Elsevier oder lieber doch elsewhere? Was aus dem “Australian Journal of”-Skandal folgen könnte.

I am sure that these journals are edited by excellent colleagues and are contributed to by first-rate scholars, but I would not want to be associated with a journal published by Elsevier.

Etwas harsch ist die Reaktion, die man bei Open Access Anthropology lesen kann und die wohl auch andere Wissenschaftler teilen. Aber angesichts des – Achtung, schlechtes Wortspiel – merckwürdigen Mißgeschicks, das dem ohnehin aufgrund seiner Preispolitik nicht in jeder Bibliothek wohlgelittenen Wissenschaftsgroßverlags beim Australasian Journal of Bone and Joint Medicine und einigen anderen Titeln unterlief, ist sie durchaus nicht überraschend. Drastische Skandale wie diese können zwei Folgen haben: Entweder gelingt dem Verursacher eine glaubwürdige Aufarbeitung des Geschehens, aus der er geläutert (und eventuell sogar gestärkt) hervorgeht. Oder er trägt eine nachhaltige Schädigung seines Leumunds davon und diejenigen, die auf eine glaubwürdige Wissenschaftskommunikation angewiesen sind, suchen, wo es möglich ist, stärker nach weniger belasteten Alternativen. Die erste aufklärende Pressemeldung aus dem Hause Elsevier überzeugt nicht jeden:

Elsevier remains confident the ‘Australasian Journal of’ series is an isolated practice led by former employees in a local pharmaceutical services division. [...] None of these nine titles were primary research journals and should not have been called journals.

Das ganze Versagen früheren Mitarbeitern zuzuschreiben und obendrein kleinlaut einzuräumen, dass eine Zeitschrift, die man Journal nannte, keines war und nie hatte eins sein sollen, wirkt jedenfalls nicht übermäßig souverän. Auch mit wenig Einblick in die Organisationsstruktur global operierender Wissenschaftsverlage drängt sich durchaus die Vermutung auf, dass hier an irgendeiner Stelle die verlagsinterne Qualitätskontrolle versagte. Solch ein fauler Apfel im Obstkorb wirkt in gewisser Weise auf die Früchte nebenan und verstärkt im Falle Elsevier zusätzlich bestehende Antipathien. Was hier passiert ist, kann, so die Befürchtung und der Beigeschmack, auch bei anderen Titeln und in anderen Disziplinen geschehen. Nur ist das Interesse an einer Manipulation durch Dritte in der finanzstarken Medizin natürlich weitaus höher als eben z.B. in der Anthropologie und daher dort vergleichsweise unwahrscheinlich.  In den argumentativ und/oder auf Interpretation ausgerichteten Geisteswissenschaften bleibt sie ohnehin schwer vorstellbar. Insofern ist die eingangs zitierte Reaktion sachlich nicht in jedem Fall zwingend. Dennoch könnte aus einem solchen vom konkreten Geschehen aufs Allgemeine ausstrahlenden Vertrauensverlust folgen, dass sich Wissenschaftler etwas offener gegenüber Publikationsformen zeigen, die z.B. nicht vorrangig kommerziellen Anliegen folgen. Die Open Access-Bewegung dürfte dabei durchaus profitieren.

OA-Verfahren scheinen sich momentan in nicht wenigen Zusammenhängen zu etablieren. Wenn ein dominanter Akteur auf dem Publikationsmarkt sich selbst derart schädigt, dass Wissenschaftler lieber nicht mit ihm in Zusammenhang gebracht werden möchten, neigen sie eventuell stärker zur verfügbaren Alternative. Denn kommunizieren müssen sie und im Zweifelsfall hoffentlich dort, wo es ihnen eher im Einklang mit wissenschaftsethischen Grundprinzipien zu stehen scheint.

0 Responses to “Elsevier oder lieber doch elsewhere? Was aus dem “Australian Journal of”-Skandal folgen könnte.”


  1. No Comments

Leave a Reply

You must login to post a comment.