dennoch mittlerweile schenken und vielleicht stärker bei der Sache selbst bleiben. Bei den DAISY-Hörbüchern, von denen heute 10.000 verkaufte Exemplare gemeldet werden, gelingt dies doch auch. Und die sind bei weitem das bessere Beispiel für eine sinnvolle Anwendung von elektronischen Büchern als der Krimi an der Copacabana.

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Wo gibt’s Achillesfersengeld? Der Buchmarkt tappt durchs digitale Dunkel. http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=6630/index.html http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=6630/index.html#comments Fri, 27 Feb 2009 12:16:32 +0000 Ben http://weblog.ib.hu-berlin.de/?p=6630 Zum Finale trompetete der Hamburger Wissenschaftler Michel Clement, der Buchmarkt habe ein Marketing-Problem, weil er einen Schwarzmarkt zulasse, indem er die Bücher nicht digital anbiete. „Wenn es die Verlage nicht tun, tun’s die User.“ Nassforsch stellte er die gängigen Vertriebsformen in Frage: Clement zufolge müssen Bücher heute digitalisiert, in Einzelteile zerlegt, aufbereitet, mit Metadaten angereichert [...]]]>

Zum Finale trompetete der Hamburger Wissenschaftler Michel Clement, der Buchmarkt habe ein Marketing-Problem, weil er einen Schwarzmarkt zulasse, indem er die Bücher nicht digital anbiete. „Wenn es die Verlage nicht tun, tun’s die User.“ Nassforsch stellte er die gängigen Vertriebsformen in Frage: Clement zufolge müssen Bücher heute digitalisiert, in Einzelteile zerlegt, aufbereitet, mit Metadaten angereichert und dann individuell vertrieben werden. Physische Bücher ausdrucken werde man künftig so wie heute Fotos – sei es auf Billigpapier, sei es mit Ledereinband.

Sind wir tatsächlich schon so digital? Erlebt der Buchmarkt im Trompetenstoß des Marketing-Professors Michel Clement sein Jericho? Ganz unrecht hat er vielleicht nicht, mit seiner “nassforschen” (wow!), heute in der Frankfurter Allgemeinen Analyse zum Buchmarkt zitierten Infragestellung. Abgesehen davon, dass ich meine Fotos nicht im Ledereinband ausdrucke, wundert man sich gegenwärtig schon ein wenig, warum Bücher fast durchgängig digital erstellt und oft digital gedruckt werden, die Verlage sich aber bei der digitalen Auslieferung so schwer tun. Der drohende digitale Schwarzmarkt wird dabei als Grund für eine weitwaltende Vorsicht (lies:Angst) in der Branche gesehen, ein Markt, der keine nationalen Rechtsbindungen mehr kennt:

Von rechtsstaatlichen Verhältnisssen im Netz träumen viele, derweil sich eine Download-Seite wie RapidShare einen Weltspitzenplatz erobert.


In der Tat kann man sich mit jeder gängigen Suchmaschine Zugang zu Seiten verschaffen, die Links auf üppige E-Book-Sammlungen enthalten. Vielleicht bin ich untypisch und/oder mittlerweile der Hamsterei abhold, aber die Aussicht binnen weniger 5000 neue Titel auf meiner Festplatte zu haben, deren Sammlung nicht einmal über ein bibliophile Neigung zu rechtfertigen ist, wirkt auf mich eher erschreckend. Denn im Gegensatz zur Musik, die nach und nach bei der Arbeit am Rechner als Klangtapete durchlaufen kann, erfordert Text meiner Erfahrung nach eine aktive und ausschließliche Wahrnehmung. Bei 5000 Titeln benötigt allein die Sichtung im Umfang von 5 Minuten pro Buch nahezu drei Wochen. Die 5000 Musikstücke habe ich in der Zeit immerhin einmal komplett durchgehört. Die praktische Motivation dahinter erscheint mir also kaum gegeben.

Und selbst im Musikbereich scheint das Horten von Gigabyte-großen Mengen Tonkunst den Zenit überschritten zu haben. Er erfüllt sich, was Jeremy Rifkin mit seinem Access-Principle vor einigen Jahren einmal ausformulierte: Wir kaufen (oder rauben) uns nicht das Objekt, also z.B- die mp3-Datei, sondern den Zugang zu diesem. Wer seine Musik bei last.fm sammelt, braucht nur noch den Zugang zum Netz und hat fast alle Songs, die man sich im Normalfall so vorstellen kann, für verhältnismäßig wenig Geld verfügbar. Und das man dort nach dem exzellenten Blechbläser Joris Roelofs bislang vergeblich sucht, liegt nicht am Prinzip, sondern daran, dass sein Label noch nicht auf dem Zug mitfährt und man noch auf seine Website gehen muss, um ihn zu hören.

Für die Verlage wäre das Bücherregal in der Cloud jedenfalls ein sinnvolleres Vorbild, als der wilde Lanzenritt gegen die Piraterie und die Überlegung, Dateien zu verkaufen. Amazon marschiert bereits ein wenig in diese Richtung, in dem einmal gekaufte Bücher auf dem Server vorgehalten werden. Google Books versucht und plant es in gewisser Weise auch: Der Leser mit seinem Lesegerät – das kann auch ein PC sein – erwirbt nicht das Buch, sondern den Zugang zu einem Text unter bestimmten Bedingungen, für eine bestimmte Nutzung und für einen bestimmten Zeitraum. Bei elektronischen Zeitschriften in der Wissenschaft funktioniert das Verfahren schon, nur eben der Markt nicht, so dass die Preisgestaltung mehr als unverschämt – eigentlich nassforsch – ist. Steht aber der Rahmen, macht das ubiquitäre Netz eine lokale Datenhaltung gar nicht mehr erforderlich und dem Kunden das Leben in gewisser Weise leichter. Keine Reader mehr für 300 Euro, sondern – analog zum Mobilfunkmarkt – für eine Schutzgebühr im Zusammenhang mit einer längerfristigen Vertragsbindung und gegebenenfalls einer Bücherflatrate zum Monatstarif. Warum der Bertelsmann-Buchclub diesen Strohhalm nicht greift, bleibt für mich nach wie vor ein Rätsel.

Gleichzeitig bleibt beständig die Frage im Raum, warum sich die Verlage momentan den Sprung in ein digitales Buchgeschäft überhaupt antun, wenn der Vorstandsvorsitzende von Random House Deutschland, Joerg Pfuhl, von „erhebliche[n] Investitionen in die neuen Technologie, die derzeit nicht refinanzierbar“ sind, spricht. Genauso, wie ich mir aktuell kaum vorstellen kann, dass die E-Book-Piraterie im Netz großartig boomt, sehe ich bislang überhaupt keinen übermäßigen Massenbedarf an elektronischen Büchern. Man investiert bislang tatsächlich für einen Fall, von dem kaum jemand einschätzen kann, wann er wie eintritt. Solange der P-Markt sein Niveau hält, gibt es eigentlich keinen Grund zur Panik. Ein Buch ist keine Musik-CD. Print-on-Demand-Angebot sind sicherlich für die Verlage bei Kleinauflagen eine wirtschaftlich sinnvolle Option. Für einen – noch billigeren – e-only-Vertrieb fehlen momentan jedoch im Publikumsgeschäft deutliche Anreize. Dies umso mehr angesichts dieser Feststellung:

Vierzig Prozent der Deutschen greifen nur noch selten oder nie zu einem Buch.

Ob es die Quote verbessert, wenn man der Blu-Ray-Disc ein E-Pub-Dokument entgegenstellt? Hier kommen letztlich auch wieder Bibliotheken mit ihrer möglichen Wirkung auf die Gesellschaft ins Spiel:

Leseförderung sei, wie Marktforscher Michael Söndermann so schön sagte, „die offene Achillesferse“ überhaupt.

Die wird vielleicht auch dann noch relevant sein, wenn wir endlich alle unsere Texte kindlen.

Update

Vielleicht sollte ich noch einmal deutlich darauf hinweisen, dass sich meine Aussagen hier nahezu ausschließlich auf den Publikumsmarkt beziehen. Für Fachinformationen gilt selbstverständlich, was Thierry Chervel heute schreibt:

Wer über den Buchmarkt spricht, sollte einen Blick auf die „Professional Information“-Verlage werfen: Konzerne wie Thomson verkaufen ihre Fachpublikationen nur ausnahmsweise noch zwischen Pappdeckeln. Was sie eigentlich verkaufen, ist Zugang.

Der Buchmarktexperte Rüdiger Wischenbart hat ausgerechnet, dass achtzig Prozent aller von diesen Verlagen produzierten Inhalte heute ausschließlich per Internet vertrieben werden. Wer nachdenkt, dem fällt’s wie Schuppen von den Augen. Bestimmte Arten von Büchern werden immer seltener benutzt: Stadtpläne, Wörterbücher, Lexika. Wer hat noch Loseblattsammlungen im Regal?

Leider vermischen aber auch diese Medienexperten und Perlentaucher zwei Formen, die der klareren Sicht halber getrennt betrachtet werden sollten.  Denn “Stadtpläne, Wörterbücher, Lexika” und meist Loseblattsammlungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie nicht einen linearen Textfluß, sondern punktuell abzurufende Information enthalten. Sie sind also Informations- und Gebrauchsmedien, denen die, nennen wir sie mal so, Lektüremedien der Publikationsverlage gegenüber stehen. Es gibt eben nicht den Buchmarkt und den Facettenreichtum des Gegenstands einerseits zu ermitteln und andererseits zielgerichtet zu betrachten, sollte die Debatte eher bestimmen, als die gegenseitigen Schlagwortattacken (” Das Buch ist eine Website, die man bindet.”) von Vertretern der elektronischen und der gedruckten Medien. Und das Krimi-Strand-Beispiel kann man 2009 auch langsam einmotten…

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Boom, Boom, shake the reading room. Das E-Book als Star der Buchmesse und im deutschen Feuilleton. http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=6101/index.html http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=6101/index.html#comments Tue, 14 Oct 2008 09:49:37 +0000 Ben http://weblog.ib.hu-berlin.de/?p=6101 Wer heute die Tagespresse aufschlägt, ertrinkt erwartungsgemäß in Beiträgen, die das Buch, das Lesen und den wie immer dramatischen Wandel mehr oder weniger geschickt thematisieren. Das Deutschlandradio verkündete es schon, bevor man überhaupt die Blätter aus dem Briefkasten holte: Der Star der Buchmesse 2008 ist das E-Book und glaubt man dem, was man so liest, [...]]]>

Wer heute die Tagespresse aufschlägt, ertrinkt erwartungsgemäß in Beiträgen, die das Buch, das Lesen und den wie immer dramatischen Wandel mehr oder weniger geschickt thematisieren. Das Deutschlandradio verkündete es schon, bevor man überhaupt die Blätter aus dem Briefkasten holte: Der Star der Buchmesse 2008 ist das E-Book und glaubt man dem, was man so liest, wird das Gastland in der medialen Begleitung zur Messe bestenfalls unter ferner liefen behandelt. Die Technik steht 2008 im Vordergrund, nicht die Inhalte. Die Buchmesse befindet sich “im Bann des eBooks” (ZDF). Hoffentlich wird sie dabei nicht zur Bannmeile für die Literatur. Wünscht sich mancher.

Hendrik Werner in der WELT hängt die Durchsetzung des Mediums erstaunlicherweise an das Verlagsangebot des S. Fischer-Verlags:

Der S. Fischer Verlag hat bereits angekündigt, Anfang 2009 E-Books anzubieten, sofern bis dahin die Urheberrechtsfragen geklärt sein sollten.

Wenn dieser Fall eintritt, dürfte, anders als bei den noch zögerlichen Etablierungsversuchen zu Beginn des Jahrzehnts, der Damm endgültig gebrochen sein. Damit bräche ein neues Kapitel der Mediengeschichte an, das kaum weniger folgenreich wäre als vor fünfeinhalb Jahrhunderten der Beginn des Gutenberg-Zeitalters.

Mit Paul Virilio hat der Verlag ja auch einen passenden Denker in der Backlist. Rasender Stillstand. Natürlich ist der Dammbruch auf etwas anderes bezogen und der Allgemeinplatz, dass die Veränderung, tief schürft, z.B. nach den Nuggets des Lesens im 21. Jahrhundert, ist unbestreitbar richtig. Die Buchmesse und das Buchwesen, das darf man nicht vergessen, sind ein Marktplatz und der Hauptzweck der E-Books ist, diesen neu zu beleben. Z.B. dank eines iPod-Effekts (Financial Times Deutschland). In gewisser Weise werden die Karten neu gemischt. So findet man u.a. einen Unterhaltungselektronik-Anbieter als technischer Türhüter zum Lektüreprozess. Wer auf E-Book-Reader umsteigt, wird natürlich zum Hardwaresubskribenten. Denn dass die Gebrauchsdauer der Einzelgeräte nennenswert länger sein wird, als die der Mobiltelefone wäre schon eine Überraschung. Wertigkeit und Digitaltechnologie gehen erfahrungsgemäß nur in den seltensten Fällen Hand in Hand. Der Kindle ist kein Schweinslederband, aber vielleicht bald in dieser Form lieferbar. Dann, so ahnt man leideprüft vom Heimcomputer, wird jedoch vermutlich der technische Fortschritt zum Neukauf animieren und das Wort Datenmigration dürfte auch dem Durchschnittsleser kein fremdes mehr sein.

Was am Autoren der WELT vorbeigegangen ist, ist die aktuelle Burnham-Debatte in Großbritannien (vgl. hier) und auch die jüngere Berliner Bibliothekspolitik, sonst würde er kaum von “Büchereien, diesen bislang kaum angefochtenen Stammhäusern literarischer Präsenz” sprechen. Das “kaum” ist wohl sehr dehnbar, denn mancherorts sind die schweren Säbel schon deutlich sichtbar gezückt.

Die Leser übrigens, so hat eine Umfrage von LovelyBooks herausgefunden, sind bereit. Nicht für den Kampf um die “Stammhäuser literarischer Präsenz”, sondern für das E-Book:

Von den rund 600 Befragten können sich 85% vorstellen, Bücher auf einem elektronischen Gerät zu lesen, 57% geben an, sich einen E-Book-Reader kaufen zu wollen.

Preislich würden Dreiviertel der Befragten auf 200 Euro pro Gerät mitgehen, wobei zu befürchten ist, dass es soweit gar nicht kommen wird, wenn die Großverlage ins Geschäft einsteigen. Denn dann ist es ein durchaus denkbares Szenario, dass man analog zum Mobilfunkgeschäft, beim Abschluss eines bestimmten Subskriptionsmodell die Hardware einfach mitbekommt. Rüdiger Wischenbach stellte heute im Virtualienmarkt vom Perlentaucher immerhin schon mal die Paketlösung vor:

Statt mühevoll, wie ein Buchhändler, für jeden einzelnen Titel den Kunden erneut zur Kasse zu bemühen, um da fünf oder dort 20 Euro zu kassieren, haben die digitalen Pioniere aufs viel einfachere Abonnement gesetzt. Die – überdies überwiegend institutionellen Kunden – bezahlen eine Gebühr für den Zugang zur Information, gewissermaßen als Abonnement.

Wir kennen solche Modelle aus der digitalen Pionierrepublik von der Internetflatrate, die uns auch gegen Gebühr den Zugang zum Infoversum gestattet.
Das Handelsblatt spuckt allerdings aus irgendeinem Grund in die Suppe und eröffnet mit der Überschrift: Boom bei elektronischen Büchern bleibt aus:

Nach einer Umfrage der Frankfurter Buchmesse wird das elektronische Publizieren auch in Deutschland mittelfristig nur eine geringe Rolle spielen.

Womöglich hat man aber vor allem die “technikkonservativen Verlage” befragt oder den Buchmessenchef befragt, den Hendrik Werner kennt und nicht ernst nimmt:

Da kann Buchmessen-Chef Jürgen Boos noch so sehr barmen, niemand werde je seine Goethe-Edition gegen ein Lesegerät eintauschen. Haptische Erwägungen und die Beschwörung der Aura des gedruckten Mediums sind zu sehr der alten Schule des Lesens verpflichtet, als dass sie nachwachsende Generationen noch nachhaltig berühren könnten.

Jawohl: sie sind von der alten Schule, verteidigen die Pfründe des Slow Readings, obschon anjetzo die Zeit an ihnen vorüber stürmt und neue Rezeptionsformen einer neuen Generationen den Alltag bestimmen. Da klingt er wieder in seinem forschen Urteil: der Kern jedes Aufbruchsdiskurses. Vorwärts immer, rückwärts lieber nicht. Das ist der Lauf der Dinge und die Zeit heilt zwar alle Wunden (stimmt auch nicht), ist aber in ihrem Fortgang hin zum Neuen gnadenlos. Und wer rastet, der rostet, auch wenn es nicht viel Neues unter der Sonne gibt. Das allerdings kann man gut zum Markte tragen.

Ebenfalls in der WELT hat Tilmann Krause eine schöne Idee, wie man gerade das Lesens, nicht zwingend im Stile der alten Schule, stärker fördern kann. Die Bibliotheken, so die These, müssten einfach Sonntags öffnen. Denn dann hat der werktäglich werktätige Mensch Zeit zum Lesen. Dass sie nicht als Kultureinrichtungen ernst genommen werden, liegt laut Kommentar offensichtlich darin begründet, denn Theater und Opern werden ja auch sonn- und feiertags bespielt. Was er vergisst: Nur für ca. 2 Stunden, auch wochentags. Oft in Konkurrenz zur Fußballländerspielübertragung. Dennoch:

Wenn Lammert sich nun dafür ausspricht, dass Bibliotheken auch am Sonntag für Benutzer zur Verfügung stehen sollten, bricht er nicht nur eine Lanze für mehr Dienstleistungskultur. Er weist auch darauf hin, dass die Welt des Buches und des Lesens anderen Kriterien gehorchen muss als denen, die durch eine gesetzliche Arbeitszeitordnung geregelt werden können.

Das werden die Bibliothekare aber nicht gern hören und gegebenenfalls Schichtzuschlag verlangen. Tilman Krause sollte mal mit seinem WELT-Kollegen reden. Dann könnten beide die Sonntagsöffnungszeit als arterhaltende Maßnahme ausdeuten. Denn bei Hendrik Werner liest man bei Thema “Treffpunkt Bibliothek” schon “von sachtem Abschied” und:

” Mindestens ebenso sehenswert indes ist „Treffpunkt Bibliothek“, die sentimentalisch anmutende Aktionswoche für ein akut bedrohtes Medium.”

Das klingt schon ein wenig nach Kulturmuseum. Erwähnt werden soll auch der Kommentar von Klaus G. Saur in der WELT, die ihn als einen der “führenden internationalen Experten der modernen Wissensvermittlung” vorstellt und der seiner Ansicht “„Kein Mensch ist in der Lage, länger als drei Minuten an einem Bildschirm zu lesen“ halbwegs treu bleibt:

“Nur was du Schwarz auf Weiß nach Hause nehmen kannst, hat Bestand. Dies wird bei den elektronischen Produkten natürlich häufig dadurch gelöst, dass es immer wieder Papierausdrucke von elektronisch gespeicherten Texten gibt. Denn nur das gedruckte oder kopierte Papier kann ich geräteunabhängig benutzen, im Bett, im Flugzeug, in der Badewanne oder sonst wo. Das macht nach wie vor einen entscheidenden Vorteil aus.”

Aber was macht man, wenn die nächste Generation der Lesegeräte spritzwasser geschützt ist. Das Badewannenargument fällt dann ins Wasser und natürlich sind auch heute nur wenige Ausgabeformate tatsächlich Badewannen tauglich. Die häufig derart angeführte Argumentation trifft bestenfalls für Taschenbücher zu, die weitaus jünger sind, als die “Gutenberg-Galaxy”. Die B42 hat sicher niemand mit den Waschzuber gehievt. Die Papierliebhaber sollten sich auch mal eine neue Diskussionsstrategie überlegen. Bis zu dieser Stelle liest sich der Kommentar von Klaus G. Saur aber prima, nämlich als Abriss der Mediengeschichte und er wirft dazu das Argument auf, dass sich das E-Book aus betriebswirtschaftlichen Gründen kaum für die Verlage lohnt:

Das Problem für den Verlag ist, dass seine Redaktions- und Dateneingabekosten, seine sogenannten Satzkosten nicht sinken, so dass lediglich die Produktionskosten, die aber nur einen vergleichsweise geringen Anteil in der Kalkulation ausmachen, in der elektronischen Version niedriger liegen als bei beim herkömmlichen Buchdruck.

Die quasi “Open-Platform-Strategies” von Amazon und zahllosen Web 2.0-Anbietern, die jedem, der es möchte, die Möglichkeit einräumen, elektronische Texte im ersten Fall für den Kindle und im zweiten einfach so bereitzustellen, stellen da schon ein ganz anderes Einsparpotential dar. Lektorat, Satz und all das übernimmt im Zweifelsfall der Autor selbst. Es würde also, wenn der E-Book-Trend so konsequent erhitzt gegessen würde, wie man ihn jetzt im Feuilleton und anderswo aufkocht, vor allem für die Akteure Verlag und Buchhandel schwer verdaulich. In der Konsequenz vielleicht auch für den klassischen Leser, der gut gesetzte, professionell lektorierte und ausgewählte Inhalte gern Seite für Seite, langsam und auch am Sonntag lesen möchte. Da es diesen aber, wie man oft liest, in der Digitalgeneration des 21. Jahrhunderts kaum mehr gibt, wird er auch als Zielgruppe für den E-Book-Markt zunehmend uninteressant.

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