Die andere Bibliothek. Hans Magnus Enzensberger nimmt sich den Kindle vor.
Wehklagen über den Stand der Dinge wäre vergeblich. Dennoch erlauben wir uns zum Schluss, ein paar Kleinigkeiten zu erwähnen. Als Betriebssystem ist das Buch schwer zu toppen. Es braucht keine Batterie und keine Antenne. Man kann darin blättern, man kann es verschenken oder wegschmeißen. Es ist auf keinen Monopolisten angewiesen. Sein Betriebssystem hält sich seit Jahrhunderten; es veraltet nicht innerhalb von zehn Jahren. Bücher kann man anfassen. Sie liegen angenehm in der Hand. Wir bitten um Nachsicht für Leser, die das lässiger finden als eine Plastikschachtel.
Jetzt durfte auch noch Hans Magnus Enzensberger für einen Kindle-Test in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung an die Kiste und so langsam will man auch mal wieder etwas anderes über die Buchmesse lesen: Die Wundertüte aus Seattle. Und schreiben (sofern edublogs.org wieder online ist). Ich gelobe Besserung.
Etwas zum Länderschwerpunkt hört man z.B. gerade auf SWR1 in einem schönen Report zu Murathan Mungan und wer nicht spontan zuschalten kann, findet beim Deutschlandradio auch einiges im Archiv. Zum Beispiel dieses.
klage eines alt-68er:
wir sind es doch, die zu bedauern sind!
müssen wir nicht ernsthaft damit rechnen
dass unsere rente gekürzt wird
die häuser an wert verlieren
dieses jahr ein urlaub ausfällt und
unser montagabend beim italiener?
wir müssen doch sterben im hohen alter!
in altersheimen, die wir bauten für
andere, von kindern fremder gepflegt
an krankheiten, die nachfolgende sich nicht
werden leisten können!
waren wir es nicht, die anklagten?
den finger ehoben gegen unsere eltern
die weltkriege angeführt und ganze
kontinente ausgebeutet hatten und von deren
geld wir heute noch leben?
hatten wir nicht immer frieden
gefordert? und müssen jetzt unsre memoiren
selber würdigen, die demontage jeder autorität
denn unsere kinder, denen wir die zukunft
durch nicht-zeugung ersparen wollten –
achten uns nicht.
aber das schlimmste: wir
die wir oberfläche als letzte wahrheit und sonst
nichts geliebt, nichts ersehnt, nichts erlitten
was über Solidarität mit Nicaragua! hinausgeht
und erregte debatten am kamin – wir
müssen jetzt sterben wie Hiob, lebenssatt
von belanglosigkeiten
nicht wert einer fußnote im umschwung
der zeitalter.