Archive for the 'google books' Category

Books are for use. Die NZZ betrachtet das Urheberrecht im Anschluss an die Frankfurter Tagung und wagt eine interessante These

Das angloamerikanische Copyright-Law und das kontinentale Urheberrecht unterscheiden sich massgeblich darin, dass das Copyright auf die Rechte der Verwerter abhebt, jedoch von den persönlichkeitsrechtlichen Belangen des Urhebers wenig weiss. Das Pathos der Rede vom «geistigen Eigentum», das die ideelle Beziehung zwischen Autor und Werk zu einer unveräusserlichen macht, ist dem US-Recht fremd. Dass es auch den Europäern fremder wird, daran arbeiten in Europa sowohl Internetpiraten wie auch «nutzerfreundliche» Richter, die erklären, von Diebstahl könne im Internet keine Rede sein, denn wer kopiere, nehme ja niemandem etwas weg.

Im Feuilleton der heutigen Ausgabe der Neuen Zürcher Zeitung erklärt Joachim Güntner im Anschluss an die Frankfurter Tagung von “Roland Reuss und seine[n] Kombattanten” [sic!] noch einmal, dass das Internet nun mal eine verschiedene Rechtsräume übergreifender Kommunikationssphäre ist. Zudem wertet er die Aussage der DFG, dass es keinen Publikationszwang gäbe, als Frucht der Proteste und hat damit in Bezug auf die Aussage selbst vielleicht sogar recht. Nur vom “Zurückrudern” der Deutschen Forschungsgemeinschaft kann man nicht wirklich sprechen, denn es lag gar kein Zwang vor. Auch nicht klar ist, ob er, wenn er etwas abwertend von “zu Copy-Shops mutierenden Bibliotheken” spricht, dies als Argument aus Frankfurt oder als allgemein wahrgenommene Entwicklung sieht.

Der wirklich interessante und bemerkenswerte Aspekt im Artikel ist aber die Vermutung, dass Google überhaupt nicht mit dem Ziel digitalisiert, in den Buchmarkt einzusteigen und es ihm mehr noch kaum um die konkreten Bücher und Buchinhalte selbst geht. Der Autor beruft sich vielmehr auf eine Aussage Auke Haagsmas von der ICOMP, mit dem er davon ausgeht, dass Google die Inhalte der Bücher als Korpus verwendet, um die Entwicklungen seiner “Semantic Web”-Funktionalitäten voranzutreiben:

Google füttere seine Server vor allem deshalb mit Weltliteratur, damit die Suchmaschine die Anfragen der Nutzer gleich übersetzen und ihnen dann Antworten aus vielen Sprachen der Welt liefern könne. Polyglott und zum komplexen Sinnverstehen fähig also soll die Maschine werden, Syntax und Semantik lernen für ihr Kerngeschäft, die Suchanfrage.

Wenn dies korrekt ist, dann würde die Bücher über Google Books ausschließlich als Bonus und Philantropie als Digitalisat angezeigt. Notwendig wäre es aber nicht und Google könnte sich entsprechend entspannt auch die Darstellung untersagen lassen, solange es nur weiter digitalisieren und all die Texte harvesten dürfte, die als Mittel zu einem höheren Zweck dienten. Was man wohl in Heidelberg zu der These sagen würde, dass die eigenen geistigen Leistungen schnöde zum Füttern einer digitalen Maschinerie dienen, der es gar nicht um die Inhalte geht, sondern darum, wie Zeichen und Zeichenketten miteinander in Beziehung stehen? Und was eine semantische Technologie wohl aus der Lyrik Paul Celans lernt? Im Resultat ständen jedenfalls noch ganz andere Celan-Provokationen.

Den Artikel der NZZ gibt es hier: Ist das Urheberrecht ein Papiertiger?

Über Widerstand, Fußabtreter und Respekt: Der Börsenverein hat nun eine eigene Urheberrechtserklärung

“Die deutschen Verleger, Buchhändler und Zwischenbuchhändler teilen die im “Heidelberger Appell” ausgedrückte ernste Sorge, dass der fortschreitende Verlust des Respekts vor geistigem Eigentum zu einer dramatischen Verschlechterung der Bedingungen für die Schöpfung und Verbreitung hochwertiger Bücher führen könnte. Sie unterstützen den Widerstand wissenschaftlicher und literarischer Autoren gegen politische Tendenzen, durch die mit dem geistigen Eigentum zugleich die Freiheit von Wissenschaft und Literatur mit den Füßen getreten wird. [...]“

Zum Ende der Buchtage 2009 erlässt der Börsenverein des Deutschen Buchhandels nun auch seine eigene Resolution zum Urheberrecht und spricht sich dagegen aus, “dass Beschränkungen des Urheberrechts und fehlgeleitete Open Access-Modelle unternehmerische Initiativen ersetzen und verdrängen.” Continue reading ‘Über Widerstand, Fußabtreter und Respekt: Der Börsenverein hat nun eine eigene Urheberrechtserklärung’

Nachts um zwei rettet Google das Semester: Eric Schmidt über den Zweck von Google Books

“What I think is great about books is that people just don’t go to libraries that much, but they are in front of the computer all day,” Mr. Schmidt said. “And now they have access. If you are sitting and trying to finish a term paper at 2 in the morning, Google Books saved your rear end. That is a really oh-my-God kind of change.”

Irgendwie wirkt der Ausdruck “term paper” in dem von Google CEO Eric Schmidt beschriebenen Zusammenhang ein wenig anachronistisch. Wie dem auch sei: die New York Times berichtet aus dem Googleplex in Mountain View und stellt die zentrale Frage der Webgesellschaft: How Good (or Not Evil) Is Google?
Eine eindeutige Antwort findet sie erwartungsgemäß nicht. Denn Google schlägt sich weniger mit moralischen Fragen als mit denen der Nützlichkeit herum. Insofern kontert Eric Schmidt so schlicht wie entwaffnend:

“[...] But the question is, how are we doing? Are our products working for you?”

Hugengoogle: Die Suchmaschine wird wohl bald zum E-Book-Händler

Man hat sich schon eine Weile ein wenig gefragt, wann denn Google den Hebel umlegt und direkt ins E-Book-Geschäft einsteigt. Nachdem die New Yorker Buchmesse BookExpo vorüber ist, kann man es allseits nachlesen: demnächst. Und: “This time we mean it.” – so der O-Ton von Tom Turvey, director of strategic partnerships bei Google. Eine Reihe von Verlagen begrüßen den Schritt, sehen sie doch die Möglichkeit, sich vom bisherigen Turnierplatzhirschen Amazon loszulösen und ein anderes – höheres – Pricing am E-Book-Horizont aufziehen. Im Gegensatz zum Amazons Kindle-System plant Google plattform- und geräteoffen:

Mr. Turvey said Google’s program would allow consumers to read books on any device with Internet access, including mobile phones, rather than being limited to dedicated reading devices like the Amazon Kindle. “We don’t believe that having a silo or a proprietary system is the way that e-books will go,” he said.

Mehr zum Thema in der New York Times: Preparing to Sell E-Books, Google Takes on Amazon

Der Heidelberger Appell wird zum Europa-Thema, dank des Kulturstaatsministers

Außerdem muss bedacht werden, dass Bücher, sonstige Kulturgüter und wissenschaftliche Daten abgesehen von der urheberrechtlichen Relevanz Teil der kulturellen Identität einer Nation und damit genuin öffentliche Güter sind. Deshalb ist es wichtig, dass die digitale Verfügungsgewalt über solche Bestände auf nationaler und europäischer Ebene auch in öffentlicher Verantwortung bleibt. Hier sollen unter anderem die Europäische Digitale Bibliothek – die so genannte Europeana – und die Deutsche Digitale Bibliothek helfen.

Gestern gab es eine Pressemitteilung mit der Stellungnahme des Kulturstaatsministers zum Heidelberger Appell, in der es aber vorwiegend um die Google-Facette des Aufrufs geht. Den anderen Streitpunkt – das Thema Open Access – erwähnt er nicht explizit. Man liest allerdings:

“Wir sind uns auf europäischer Ebene einig, dass mehr legale Online-Inhalte zur Verfügung gestellt werden müssen. Unser Anliegen ist es schon, dass kulturelle Inhalte einem möglichst breiten Publikum zugänglich gemacht werden sollten, aber dies muss im Rahmen des Urheberrechts geschehen

Sofern also das Open Access-Prinzip urheberrechtskonform angewendet wird, scheint man auf der kulturpolitischen Ebene kein Problem damit zu haben. “mehr legale Online-Inhalte” klingt sogar mehr wie eine Stärkung des Gedankens. Und der eingangs zititerte Wille nach “öffentlicher Verantwortung” verweist eigentlich recht klar auch auf die öffentlichen Institutionen “Universität” bzw. “Bibliothek”.

Ob am Ende vielleicht die öffentliche Position der Wissenschaftseinrichtungen mit ihren Open Access-Bestrebungen in der politischen Debatte als Gegenpol zum kommerziellen Großakteur Google herausdefiniert wird, lässt sich aus dieser Mitteilung noch nicht ableiten. Denkbar scheint es aber schon. Jedenfalls setzt Bernd Neumann die bisher eher national geführte Debatte zum Anfang der nächsten Woche auf die Agenda des europäischen Kulturministerrates.

Die ganze Pressemitteilung gibt es hier: Kulturstaatsminister will Thema „Google / Digitalisierung“ beim Kulturministerrat ansprechen.

“a little bit here, a little bit there”: Die Zukunft des Lesens und des Schreibens

In other words, an infinite bookstore at your fingertips is great news for book sales, and may be great news for the dissemination of knowledge, but not necessarily so great for that most finite of 21st-century resources: attention.

Im Technikteil des Wall Street Journal findet sich ein sehr lesenswertes Essay Steven Johnsons, in dem er ausgehend von seinen Kindle und Hypertexterfahrungen über die Veränderung des Schreibens und Lesens von Büchern reflektiert, die mit der Öffnung und Einbindung von Buchinhalten in digitale Netze einhergeht. Das Vorher – also die traditionelle Praxis der Lektüre -  ist die Vorstellung des Buches als geschlossener Wahrnehmungsraum:

Because they have been largely walled off from the world of hypertext, print books have remained a kind of game preserve for the endangered species of linear, deep-focus reading. Online, you can click happily from blog post to email thread to online New Yorker article — sampling, commenting and forwarding as you go. But when you sit down with an old-fashioned book in your hand, the medium works naturally against such distractions; it compels you to follow the thread, to stay engaged with a single narrative or argument.

Das Nachher ist ein von Spontankäufen (Amazon), Popularitätsrankings mit Textstellen als kleinster Einheit (Google) und Textsprüngen sowie einem Dauerdiskurs (Soziale Software) mit einer hohen Bedeutung von Zitationen (wiederum Google) gelenktes Leseverhalten:

Imagine every page of every book individually competing with every page of every other book that has ever been written, each of them commented on and indexed and ranked. The unity of the book will disperse into a multitude of pages and paragraphs vying for Google’s attention.

Man kann darüber, wie auch über andere Punkte selbstverständlich diskutieren und fragen, inwieweit es sich in solch einem Netz aus Passagen und Zitationen überhaupt noch anbietet, von “Büchern” zu sprechen, oder ob die Form “Buch” in Gestalt dessen, was aktuell noch erzeugt und zunehmend digitalisiert wird nicht als Form selbst verschwindet, während sich das fragmentarische, hypertextuelle und offene Schreiben zu einer eigenen, früher oder späteren dominierenden Medienform entwickelt, die auf die Bezeichnung “Buch” selbst als Metapher verzichtet. Gerade deshalb kann man den schönen Text aber einmal lesen und gerade die Folgen der Veränderung im Umgang mit dem, was man “Aufmerksamkeit” nennt, werden nicht nur Betriebspsychologen noch eine Weile beschäftigen: How the E-Book Will Change the Way We Read and Write.

(via New York Times’ Paper Cuts)

Auf dem Ap[p]ellplatz: Die Urheber rufen zur Rettung der Zukunft.

Es ist immer bedauerlich, wenn eine auf Viertel- und Halbwissen beruhende Rhetorik, die beispielsweise Google Books und Open Access pauschal in einen Topf wirft und zu einer Sache verquirlt, die Debatte dominiert. Das kann man jedoch noch ausblenden. Problematischer wird es aber, wenn das Ganze in Aktionismus umschlägt und zu einem Aufruf “für Publikationsfreiheit und die Wahrung der Urheberrechte” führt, der die Diskussion dann gleich durch eine Sturmlauf der Behauptungen überrennt und sowohl Freiheit wie auch Zukunft in akuter Gefahr wähnt:

Jeder Zwang, jede Nötigung zur Publikation in einer bestimmten Form ist [...] inakzeptabel …

Jeder, der publiziert wird dem zustimmen. Wenn die Freiheit von Literatur, Kunst und Wissenschaft Verfassungsgut aber  ist, dann ist sie ja auch durch die Verfassung geschützt. Wenn dieser Schutz nicht erfolgt, ist zweifellos die Politik am Zug. Aber muss man, weil ein Balken knirscht, gleich das ganze Haus niederbrennen wollen?

Scrollt man die Liste der Unterzeichner durch, die überwiegend aus dem Verlagswesen und den buchorientierten Wissenschaftskulturen stammen, merkt man, wohin das Dauerfeuer mit dem Mythos, die Verlage müssten von der Musikindustrie und deren Fehlern lernen, führt. Es ist kaum anzunehmen, dass Daniel Kehlmann zum Prince wird und sein nächstes Buch frei zum Download anbietet und dem Berliner Kurier beilegt. Dazu ist die kulturelle Distinktion der Branche, die jetzt die Barrikaden errichtet, schlicht zu hoch. Der weit verbreitete Irrtum, das Kapitel eines Buches sei einem Musiktitel gleich, erzeugt jedoch diskursiven Druck und mündet aktuell in einer unbestimmten Furcht bzw. darin, dass Autoren und Verlage ganz offensichtlich das Vertrauen in ihr Produkt und Lebensmittel – das gedruckte Buch – sowie in die Leserschaft und Kunden verloren haben.  Denn die Schlacht, die hier eigentlich geschlagen wird, ist die analog ausgerichteter Eliten, welche das Vertrauen in sich selber verlieren, gegen eine zukunftseuphorische Digitalkultur. Das die Welt ein besserer Ort ist, weil alle Bücher und Forschungsergebnisse permanent und überall online gelesen werden können ist eine genauso unsinnige Vorstellung, wie, dass ein starres Beharren auf dem Status Quo des Publikationswesens gegen die technischen Möglichkeiten rigoros zu verteidigen sei. Darum geht es auch nicht. Was wir beobachten, sind Verteilungskämpfe um Deutungs- und Markthoheiten, an deren Ende hoffentlich ein sinnvoller Kompromiß steht. Bedauerlicherweise verläuft sich der Diskurs zu oft in platter Ideologie und verzichtet auf das differenzierte Argument. Letztlich ist dies aber normal, wenn es an Distanz zur Sache und damit an Unterscheidungsvermögen mangelt.

“bereit, auf neuer Bahn den Äther zu durchdringen”? Kein bisschen, meint die FAZ, wenn sie an unsere Bibliotheken denkt.

Wie stehen die führenden deutschen Bibliotheken in diesem magischen Moment zum Digitalisierungsangriff durch Google? Handeln sie, solange es noch möglich ist, gute Bedingungen aus? Arbeiten sie an einem Gegenmodell? Kämpfen sie vielleicht gezielt gegen Google?

Der FAZ-Feuilletonist Oliver Jungen hat die Überlegungen Robert Darntons (vgl. hier) zum Anlass genommen, um das Thema heute für seine Zeitung noch einmal im großen Stil aufzurollen, abzuspulen und den deutschen Bibliotheken ordentlich ins Gesicht zu Fausten:

Nichts davon. Es herrscht vielmehr eine Gemütlichkeit vor, wie sie sich aus den Zeiten des Positivismus wohl einzig in deutschen Archiven erhalten hat.

Besonders schlecht tritt Milan Bulaty von der HU-Universitätsbibliothek aus der Kurzumfrage und ärgert sich heute bei der Lektüre vermutlich tüchtig, dem Journalisten, der ihn regelrecht vorführt, überhaupt geantwortet zu haben:

Milan Bulaty, der Direktor der Bibliothek der Berliner Humboldt-Universität, hält die ganze Digitalisierungseuphorie für übertrieben: „Als das Fax kam, dachte man ja auch, niemand schreibt mehr Briefe.“ Technisch sei ja ganz faszinierend, was Google da treibe, aber Bibliotheken werde es weiter geben, stellt er klar, obwohl das gar nicht die Frage war. Eine wirkliche Meinung zu den Google-Plänen hat er nicht: „Wir Bibliothekare sind konservativ, von Berufs wegen.“ Das soll wohl heißen, man macht weiter, wie man es immer gemacht hat, und guckt in zehn Jahren noch einmal aus dem Keller heraus.

Ansonsten stehen noch ein paar weitere deutsche Bibliotheksprominente vom Wolfenbütteler Direktor Helwig Schmidt-Glintzer bis zur Staatsbibliothekarin Barbara Schneider-Kempf mit ihren Meinungen zum Thema in den vier Spalten und da Oliver Jungen das ermittelte Meinungsbild nicht innovationsgeladen und offensiv genug gegen Google drängt, versucht er sich mit einem kulturpessimistischen Weckruf der Güteklasse 1 und schlägt im Abschlusssatz seines Artikels gleich dem ganzen Land vor den digitalen Latz:

Aber das ist nun mal der Lauf: In Deutschland fängt man niemals an. In Deutschland hört man auf.

Ob sich Milan Bulaty oder Barbara Schneider-Kempf darauf hin zu einer Haltung des “Jetzt zeigen wir’s ihm aber!” durchringen oder geduldig die andere Wange hinhalten, schlicht wissend, dass die Digitalisierung von Altbeständen nunmal nur einen Teil der Hefe im großen Kuchen digitaler Bibliotheksdienstleistungen beisteuert, bleibt abzuwarten. Sicher bereitet es Vergnügen, das Schreckensszenario der vom Google-Pudel leergeschossenen deutschen Kompaktmagazine so eloquent auszumalen, wie Oliver Jungen es vornimmt. Aber der FAZ-Feuilleton-Öffentlichkeit weismachen zu wollen, dass sich die deutsche Bibliothekslandschaft angesichts des “konzentrierten Digitalisierungsangriffs” aus Mountain View schändlicherweise lieber im Luftschutzkeller verkriecht, als zum Gegenangriff zu trompeten, vermutet Googles Zielscheibe doch ein wenig zu hoch gehängt und die deutschen Bibliotheken wohl mindestens ein Geschoß zu tief.

Den Artikel liest man auf der Frankfurter Allgemeine Webseite: Ein solcher Diener bringt Gefahr ins Haus

Jenseits der Aufklärung: Robert Darnton betrachtet Google Books

Unfortunately, Google’s commitment to provide free access to its database on one terminal in every public library is hedged with restrictions: readers will not be able to print out any copyrighted text without paying a fee to the copyright holders (though Google has offered to pay them at the outset); and a single terminal will hardly satisfy the demand in large libraries. But Google’s generosity will be a boon to the small-town, Carnegie-library readers, who will have access to more books than are currently available in the New York Public Library. Google can make the Enlightenment dream come true.

Allerdings nicht zwangsläufig. In der New York Review of Books wirft Robert Darnton einen skeptischen Blick auf Google Books und dem was in diesem Rahmen der zwischen Google und den anderen beteiligten Akteuren geschlossenen Vereinbarung steht.
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“Informationsweihnachten” von und mit Google

Peter Glaser sinniert heute im Feuilleton der Berliner Zeitung “über den schwierigen Übergang herkömmlicher Kulturformen in das digitale Zeitalter”. Die brandaktuelle Diskussion um die Europeana, die in diesem Kontext auch ganz gut gepasst hätte, findet dort jedoch keinerlei Erwähnung.

Nachtrag: Ich habe mal aus Jux, weil ich den Begriff so putzig finde, das vom Autor verwendete “Informationsweihnachten” gegooglet. Interessant dabei zu sehen, dass der Feuilletonartikel von Glaser auf diverse, schon länger zurückliegende, von ihm publizierte Blogeinträge (siehe beispielsweise hier und hier) mit großer inhaltlicher Schnittmenge zurückgeht.  Eine von vielen Fragen, die sich mir dabei stellt: Braucht man als Autor die Veröffentlichung in der “traditionellen” Zeitung dann doch um einen größeren Leserkreis / größere Aufmerksamkeit zu gewinnen oder was war die Motivation?

“Europe’s Greatest Collections” und das Projekt dazu, vorgestellt in der Digitaz

Bereits online ist eine Demoversion von “Europeana”. Die Ehre, “Europe’s Greatest Collections” zu eröffnen, hat man Vincent van Gogh überlassen. Dessen Gemälde eines Paares ausgetretener Schuhe eröffnet die virtuelle Tour, dann geht es Schlag auf Schlag: Eiffelturm, Christopher Columbus, mittelalterliche Versepen. Alles ist anklickbar, viele Funktionen sind den Gepflogenheiten des Web 2.0 entnommen. Das Ganze wirkt weniger wie ein beschaulicher Museumsrundgang statt wie ein multimediales Lexikon, in dem Gegenstände, Epochen und Länder nur so durcheinanderwirbeln.

In der heutigen Ausgabe der taz wird Europeana – the European digital library, museum and archive – einen Monat vor dem offiziellen launch (am 20. November) schon einmal vorgestellt: Raus aus dem Bergwerk. Das Spannende an dem Projekt ist, dass neben der reinen Digitalisierung der Objekte auch ein Schwerpunkt auf der Entwicklung adäquater Erschließungsstrukturen liegt. Es soll also nicht nur digital zusammengehamstert und grob bibliografisch sowie im Volltext erschlossen werden, sondern vielmehr ist geplant, das, was man allgemein mit semantischen Technologien bezeichnet, im größeren Umfang zum Einsatz zu bringen. Eine erste Ahnung, wohin dies führen soll, kann man sich aus diesem PDF mit den Spezifikationen der Metadaten-Elemente holen. Insofern erscheint Europeana im Vergleich zu dem oft als Pendant genannten Google Books interessanter. Hinsichtlich der Masse dürfte das Benchmark aus Mountain View schon eine Herausforderung sein. In puncto Klasse kann man angesichts der Tatsache, dass der schlichte Google-Screen nach wie vor der Bedienästhetik der schmucklosen späten 1990er verhaftet bleibt und sicher nicht der Webgestaltung letztes Leitbild sein wird, durchaus ein Gegenstück schaffen, das mehr Tiefe und Komplexität bietet.

Nach den Büchern scannt man die Presse, bei Google

Google has begun scanning microfilm from some newspapers’ historic archives to make them searchable online, first through Google News and eventually on the papers’ own Web sites, the company said Monday.

Meldet die New York Times: Google to Digitize Newspaper Archives

“It’s monotonous”- wie man in Michigan für Google scannt.

In a dimly lit back room on the second level of the University of Michigan library‘s book-shelving department, Courtney Mitchel helped a giant desktop machine digest a rare, centuries-old Bible.

Mitchel is among hundreds of librarians from Minnesota to England making digital versions of the most fragile of the books to be included in Google Inc.‘s Book Search, a portal that will eventually lead users to all the estimated 50 million to 100 million books in the world.

In einem kleinen AP-Report erhalten wir einen kleinen Einblick in den Workflow, mit dem man in Ann Arbor/Michigan Bestände für Google Books digitalisiert. Die Software kommt übrigens von Zeutschel aus Tübingen und heißt Omniscan – für alle, die sich schon auf die Firmenpräsentationen beim Bibliothekartag vorbereiten. Mehr im AP-Bericht: Scanning world’s every book means turning many, many pages

Bücher auf Abruf und digital, in der Frankfurter Rundschau

Vierzig Scanaufträge hatte die Bibliothek in Berlin im Februar und März, “doppelt so viele könnten wir im Monat technisch leisten, dafür brauchen wir aber mehr Personal”, sagt Patricia Fechner. Das EU-Projekt soll zwar Ende Juni auslaufen, doch das Interesse an den Produkten sei groß, “die Nachfrage steigt. Nicht nur Wissenschaftler melden sich bei uns, auch Menschen, die einfach spezielle Interessen haben. Wir wollen das Projekt deshalb irgendwie erhalten”.

Die Frankfurter Rundschau berichtet heute ziemlich ausführlich über das Ebooks on demand-Projekt, bzw. den Trend, Bibliotheksbücher zu digitalisieren und staunt noch einmal:

Wissenschaftler können, ohne ihren Arbeitsplatz zu verlassen, in Büchern stöbern, die normalerweise in Bibliotheken auf anderen Kontinenten stehen.

Wer hätte das gedacht. Mehr hier: Wissen für alle

In der Handtasche eine Bibliothek – die personalisierbare “Online-Bibliothek”

Elektronisches Buch: Lesen im Magersuchtzeitalter

http://www.diepresse.com/home/techscience/internet/329359/index.do

12.09.2007 | 10:46 | ANNE-CATHERINE SIMON (Die Presse)

Pläne von Amazon und Google könnten Durchbruch bringen.

http://www.diepresse.com/home/techscience/internet/329359/index.do

Ich weiß nicht, ob diese “Neuigkeiten” bereits gebloggt wurden, mir scheint das aber nicht der Fall zu sein…
..Im Oktober, berichtet die „New York Times“, will der US-amerikanische Internet-Händler ein neues elektronisches Lesegerät präsentieren. Ebenfalls im Herbst soll der Zeitung zufolge ein weiterer Schritt weiter zum elektronischen Lesen erfolgen: Google wird demnach ein Bezahlservice für das Herunterladen von Büchern am Computer anbieten..
..die rund 300 bis 360Euro, die es kosten soll, werden sich viele gefallen lassen, können sie auf dem Gerät doch eine ganze Bibliothek mit sich herumtragen, außerdem beim Lesen auf der eingebauten Tastatur Notizen machen und vieles mehr. Der wesentliche Unterschied aber zu den jüngsten Vorgängermodellen des E-Buchs, wie dem „Sony Reader“, der seit 2006 auf dem Markt ist: Man braucht keinen Computer mehr, um aufs Internet zuzugreifen

Welche Rolle käme dann den Bibliotheken zu bzw. würden ihre Bestände bei der gegenwärtigen herkömlichen Bibliothekspolitik weniger genutzt werden? Wird der Leser der Zukunft sehr wohl ein papierloses Buch vorziehen?
Interessant wäre noch zu erfahren, wieviel % der Menschen eine Online-Bibliothek gegenüber einer herkömlichen vorziehen würden, falls der Preis für “die Online-Bibliothek” weiter sinken sollte.

..”Die Entwicklungen im Internet und auf dem Buchmarkt deuten aber viel eher darauf hin, dass in der Leserbrust sehr wohl zwei Seelen wohnen können und sich die Vorliebe für die üppige Körperlichkeit von Romanschwarten oder die intime Schludrigkeit oft gelesener Lieblingstaschenbücher durchaus mit der Begeisterung für elektronisches Lesen verträgt”
..”Aber jetzt könnte das herbstliche Zündeln am Papierbuch, das sich bei Amazon.com und Google offenbar vorbereitet, wirklich zum Durchbruch führen.”

Ich wäre sehr daran interessiert, wenn jemand mir neue noch aktuellere Infos zu dieser aktuellen Entwicklung liefern könnte.

Nur ein “motley emblem”? Paul Duguid setzt sich mit Google Books auseinander.

Was viele, die sich einmal ausführlicher in den Digitalisaten von Google-Books umgesehen haben, als Erfahrungswert verbuchen konnten, untersuchte Paul Duguid, Co-Autor von The Social Life of Information, jetzt am Beispiel von Lawrence Sterns Tristram Shandy unter legte seine Erkenntnis in First Monday dar: Das perfekte Digitalisat ist hier ganz offensichtlich noch nicht gegeben. Inheritance and loss. A brief survey of Google Books

(via medinfo)

Lausanne: 14. Google-Buchprojekt-Partner

Wie der @-web-Newsletter Nr. 202 meldet, hat Google für sein Buchprojekt einen neuen Partner:

Die Universität von Lausanne ist der 14. Partner der Google Buchsuche. Besonders stolz ist Google auf diese Partnerschaft weil zigtausende französischsprachige Bücher ihren Weg in die Google
Buchsuche finden…

Google sucht den Bibliothekar.

As the Google Book Search project grows and more libraries sign on to participate, the need for good, comprehensive collection analysis becomes ever more pressing. We’re looking for a stellar collections person who will thrive in the controlled chaos that is Google, someone who will not only dive deeply into the collections we’ve scanned to date, but help us as we develop new library relationships with the goal of digitizing the world’s books.

Wer würde sich hier nicht gern bewerben. Allerdings beachte man folgene Einstellungsbedingung: “BS degree in Computer Science, Mathematics or equivalent technical.”

Hauptsache brauchbar, Googles Inhalte und die Verlage

Ernster ist der zweite Einwand. Google will möglichst alles digitalisieren und frei zugänglich machen. Die Schranke Urheberrecht wird immer mehr unter Druck geraten. Irgendwann werden wir alle Bücher, auch die neuen, am Schirm haben wollen. Neben die Aufweichung des Urheberrechts tritt dann die Entwertung der Inhalte: Irgendeinen brauchbaren Inhalt finde ich im Netz immer, warum soll ich dann den nehmen, den ich aufwändig und kostenintensiv von einem Verlag erwerben muss?

Peter Michalzik beschäftigt sich heute in der Frankfurter Rundschau mit Thema Google Books, wobei sein Beitrag lustigerweise in Ermangelung einer adäquaten Illustration von der Redaktion einen Google-Screenshot beigefügt bekam. Eine zuweilen befüchtete Amerikanisierung kann der Autor nicht erkennen, allerdings grundsätzliche Folgen für das Verlagswesen. Dabei wird vergessen, dass sich einerseits natürlich auch das Verlagswesen verändern kann und muss und vielleicht auch in der Netztextwelt neuartige Geschäftsmodelle entwickeln kann – Teile der Musikindustrie sind da mittlerweile ganz gut dabei – und andererseits, dass das Leseverhalten am Schirm und am Blatt vermutlich noch auf längere Sicht ganz unterschiedlich erfolgt. So ist es kein unwahrscheinliches Szenario, dass man sich gerade dann die materialisierte Version eines digitalen Textes vom Verlag holt, nachdem man in der digitalen Version feststellen konnte, wie interessant dieser ist. Ich jedenfalls mache das dauernd (beinahe zu oft…). Zudem reduzieren die einschlägigen Internetbuchhandlungen den “Aufwand” schon ganz gut und liefern manchmal schneller, als die Buchhandlung an der Ecke es mit bestellten Titeln schafft. Was die “Kostenintensität” angeht sind wir in Deutschland zwar auch bei Taschenbüchern auf einem ziemlich hohen Niveau, dies dafür aber auch in Hinblick auf die Fertigungs- und Papierqualität im Vergleich zu den selten nennenswert billigeren Paperbacks aus dem englischsprachigen Buchmarkt. Ich gehe davon aus, dass bewusste Leser diese Qualität zu schätzen wissen.

Zum Online-Inhalt der FR: Verführerische Verfügbarkeit

Noch einmal zur Liason GoogleBooks-BSB.

Publisher partners: Over 10,000 from around the world
Library partners: 13 today
Books in the index: Over a million
Book Search interfaces: 9 (English, French, Italian, German, Spanish, Dutch, Portuguese, and Simplified and Traditional Chinese)
Number of books that mention my last name: 898

Bücher mit meinem Nachnamen – bei solch einem selbstbezüglichen Unsinn muss ich natürlich einfach mitgooglen – gibt es momentan 1556 und da die BSB jetzt mitscannt, werden es wohl bald noch viel mehr sein. Zu meinem Lieblingstitel ist sofort der Treffer Nummer 1 avanciert: The Baths of St. Moritz: The leading health resort of the upper Engadine. von Woldemar Kaden, dass es leider nur im Snippet View gibt, der nicht einmal das Titelblatt lesbar liefert. Vom selben Autor stammt übrigens auch das Werk “Die Insel Ischia in Natur-, Sitten- und Geschichts-Bildern aus der Vergangenheit.” aus dem Jahr 1883, welches noch nicht bei Google-Books erfasst ist, dies aber, das es im Bestand der Bayerischen Staatsbibliothek befindlich ist (Signatur Ital. 237 fh), vermutlich bald sein wird und dann, so hoffe ich, mit mehr als nur ein paar Ausrissen in der Anzeige.