Archive for the 'digitale Bibliothek' Category

e-only: Die Problemlage der Bibliotheken per dpa vermeldet

Wenn eines Tages das gesamte Wissen der Menschheit im Internet zu finden ist, wird man keine Bibliotheken mehr brauchen. Diese werden dann nur noch “Bucharchive” mit den entsprechenden Unikaten sein. Die Bibliothekare sollten sich darauf vorbereiten.

meint ein Leserkommentator namens Nachdenk [sic!] in der Internetausgabe des Münchner Merkurs zur dpa-Meldung zum Bibliothekartag und verdeutlicht, dass noch nicht jeder Nachdenkliche über Sinn und Zweck von Bibliotheken ausreichend informiert ist. In der Tat zeichnet der Nachrichtentext ein etwas einseitiges Bild, denn er vermittelt von der Überschrift bis zum obligaten Google-Verweis, dass es Bibliotheken hauptsächlich darum geht, digitale Dienstleistungen anzubieten. Gerade aber in öffentlichen Bibliotheken ist dies nur eine – oft berechtigterweise kleine – Facette der Bibliotheksarbeit.

Die unterschiedlichen Betriebsmodelle seien derzeit ein großes Problem für die Nutzer. “Die analoge Welt einfach auf die virtuelle zu übertragen, das funktioniert nicht“, sagte die Vorsitzende des Berufsverbandes Information Bibliothek, Susanne Riedel.

Ich fürchte, das große Problem besteht eher für die Einrichtungen, die gerade mit solch eigenwilligen Produkten wie der Onleihe genau diese Übertragung versuchen. Bibliotheken arbeiten im Idealfall nah am Bedarf der Nutzer und wo sie ihn beispielsweise aufgrund von Rahmenbedingungen (Darmstadt-Urteil) nicht komplett bedienen können, klären sie ihn über die Gründe auf und bieten Alternativen an. Es ist also in gewissem Umfang Aufgabe der Bibliotheken, die Lücke zwischen analog und digital und die Probleme damit zu überbrücken, in dem sie neben den Inhalten das vermitteln, was man gemeinhin Informationskompetenz nennt. Dann sollte die Frage analog oder digital auch kein großes Problem mehr für die Nutzer aufwerfen. Die mögen ohnehin oft einfach beides.

Die Meldung und den Kommentar von Nachdenk gibt es hier: Elektronische Medien fordern Bibliotheken heraus

Semantically enhanced article

hier ein Beispiel. Die Implementationsdetails finden sich hier.

Die Angst vor dem Blitzschlag: Umberto Ecos kleine Speichermedientypologie in der Frankfurter Rundschau

Ein weiteres Manko ist, dass nahezu alle elektronischen Datenträger durch einen Stromstoß, Blitzschlag oder sogar noch banalere Ereignisse entmagnetisiert und gelöscht werden können. Wenn ein Stromausfall lange genug andauert, komme ich nicht mehr an meine Daten heran. Wenn mein Computer im fünften Stock aus dem Fenster fällt, kann ich mich darauf verlassen, alle Daten zu verlieren. Fällt aber ein Buch aus dieser Höhe, wird schlimmstenfalls die Bindung brechen.

In der heutigen Ausgabe der Frankfurter Rundschau betrachtet Umberto Eco ganz anschaulich und lebensnah verschiedene Speichermedien und deren Grenzen, die dann auch immer die der auf ihnen abgelegten Daten sind. Das Speichermedium Buch punktet dabei aufgrund seiner Robustheit, die der Mikroelektronik doch relativ überlegen scheint. Und er zieht eine elementare Unterscheidung zwischen Buch und elektronischen Medien:

Es scheint, dass die modernen Speichermedien mehr zur Verbreitung von Informationen taugen als zu deren Erhaltung. Bücher dienen seit langer Zeit sowohl der Verbreitung [...] als auch der Erhaltung unseres Wissens.

Dass ein Mikrofilm allerdings, wie Eco schreibt, anfälliger für Beschädigungen sein soll, als ein Buch, entspricht nicht dem, was ich gelernt und erfahren habe. Und zählen der Mikrofilm und die Fotos im Allgemeinen tatsächlich zu dem, was man mit elektronischen Speichermedien bezeichnet? Medienhistorisch meine ich hier eine unerwartete Unschärfe zu entdecken. Beschränkt man sich aber auf Digitalmedien, so stimmt es sicher, dass die Datenhaltung in diesen gemeinhin aufwendiger ist, da man seine Daten regelmäßig umkopieren muss. Und rein ästhetisch beurteilt sind die Plastikmedien (CDs etc.) zweifellos die weniger hübschen Schwestern des Papiers.  Ein CD-Rom-Regal im Wohnzimmer imponiert bestenfalls durch Konsequenz, eine in Schweinsleder gebundene Lexikonreihung ist schon an sich ein eindrucksvolles Objekt, besonders natürlich, wenn sie kaum Gebrauchsspuren aufweist.

Was die Daten(er)haltung angeht, stellt die so genannte Cloud mit ihren für den Nutzer virtuellen Speichern, eine Möglichkeit dar, dass man sich zukünftig solch Mühsal spart. Eine sichere und jederzeit verfügbare virtuelle Festplatte anzubieten ist vermutlich ein Geschäftsmodell im Web, das neben der Werbung funktionieren kann.  Wenn dann der Rechner aus dem Fenster fällt ist nur das prinzipiell ersetzbare Zugangsgerät verloren.  Man hörte übrigens schon von Datenrettungsspezialisten, die einer Festplatte selbst nach Stürzen aus höherer Höhe noch so manches entlocken konnten. Vielleicht ist der fünfte Stock dafür dann aber doch zu hoch… Eco setzt übrigens, wie er schreibt, auf doppelte Datenhaltung und besitzt die Weltliteratur sowohl auf Festplatte wie in Papier.

Den Artikel gibt es hier: Wenn der PC aus dem 5. Stock fällt

vascoda mit Heterogenitätsbehandlung

inzwischen erweitert vascoda Suchterme um zusätzliche kontrollierte Terme. siehe vascoda-blog

Beispiel: Trebegänger

“a little bit here, a little bit there”: Die Zukunft des Lesens und des Schreibens

In other words, an infinite bookstore at your fingertips is great news for book sales, and may be great news for the dissemination of knowledge, but not necessarily so great for that most finite of 21st-century resources: attention.

Im Technikteil des Wall Street Journal findet sich ein sehr lesenswertes Essay Steven Johnsons, in dem er ausgehend von seinen Kindle und Hypertexterfahrungen über die Veränderung des Schreibens und Lesens von Büchern reflektiert, die mit der Öffnung und Einbindung von Buchinhalten in digitale Netze einhergeht. Das Vorher – also die traditionelle Praxis der Lektüre -  ist die Vorstellung des Buches als geschlossener Wahrnehmungsraum:

Because they have been largely walled off from the world of hypertext, print books have remained a kind of game preserve for the endangered species of linear, deep-focus reading. Online, you can click happily from blog post to email thread to online New Yorker article — sampling, commenting and forwarding as you go. But when you sit down with an old-fashioned book in your hand, the medium works naturally against such distractions; it compels you to follow the thread, to stay engaged with a single narrative or argument.

Das Nachher ist ein von Spontankäufen (Amazon), Popularitätsrankings mit Textstellen als kleinster Einheit (Google) und Textsprüngen sowie einem Dauerdiskurs (Soziale Software) mit einer hohen Bedeutung von Zitationen (wiederum Google) gelenktes Leseverhalten:

Imagine every page of every book individually competing with every page of every other book that has ever been written, each of them commented on and indexed and ranked. The unity of the book will disperse into a multitude of pages and paragraphs vying for Google’s attention.

Man kann darüber, wie auch über andere Punkte selbstverständlich diskutieren und fragen, inwieweit es sich in solch einem Netz aus Passagen und Zitationen überhaupt noch anbietet, von “Büchern” zu sprechen, oder ob die Form “Buch” in Gestalt dessen, was aktuell noch erzeugt und zunehmend digitalisiert wird nicht als Form selbst verschwindet, während sich das fragmentarische, hypertextuelle und offene Schreiben zu einer eigenen, früher oder späteren dominierenden Medienform entwickelt, die auf die Bezeichnung “Buch” selbst als Metapher verzichtet. Gerade deshalb kann man den schönen Text aber einmal lesen und gerade die Folgen der Veränderung im Umgang mit dem, was man “Aufmerksamkeit” nennt, werden nicht nur Betriebspsychologen noch eine Weile beschäftigen: How the E-Book Will Change the Way We Read and Write.

(via New York Times’ Paper Cuts)

Die offizielle digitale Weltbibliothek, online

Eine schöne Auswahl an Objekten der Weltkulturgeschichte gibt es ab sofort in der von der UNESCO geförderten World Digital Library. Darüber, ob es sich hier um eine “digitale Bibliothek” im strengeren Sinne oder einfach einen sehr ansprechend gestalteten, zeitgemäßen musealen Schauraum im Digiversum handelt, mag man streiten. Darüber, dass man als kulturinteressierter Weltbürger hier mal durchaus mal ein anregendes halbes Stündchen in alten Landkarten, Zeitschriften und auch ein paar Büchern vertrödeln kann, sicher nicht. Die Wikipedia-Seite zum Projekt kennt ein paar Hintergründe und die Projektpartner. Wer es nach wie vor mit der Berichterstattung durch die traditionelle Presse hält, findet einen Artikel z.B. in der von uns eigentlich recht selten erwähnten Washington Post: U.N.’s World Digital Library Goes Online.

Aufbau einer Informationsinfrastruktur zum Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft

Die DFG hat dieses Projekt “in vollem Umfang” angenommen und finanziert. Rainer Kuhlen und ich sind die Projektleiter.

Update: Zusammenfassung

Zur Unterstützung der wissenschaftlichen Gemeinschaften in Deutschland soll eine Informationsinfrastruktur zum urheberrechtlichen Wissen für Bildung und Wissenschaft (urhWiss) aufgebaut werden. Sie soll den in Bildung und Wissenschaft als Produzenten und Nutzern von Wissen Arbeitenden bzw. den ihnen zugeordneten Organisationen umfassende Informationen zu den urheberrechtlichen Problemen beim Umgang mit Wissen und Informationen aufbereiten und bereitstellen. urhWiss wird sich entsprechend getroffener Vereinbarungen mit anderen einschlägigen Initiativen und Projekten, z.B. aus dem Open-Access-Umfeld, und mit wissenschaftlichen und wissenschaftspolitischen Experten aus dem Urheberrechtsumfeld vernetzen. urhWiss selber soll aus mehreren Komponenten bestehen: Urheberrechtliches Web-Portal für Bildung und Wissenschaft, semantisch organisierter Dokumentserver, virtuelles hypertextuelles Netzwerk zu Ressourcen bestehender urheberrechtsrelevanter Organisationen, Netzwerk von Urheberrechtsexperten, FAQ zu Themen des für Bildung und Wissenschaft einschlägigen Urheberrechts, Autorenwerkzeug zum Einbringen und Verknüpfen zentraler Argumente, kommunikative/soziale Dienste zum kollaborativen Arbeiten der beteiligten Akteure. Im Vorhaben sollen Modelle für die Finanzierung der Informationsinfrastruktur nach Ablauf der Förderung erarbeitet und Netzwerke zu potenziellen finanziellen Unterstützern aufgebaut werden.

“bereit, auf neuer Bahn den Äther zu durchdringen”? Kein bisschen, meint die FAZ, wenn sie an unsere Bibliotheken denkt.

Wie stehen die führenden deutschen Bibliotheken in diesem magischen Moment zum Digitalisierungsangriff durch Google? Handeln sie, solange es noch möglich ist, gute Bedingungen aus? Arbeiten sie an einem Gegenmodell? Kämpfen sie vielleicht gezielt gegen Google?

Der FAZ-Feuilletonist Oliver Jungen hat die Überlegungen Robert Darntons (vgl. hier) zum Anlass genommen, um das Thema heute für seine Zeitung noch einmal im großen Stil aufzurollen, abzuspulen und den deutschen Bibliotheken ordentlich ins Gesicht zu Fausten:

Nichts davon. Es herrscht vielmehr eine Gemütlichkeit vor, wie sie sich aus den Zeiten des Positivismus wohl einzig in deutschen Archiven erhalten hat.

Besonders schlecht tritt Milan Bulaty von der HU-Universitätsbibliothek aus der Kurzumfrage und ärgert sich heute bei der Lektüre vermutlich tüchtig, dem Journalisten, der ihn regelrecht vorführt, überhaupt geantwortet zu haben:

Milan Bulaty, der Direktor der Bibliothek der Berliner Humboldt-Universität, hält die ganze Digitalisierungseuphorie für übertrieben: „Als das Fax kam, dachte man ja auch, niemand schreibt mehr Briefe.“ Technisch sei ja ganz faszinierend, was Google da treibe, aber Bibliotheken werde es weiter geben, stellt er klar, obwohl das gar nicht die Frage war. Eine wirkliche Meinung zu den Google-Plänen hat er nicht: „Wir Bibliothekare sind konservativ, von Berufs wegen.“ Das soll wohl heißen, man macht weiter, wie man es immer gemacht hat, und guckt in zehn Jahren noch einmal aus dem Keller heraus.

Ansonsten stehen noch ein paar weitere deutsche Bibliotheksprominente vom Wolfenbütteler Direktor Helwig Schmidt-Glintzer bis zur Staatsbibliothekarin Barbara Schneider-Kempf mit ihren Meinungen zum Thema in den vier Spalten und da Oliver Jungen das ermittelte Meinungsbild nicht innovationsgeladen und offensiv genug gegen Google drängt, versucht er sich mit einem kulturpessimistischen Weckruf der Güteklasse 1 und schlägt im Abschlusssatz seines Artikels gleich dem ganzen Land vor den digitalen Latz:

Aber das ist nun mal der Lauf: In Deutschland fängt man niemals an. In Deutschland hört man auf.

Ob sich Milan Bulaty oder Barbara Schneider-Kempf darauf hin zu einer Haltung des “Jetzt zeigen wir’s ihm aber!” durchringen oder geduldig die andere Wange hinhalten, schlicht wissend, dass die Digitalisierung von Altbeständen nunmal nur einen Teil der Hefe im großen Kuchen digitaler Bibliotheksdienstleistungen beisteuert, bleibt abzuwarten. Sicher bereitet es Vergnügen, das Schreckensszenario der vom Google-Pudel leergeschossenen deutschen Kompaktmagazine so eloquent auszumalen, wie Oliver Jungen es vornimmt. Aber der FAZ-Feuilleton-Öffentlichkeit weismachen zu wollen, dass sich die deutsche Bibliothekslandschaft angesichts des “konzentrierten Digitalisierungsangriffs” aus Mountain View schändlicherweise lieber im Luftschutzkeller verkriecht, als zum Gegenangriff zu trompeten, vermutet Googles Zielscheibe doch ein wenig zu hoch gehängt und die deutschen Bibliotheken wohl mindestens ein Geschoß zu tief.

Den Artikel liest man auf der Frankfurter Allgemeine Webseite: Ein solcher Diener bringt Gefahr ins Haus

Wie “Vatikan und Sex”: Das Radiofeuilleton über Europeana

Kultur ist nun einmal der prinzipiell nicht verwaltbare geistige Überschuss der Völker und dementsprechend grimmig sieht das Gesicht der Brüsseler EU-Verwaltung beim Thema Kultur aus.

Archivalia nennt den Radiobeitrag Burkhard Müller-Ulrichs, den der Deutschlandfunk am vergangenen Freitag in seiner Sendung “Kultur heute” ausstrahlte, fast untertreibend “süffisant und durchaus kritisch“, denn die Breitseite, die dort gegen die europäische Kulturpolitik im Allgemeinen und gegen Europeana im Besonderen gefeuert wird, erweist sich als denkbar drastische Polemik.

In der Tat kann man sich fragen, wie sinnvoll es ist, dass eine mit derart begrenzten Möglichkeiten – Müller-Ulrich nennt die Zahl von “lachhaften” 57 Millionen Euro als Kulturbudget der Europäischen Union – ausgestattete Institution ein derart ambitioniertes Unterfangen, wie es die proklamierte Idee von Europeana (“think culture”) darstellt, anzugehen.

Öffentliche Aufmerksamkeit mit möglichst geringem Aufwand, so der Beitrag, sei der zentrale Punkt des Projektes und das Internet allgemein eine billige Möglichkeit, dahingehend loszuhebeln, in dem man das, was es bereits gibt, in neuer Form anbietet. Die Webskepsis des Autors ist unübersehbar und entspricht einer negativen Lesart der oft rein affirmativ von der “Laptop-Bohème” bejubelten Remix-Kultur. Europeana erscheint ihm daher als ein ziemlich überflüssiges Zeitgeist-Projekt, dessen einzige Funktion es ist, die Fahne des Aktionismus gut sichtbar aufzuziehen:

“Europeana bietet nichts, was nicht schon anderswo im Netz vorhanden wäre. Es ist bloß eine Suchmaschine, eine Maske auf der Europäische Union draufsteht, damit man glaubt, die tun was.”

Wer den Pressemeldungsrummel darum herum zum Maßstab nimmt, kann tatsächlich zu dieser Einsicht gelangen. Dies liegt womöglich auch am Feuilleton selbst, das gern die Erwartungen unverhältnismäßig hoch setzt und alles, was die Ghostwriter von Manuel Barroso auf Wirksamkeit zuspitzen, noch einen Tick weiterdrehen. Das rhetorische Eigentor, das Denken und Kultur dort verspricht, wo sich Metadaten und weiterführende Links in BETA-Verknüpfung treffen, liegt aber weniger im Projekt, als darin, wie man es nach Außen aufplustert. Tragischerweise ist dieses Aufplustern hinsichtlich der Blase der Aufmerksamkeitsökonomie anscheinend notwendig, um überhaupt irgendwelche Mittel zu bekommen.

Auf der inhaltlichen Ebene bietet Europeana sicher wenig und schon gar nichts Neues, was die Welt umkrempeln kann. Eigentlich ist der vermutete Kulturgenuss und Gedankenaustausch kein solcher und auch nicht möglich, handelt es sich doch vorrangig um eine Datenbank. Ein kulturelles Erlebnis und Sinn konstruierend zu sein ist eben selten ein Charakteristikum derartiger Systeme. Wer so etwas sucht, sollte lieber Lettre abonnieren.

Europeana ist aber eigentlich – und darauf reduziert sollte man es vielleicht lesen und kommunizieren – ein technisches Projekt und kein kulturelles – welches diverse Objektrepräsentationen an einer Stelle zur Recherche zusammenführt. Es verwaltet und verknüpft Metadaten und welche Objekte am Ende dahinter stehen – ob Briefe Henry Millers oder Versicherungsdaten oder Sportresultate – ist in gewisser Weise austauschbar. Nur wäre eine Plattform zur Verwaltung von Dokumenten der Europäischen Fußballgeschichte inklusive Wettstatistiken womöglich nicht derart als förderungswürdig betracht worden, wie ein “Kultur. Denken.” Da liegen die ideellen Beurteilungskriterien nach dem Schock Google-Book-Schock – dem europäischen Sputnik-Schock der Nuller-Jahre dieses Jahrhunderts – durchaus im edlen Bereich, der Abgrenzen (nach Amerika) und Zusammenführen (in Europa) in Einem realisieren soll. Vermutlich aber – da ist die Skepsis Müller-Ulrichs sicher berechtigt – muss er in diesem Punkt schlicht scheitern. Zu mannigfaltig ist die Kultur der Mitgliedsländer, zugleich zu verwoben mit der globalen Populärkultur und zu abhängig von amerikanischen Werkzeugen und technischen Akteuren.

Würde man Europeana als Projekt zur Technologie-Entwicklung betrachten, die als Gegenstand einen Verbundkatalog von Digitalisaten kultureller Artefakte nimmt, damit sie einen konkreten Bezugspunkt hat, dann wäre es sicher noch immer recht unterfinanziert, aber in Bezug auf die Wirkungsmöglichkeiten realistisch eingegrenzt. Posaunt man aber den großen Weg zur europäischen Einheitskultur als Motiv in die Tagespresse ohne wenigstens die technische Stabilität hinsichtlich der erwarteten Zugriffe aus Neugier abzusichern, dann ist Eigentor eigentlich noch eine milde Umschreibung und PR-Desaster die treffende. Das (Radio)Feuilleton darf dann am Thema vorbei poltern und sagen, man hat es schon immer gewusst und es wird sowieso nichts, denn die Briten bringen ihren Harold Pinter nicht mit ein, die Franzosen aber ihren Claude Simon mit “allem was das Herz begehrt” und Kultur ist immer uneins, bei der Zeustochter mit der weiten Sicht.

> zur mp3-Datei des Beitrags beim Deutschlandfunk

Das Ende des Datenträgers: Nach Blu-ray kommt nur das Netz.

Integrating the Internet may be a matter of survival for Blu-ray, because the Internet is shaping up to be its biggest rival. More services are popping up that let people download high-definition movies and shows directly to their televisions and home computers.

Bei der diesjährigen Consumer Electronics Show in Las Vegas schwingt anscheinend zwischen den Messeständen verstärkt die Frage durch den Raum, inwieweit physische Datenträger (und auch Speichermedien) gleich welcher Art überhaupt zukünftig noch eine Rolle spielen. (vgl. New York Times)
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Großdruck für den Bildschirm: Die Informationsarchitektur überdenkt ihre Größenvorstellungen

Wenn man dem nach wie vor häufig ins Spiel gebrachten Argument “Niemand liest längere Texte am Bildschirm” auf den Grund gehen möchte, dann könnte man u.a. in Rückgriff auf Überlegungen aus dem Bereich der “Information Architecture” zu dem Schluss kommen, dass – da die Bildschirme kaum mehr flimmern – vorrangig schlicht “size matters”.

Physically 16pt is as big as 11pt in print.

Dies liest man – in angepasster Schriftgröße – hier: Relative readability. Dort wird obendrein auf den 100% Easy-2-Read Standard hingewiesen, den man immerhin dann, wenn man in der Gestaltung von Webangeboten aktiv ist, kurz mal überfliegen sollte. Die Web-Welt kippt deswegen sicher nicht aus den Fugen und man muss vielleicht auch nicht bei jedem Einzelpunkt begeistert seufzen, als ob man es nicht schon vorher wusste, aber Aspekte wie Textgröße und Whitespace scheinen mir gerade für die Aufbereitung von elektronischen Texten in HTML für die Darstellung im Browser nicht irrelevant. Und dass eine durchdachte Informationsaufbereitung für die Bildschirmdarstellung bislang nicht bei jeder fachrelevanten Webseite  neben der inhaltlichen Güte ein Leitkriterium darstellt, kann man mit erschreckend wenig Suchaufwand herausfinden.

Informationsvergesellschaftung und die Rolle der Bibliotheken

Libraries will continue to play many of the roles they have always played: circulation of materials in all formats; a place to learn how to find and use information; a “community center” for socialization, programs and exhibitions; and a place to get special services around English as a second language, job preparation skills, etc. Crucially, it will still be the only place for many people in the city where they will have free access to the Internet and skilled support to navigate it — in a world where more and more of their basic needs will be met through online services and facilities.
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e-only: Dissertationen an der Temple University

Philadelphias Temple University trennt sich im Dissertationsbereich konsequent von Papier- und Microformen und macht sämtliche entstehende Doktorarbeiten digital und wohl auch frei über ihre Digital Collection-Seite zugänglich:

Temple doctoral candidates are now able to complete all their work electronically, submit it for review in electronic format and have it permanently archived at the Library as a born-digital document. As part of this shift to all-digital disserations the Libraries will no longer add paper copies of Temple dissertations to the Library stacks nor will it collect dissertations on microfilm. The versions of the dissertations available through the Library’s Digital Collections website are the original and complete versions of the dissertation.

Weiteres in dieser offiziellen Meldung: Temple Libraries Completes Shift To E-Dissertations.

Gegen die Ablieferungspflicht. Die Financial Times über Deutschlands Blogger und die DNB

For someone writing under the name Robert Basic, it seemed too good to be true.

“My parents are never going to believe I’m going to be catalogued by the German national library,” the blogger wrote about the library’s plans to collect things German on the web to add to its century-old collection of the nation’s books.

Wer es gestern, so wie ich auch, versäumte, die internationale Ausgabe der Financial Times durchzublättern, dem ist sicher, so wie mir, die Kolumne von Gerrit Wiesmann zur Reaktion der deutschen Blogosphäre auf die Sammelpläne für Netzpublikationen der Deutschen Nationalbibliothek entgangen. Zum Glück gibt es online: Bloggers take German library to task. Am Ende wird nochmals klargestellt, dass momentan kein Blogger ein Zwangsgeld von €10,000 “($13,000, £8,500)” bei Nichtablieferung seiner Postings im PDF(A)-Format zu befürchten hat.

“Informationsweihnachten” von und mit Google

Peter Glaser sinniert heute im Feuilleton der Berliner Zeitung “über den schwierigen Übergang herkömmlicher Kulturformen in das digitale Zeitalter”. Die brandaktuelle Diskussion um die Europeana, die in diesem Kontext auch ganz gut gepasst hätte, findet dort jedoch keinerlei Erwähnung.

Nachtrag: Ich habe mal aus Jux, weil ich den Begriff so putzig finde, das vom Autor verwendete “Informationsweihnachten” gegooglet. Interessant dabei zu sehen, dass der Feuilletonartikel von Glaser auf diverse, schon länger zurückliegende, von ihm publizierte Blogeinträge (siehe beispielsweise hier und hier) mit großer inhaltlicher Schnittmenge zurückgeht.  Eine von vielen Fragen, die sich mir dabei stellt: Braucht man als Autor die Veröffentlichung in der “traditionellen” Zeitung dann doch um einen größeren Leserkreis / größere Aufmerksamkeit zu gewinnen oder was war die Motivation?

Sturm und Regen über Europeana (und kein Schirm)

Man muss deshalb nicht mäkeln. Die Europeana ist “work in progress”, was im Übrigen auch an einer inhaltlichen Unwucht deutlich wird. Hätte der permanente “server error” ihn nicht daran gehindert, der interessierte Surfer hätte bemerkt, dass die Kulturschätze Frankreichs in der Europeana deutlich überrepräsentiert sind. Ursache ist der unterschiedlich weit fortgeschrittene Digitalisierungsprozess. In Frankreich sind bereits 52 Prozent der Bibliotheks- und Museumsbestände digitalisiert worden, in Großbritannien und den Niederlanden sind es immerhin zehn Prozent. Deutschland hingegen hängt mit einer Digitalisierungsquote von nur einem Prozent beschämend weit zurück.

Nicht wirklich versöhnlich, aber immerhin sachlich im Vergleich zum in der Blogosphäre (und in mancher Liste, Presse, etc.) mitunter ins sehr Peinliche abgleitenden blindwütigen Draufeinprügeln, zeigt sich Wieland Freund heute in der WELT: Geschlossen unter dem Ansturm der Nutzer. Was Europeana eigentlich zu ihrem Start fehlte, war ganz offensichtlich eine Kommunikationsstrategie, die auch den eingetretenen Fall des Scheiterns im ersten Anlauf überzeugend und zeitnah vermittelt und so manche der niedersausenden Verbalkeulen abfedert. Ist der Server nicht verfügbar, ist natürlich die Enttäuschung groß und der Zug der allgemeinen Schelte bis Häme, auf den man allzu leicht aufspringen kann, setzt sich in Bewegung. Momentan sieht es ein bisschen danach aus, als ließe man ihn einfach rollen, in der Hoffnung, die Triebkraft erschöpfe sich nach und nach.
Der zweite Start Mitte Dezember wird allerdings umso kritischer beobachtet werden und es ist zu erwarten, dass dann nicht mehr die technischen Mängel den Antrieb zum Feuern geben, sondern sicherlich die vielen inhaltlichen Leerstellen und vermutlich auch, das deutet sich bereits jetzt sehr an, das Übergewicht an französischen Inhalten. Die berühmte Trias gelungener Aufführungen: Erwartungen wecken, Erwartungen erfüllen, Erwartungen übertreffen, krankt ein bisschen an einem Übergewicht im ersten und der Unmöglichkeit der Einlösung der beiden Folgepunkte. Europeana steckt also in dem Dilemma, dass es eine große Kamapgne fahren muss, um allgemeine Akzeptanz zu finden und die – nicht zuletzt im Vergleich zu den aktuellen Summen, die in der Öffentlichkeit für oft mehr oder weniger fragwürdige Rettungspakete hin und her geschubst werden – für den Anspruch, die europäische Kultur zu digitalisieren eher noch geringen Gelder zu legitimieren. Andererseits verzeiht die Öffentlichkeit hier keine Fehler. Zwischen diesen Klippen hindurchzumanövrieren ohne zuviele Federn zu lassen, erfordert schon eine große Souveränität. Im eingetretenen Worst Case hat man diese weitgehend vermisst.

Das Spiel ist aus (und langzeitarchiviert). Bei der Library of Congress.

This summer, for instance, a team member recorded the final minutes of EA-Land, previously known as The Sims Online. Before the game was discontinued by publisher Electronic Arts, players’ avatars came together onscreen while the participants poured out emotions in text bubbles (“i think it’ll hit me when it’s gone”).

In der aktuellen Ausgabe des Stanford Magazine findet sich ein kleiner Artikel zu den Aktivitäten des ‘Preserving Virtual Worlds‘-Projektes der Library of Congress, das sich mit der Archivierung von Videospielen und virtuellen Welten beschäftigt und für meine Generation, die im mittleren Schulalter die Novembersonntage mit Leisure Suit Larry und Monkey Island verbrachte und erst Jahre später Schönheit und Reiz eines Real- and First-Life (RaFL)-Spaziergangs durch einen leicht puderzuckrig verschneiten Wald zu schätzen begann, wenigstens unter dem Aspekt der Erinnerungskultur (“digitale Nostalgie”) interessant ist. Sicher gibt es auch noch tausend andere gute Gründe, diese Facetten menschlicher Kultur zu langzeitarchivieren: Saving Worlds.

Mehr zum NDIIPP (National Digital Information Infrastructure and Preservation Program) gibt es auch unter www.digitalpreservation.gov.

Digitale Bibliothek Europeana

In der heutigen Ausgabe der FAZ erklärt José Manuel Barroso, worum es bei der Digitalen Bibliothek Europeana geht und welchen Stellenwert sie für Europa hat.

Mit einem Mausklick zum kulturellen Erbe Europas (von José Manuel Barroso)
Im Altertum galt die Bibliothek von Alexandria, mit Zehntausenden von Einzelwerken, als Zentrum der Zivilisation – bis Krieg und Feuer sie und einen Großteil ihrer Schätze unwiederbringlich zerstörten. Am heutigen Tag kann Europa, dank einer Zeit historischen Friedens und nie dagewesenen Wohlstands, ein neues, umfassenderes und gegenüber den Zeitläufen robusteres Bibliotheksprojekt starten: Europeana.
Von heute an kann sich jeder „Websurfer“ unter auf eine virtuelle Reise durch Europas reichhaltiges Kulturerbe begeben – eine Reise hinweg über die Grenzen von Nation, Sprache und Zeit. Wer die „Gioconda“ sehen möchte, muss nicht vor dem Louvre Schlange stehen.
Das für das Europeana-Portal verantwortliche Team besteht gerade einmal aus 14 Personen, deren gemeinsames Büro so klein ist, dass es von der Königlichen Bibliothek der Niederlande in Den Haag beherbergt werden kann. Hinter Europeana stehen allerdings mehr als 1000 Bibliotheken, Museen und Archive, die das Rückgrat des Projektes bilden. Es sind diese nationalen Kultureinrichtungen, welche für die Bewahrung und Digitalisierung kultureller Werke verantwortlich sind. Die EU unterstützt diese nationalen Anstrengungen mit der Teilfinanzierung von Forschung über effizientere Digitalisierungstechnologien mit einem Forschungsetat von 120 Millionen Euro für die kommenden zwei Jahre.

Die Deutsche Nationalbibliothek, mit Speicherproblem für Netzpublikationen

Für den Sprecher der Bitkom gibt es zwei Kernfragen: „Wie sind die Intervalle definiert, in denen abgespeichert werden muss, und wird es eine Schnittstelle geben, über die die Daten gesendet werden?“ Für Brinkel ist das Vorgehen der Nationalbibliothek immer noch „Gestochere im Nebel“. Dass man keine konkreten Angaben machen könne, könne er nicht nachvollziehen.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung thematisiert heute das Problem der Pflichtablieferung von Netzpublikationen, das dem Inkrafttreten der Pflichtablieferungsverordnung in dieser Woche zu einem akuten wird. Derweil findet wohl hauptsächlich §8 Abs. 2 Anwendung:

“Die Bibliothek kann auf die Ablieferung verzichten, wenn technische Verfahren die Sammlung und Archivierung nicht oder nur mit beträchtlichem Aufwand erlauben.”

Entsprechend liest man dieser Tage auch auf der Startseite der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek muss Verfahren zur Sammlung von Netzpublikationen erst entwickeln. Zurzeit ist lediglich die einzelobjektbezogene Sammlung von Netzpublikationen mit Entsprechung zum Printbereich, z. B. E-Books, elektronische Zeitschriften, Hochschulprüfungsarbeiten und Digitalisate realisiert.

und merkt erneut, wie schwer es eigentlich ist, digitale Information in Strukturen zu sammeln, zu erschließen und vielleicht sogar verfügbar zu machen, die für Inhalte ohne physische Entsprechung überhaupt nicht geplant wurden. Die “digitale Bibliothek” und ihre Entwicklung bleibt in jedem Fall noch ein weites und ausdauernd zu bepflügendes Forschungsfeld…

“Europe’s Greatest Collections” und das Projekt dazu, vorgestellt in der Digitaz

Bereits online ist eine Demoversion von “Europeana”. Die Ehre, “Europe’s Greatest Collections” zu eröffnen, hat man Vincent van Gogh überlassen. Dessen Gemälde eines Paares ausgetretener Schuhe eröffnet die virtuelle Tour, dann geht es Schlag auf Schlag: Eiffelturm, Christopher Columbus, mittelalterliche Versepen. Alles ist anklickbar, viele Funktionen sind den Gepflogenheiten des Web 2.0 entnommen. Das Ganze wirkt weniger wie ein beschaulicher Museumsrundgang statt wie ein multimediales Lexikon, in dem Gegenstände, Epochen und Länder nur so durcheinanderwirbeln.

In der heutigen Ausgabe der taz wird Europeana – the European digital library, museum and archive – einen Monat vor dem offiziellen launch (am 20. November) schon einmal vorgestellt: Raus aus dem Bergwerk. Das Spannende an dem Projekt ist, dass neben der reinen Digitalisierung der Objekte auch ein Schwerpunkt auf der Entwicklung adäquater Erschließungsstrukturen liegt. Es soll also nicht nur digital zusammengehamstert und grob bibliografisch sowie im Volltext erschlossen werden, sondern vielmehr ist geplant, das, was man allgemein mit semantischen Technologien bezeichnet, im größeren Umfang zum Einsatz zu bringen. Eine erste Ahnung, wohin dies führen soll, kann man sich aus diesem PDF mit den Spezifikationen der Metadaten-Elemente holen. Insofern erscheint Europeana im Vergleich zu dem oft als Pendant genannten Google Books interessanter. Hinsichtlich der Masse dürfte das Benchmark aus Mountain View schon eine Herausforderung sein. In puncto Klasse kann man angesichts der Tatsache, dass der schlichte Google-Screen nach wie vor der Bedienästhetik der schmucklosen späten 1990er verhaftet bleibt und sicher nicht der Webgestaltung letztes Leitbild sein wird, durchaus ein Gegenstück schaffen, das mehr Tiefe und Komplexität bietet.

Fünf vor Zwölf

Hubert Spiegel ist in der FAZ vom Freitag unter dem Titel „Das Buch, das aus dem Äther kam“, eine lesenswerte Darstellung von Amazons elektronischem Lesegerät gelungen, in der er weniger das Objekt der Begierde als solches in den Mittelpunkt stellt, als vielmehr die Menschen, die, ob begehrend oder nicht, durch dessen Entwicklung auf die eine oder andere Art und Weise beeinflußt werden, nämlich Autoren, Verleger, Buchhändler und Leser. Wenn man den Kindle, analog zum iPod in Bezug auf Musik, als Missing Link zwischen digitalen Schriftprodukten und komfortablem und portablem Konsum betrachtet, dann zeichnet sich für die Buchbranche eine ähnliche Entwicklung ab wie für die Musikindustrie der vergangenen Jahre:

„ein Katastrophenszenario. Denn der Vertrieb der e-books findet ausschließlich im Internet statt, die stationären Buchhandlungen können daran nichts verdienen.“

Wie sehr die Vernetzung im Internet die Buchbranche beeinflussen kann hat Jeff Bezos, Gründer von Amazon, in den den vergangenen Jahren erfolgreich unter Beweis gestellt. Jetzt nutzt er gleichzeitig die Vorteile der Digitalität.

„Wohin man [aber] in diesen Tagen auch hört in der deutschen Verlagswelt […], überall klingt die Auskunft ganz ähnlich […]: Man habe gerade erst begonnen, sich mit der Sache zu befassen.“

Dabei sind die Leser schon viel weiter, sie konsumieren, was der Markt hergibt, und wenn nicht der Markt, dann doch die Tauschbörse:

„Die Schriftstellerin könne nur noch darüber entscheiden, ob sie ihren Lesern die Möglichkeit erlauben möchte, ein e-book […] auch auf „legalem Wege“ zu erlangen.“

Momentan schützt die gesicherte Leitung von Amazon Store über Amazon Kindle zu Amazon Kunde allerdings vor solch unerwünschten Eingriffen, auch von den durch den stationären Buchhandel wie gesagt oder eben durch Bibliotheken.

Lyoner Stadtbibliothek ist neuer Partner von GoogleBuchsuche

GoogleBuchsuche hat einen prominenten Partner mehr: Die Stadtbibliothek von Lyon ist die größte bibliothèque municipale Frankreichs und nach der Bibliothèque Nationale de France die zweitgrößte Bibliothek überhaupt. Am 11. Juli hat sie einen Vertrag mit Google unterschrieben, damit wenigstens ein Teilbestand der 450 000 Bücher digitalisiert werden kann.

Google Knol gestartet

Es muss nicht immer Wikipedia sein. Google startet seine neue Wissensdatenbank Knol, die ganz anders funktioniert: subjektiv statt objektiv, kommerziell, die Autoren bekommen sogar Geld. Zur Premiere gibt es interessante Einsichten – über verstopfte Toiletten zum Beispiel. (SpON)

Sieben Monate nach der Ankündigung ist Google Knol nun online gegangen. Im Unterschied zur Wikipedia, mit der das neue Online-Lexikon oft verglichen wird, sind die einzelnen Artikel klar als die Werke ihrer Autoren erkennbar – ähnlich wie bei wissenschaftlichen Arbeiten auch.

Desaster-Stimmung. Die FAZ betrachtet das Problem der Langzeitarchivierung digitaler Daten.

Man kann mühelos ein 300 Jahre altes Buch lesen, aber nicht mehr das 30 Jahre alte elektronische Manuskript auf einer 8-Zoll-Diskette.

Da kann man als E-Book-Fan natürlich entgegnen, dass ein Großteil der Bücher, die man sich heute auf den Kindle lädt, in 300 Jahren vielleicht überhaupt nicht mehr relevant sein dürften. Und für alles andere haben wir ja den Barbarastollen, in dem das Gedächtnis der Nation faßfrisch langzeiteingelagert wird.

Alle Anhänger des Mediums Buch klammern sich dagegen natürlich an den Strohhalm der vergleichsweise guten Beständigkeit und der Nutzungsmöglichkeit unabhängig von Akkulaufzeiten (tagsüber).
Der übliche Nachteil ist, dass man, wenn man in einem Alltag leben muss, in dem Datenmengen wie die des Buchbestandes der Library of Congress etwas mehr oder etwas weniger auch im Durchschnittshaushalt anfallen, für Aufbewahrung in Druckform auch entsprechend große Magazinbereiche bräuchte.  Das kann sich nicht jeder leisten. Eine oder zwei Terrabyte-Festplatten demnächst vermutlich schon.

Als problematisch bei der Mikroverfilmung digitaler Inhalte entpuppt sich obendrein folgendes:

Die Tücke digitaler Daten liegt darin, dass sich der Gehalt digitaler Dokumente nicht auf das reduzieren lässt, was man ausdrucken oder sich am Bildschirm anzeigen lassen kann. Man denke an multimediale oder interaktive Inhalte.

In Flash erstellte Inhalte sind damit wahrlich für den Moment. Saubere HTML- und XML-Strukturen kann man dagegen durchaus relativ stabil archivieren und migrieren.

Unter dem Gesichtspunkt der “Langzeitarchivierung”, also für die Ewigkeit, scheint der nicht allzu hyperstrukturierte, reine Text die optimale Form darzustellen. YouTube-Videos und Podcasts dagegen eher nicht. Dies sollte man bereits bei der Erstellung der Repräsentationsformen für Inhalte durchaus einmal im Hinterkopf beachten.

Aber vielleicht entwickelt sich in den nächsten Jahren auch etwas, womit heute noch niemand rechnet und das uns binnen kurzer Zeit über den Text von Michael Spehr gestern im Technik-Teil der Frankfurter Allgemeinen Zeitung so schmunzeln lässt, wie wir es heuer über Haushaltstipps im illustrierten Familienblatt “Die Gartenlaube” tun. Dieser Tage ist er allerdings noch ziemlich relevant: Das digitale Daten-Desaster.

Archiv und Erinnerung. Zwei Ergänzungen zu einer kurzen Diskussion.

My books, like my record sleeves, CD cases, and even, now, the bought tracks on my iPod, bear temporal and personal significance way beyond their content. The Penguin Classics, read and reread, are dog-eared and littered with the marginalia of my student and teaching days. The used guidebooks are bookmarked with tickets, restaurant cards and free maps from local tourist offices. And the cookery books not only list the ingredients but are spattered with them. I keep these books because they are memorable, or useful.

Louise Tucker beschreibt vielleicht etwas eher verständlich, was ich in dieser Diskussion zum Ausdruck bringen wollte: Why I still buy books.

Ein anderer Aspekt der Diskussion wurde von Katja Stopka jüngst in der WELT aufgegriffen:

Leuchtet dieses Pflichtabgabegesetz für elektronische Publikationen ohne weiteres ein, sind sie in der Regel wie ihre papierenen Verwandten abgeschlossene Werke und damit verhältnismäßig einfach archivierbar, sieht dies etwa für die sich täglich wandelnden Blogs schon ganz anders aus. Schließlich kann man von diesen liquiden Kommunikationsforen immer nur Momentaufnahmen archivieren. Die hingegen taugen kaum, der Nachwelt Sinn, Zweck und Erfolg von Weblogs zu vermitteln, geschweige denn deren Inhalte zu transportieren. Warum sie dann aber meldepflichtig machen?

Wie kann man Internet-Texte archivieren?