IBI-Weblog » Öffentliche Bibliotheken http://weblog.ib.hu-berlin.de Weblog am Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin Wed, 28 Jun 2017 08:24:09 +0000 en hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.0.4 Occupy und Bibliotheken. Zu einem Beitrag Mark Greifs in der heutigen Ausgabe der Süddeutschen Zeitung. http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=9218/index.html http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=9218/index.html#comments Wed, 04 Jan 2012 17:19:46 +0000 Ben http://weblog.ib.hu-berlin.de/?p=9218 Wer heute das Feuilleton der Süddeutschen Zeitung aufschlug, hat es vielleicht bemerkt: Mark Greif, laut SZ „einer der wichtigsten jüngeren Essayisten Amerikas“ hat seinem doppelspaltigen Artikel über die Occupy-Bewegung ein kleines wunderbares Loblieb auf die öffentliche Bibliothek als Institution und Symbol des Gemeinsinns eingeschriebem. (Mark Greif: Eine uralte Sehnsucht. In: Süddeutsche Zeitung, Nr. 3/04.01.2012, S. [...]]]>

Wer heute das Feuilleton der Süddeutschen Zeitung aufschlug, hat es vielleicht bemerkt: Mark Greif, laut SZ „einer der wichtigsten jüngeren Essayisten Amerikas“ hat seinem doppelspaltigen Artikel über die Occupy-Bewegung ein kleines wunderbares Loblieb auf die öffentliche Bibliothek als Institution und Symbol des Gemeinsinns eingeschriebem. (Mark Greif: Eine uralte Sehnsucht. In: Süddeutsche Zeitung, Nr. 3/04.01.2012, S. 11) Ein bedrohtes Symbol übrigens, wie die polizeiliche Aussonderungs- und Auflösungsaktion an der Occupy-Bibliothek im Zuccotti Park nur noch einmal mit dem Vorschlaghammer vorführte. Die Occupy-Camps erscheinen Mark Greif als Reanimation des ur-amerikanischen Formats der Zivilgesellschaft: Das Gemeinwesen einer Kleinstadt „mit ihrem Postamt, ihrer städtischen Bücherei, dem Speiselokal – jenen Orten, an denen sich die Bürger der Stadt in einem informellen Rahmen begegnen konnten.“ Der Bestand dieser Bibliotheken ist tatsächlich Medium, nämlich der Vermittlungsgrund auf dem das kommunikative Zusammentreffen, aus dem sich Öffentlichkeit in ihrem politischen Sinne ergibt, entsteht.

Die Räumungsaktion der Bibliothek im Zuccotti-Park ist für Mark Greif gleichermaßen ein Symbol für die Auflösung der Institution Public Library in den USA allgemein:

„Die Bibliothek von Zuccotti Park ist in derseben Weise in den Müll gewandert, wie auch andere Bibliotheken in den USA verschwinden. Bibliotheken, deren Buchbestände aufgelöst werden, um jene „Technikzentren“ zu errichten, die man aufsucht, um auf Facebook und eBay zu gehen und das Netz nach Steuertipps und Pornographie zu durchstöbern – so wie das andere Bürger in den eigenen vier Wänden tun; und Bibliotheken, die man deshalb schließt, weil man sie bei der städtischen Budgetplanung nicht mehr berücksichtigt hat.“

Abgesehen von der etwas sehr moralisierenden Spitze auf das konkrete Nutzerverhalten, tritt in diesem Zitat deutlich ein Strukturwandel in der Bibliotheks- und Medienöffentlichkeit zu Tage, der – bisher abgeschwächt – auch in der Bundesrepublik spürbar ist. Dieser nimmt der in der Kombination von digitalen Rückkanalmedien und Ökonomisierung tatsächlich öffentliche Institutionen – Mark Greif erwähnt auch noch die US Post, der so langsam das Verhältnis von infrastrukturellem Aufwand zu Bilanz entgleitet und für die es rührende Rettungsaktionen gibt – zunehmend von der Bildfläche und bevorzugt bestimmte Lebensstilgruppen gegenüber anderen. Dass diese neben höherer Bildung (also idealerweise höherem Einkommen) auch eine größerer Affinität zu bestimmten Erlebnisformen und besonders zum Konsum allgemein aufweisen, liegt in der Natur der Sache.

Denn hinter dieser Entwicklung steckt in gewisser Weise die umfassende Entfaltung kapitalistischer Prinzipien in unser post-traditionellen Sozialsphäre: Mediennutzung und Kommunikation werden privatisiert und in dieser privaten Variante zugleich massiv in ehemals oder noch öffentliche Räume getragen. Digitale Medien tragen zweifellos auch zur Erhöhung von Teilhabechancen bei. Das internetfähige Smartphone ermöglicht es aber auch, in eine Allgegenwart des Geldausgebens zu tauchen. Die digitale Revolution liegt immer auch in den Händen von den Vodafone, Facebook und Apple. Die dominanten Strukturen und Akteure lassen bestimmte Spielräume zu, bauen zugleich jedoch auf die Erzeugung von Abhängigkeiten. Die Instrumente des Personal Branding, der Selbstvermarktung in den Sozialen Netzwerken von XING bis Twitter, totalisieren den Wettbewerb gegenüber der Gemeinschaft. Ein Facebook-Profil und -Netzwerk sind Anlagen des persönlichen (sozialen) Humankapitals und in den AGBs stecken die Spielregeln für Teilhabe an der digitalen Weltgemeinschaft so wie im BGB die für das nationale Miteinander.

Der Buchbestand einer kommunalen Bibliothek lässt sich nicht zuletzt als manifestes gemeinschaftliches Vermögen auch in der Bedeutung potentiellen Orientierungs- und Handlungswissens verstehen. Die digitalen Kommunikationen und Zugriffe auf Medienschnipsel sind dagegen unüberschaubar virtuell, permanent in Veränderung und hinterlassen in jeder Browserverlaufsgeschichte andere Spuren. In der konkreten Nutzung mag der Unterschied gar nicht mal so gravierend sein. Auf der symbolischen Ebene ist es jedoch eine gewaltige Verschiebung. Und das nicht nur, weil in digitalen Netzen jeder Zugriff protokolliert, bewertet und bei Bedarf abgerechnet werden kann.

Das Ersetzen des Eigenwertes der öffentlichen Bibliothek als Baustein der Gemeinschaft durch den Erwartungshorizont der Kosten-Leistungsrechung und Budgetierung führt schließlich bisweilen dazu, dass man sie als obsolet aus den kommunalen Finanzplanungen, die eben weitgehend vordergründig berechenbare Werte heranziehen, einfach streicht. Dadurch aber, dass man dabei eben nicht nur eine städtische Luxusausgabe reduziert, sondern ein grundlegendes Symbol von Gemeinschaft löscht, stützt man bestimmte gesellschaftliche Tendenzen, gegen die sich unter anderem die Occupy-Bewegung ausspricht. Der Stadtkämmerer berücksichtigt diese Dimension naturgemäß in den seltensten Fällen. Er freut sich seiner professionellen Spezialisierung entsprechend, wenn er Kosten externalisieren oder verringern kann. Im Sinne eines sozialen Ausgleichs ist jede Schließung einer Bibliothek aber ein deutliches politisches Signal gegen die Gemeinschaft. Das Verschwinden öffentlicher Räume, von denen öffentliche Bibliotheken eine Variante sind, steht immer auch für das Verschwinden einer Alternative zum rein Ökonomischen. Nach der Erosion von Tradition und Glauben bleibt uns dahingehend nicht mehr viel. Die Occupy-Bewegung in den USA versucht sich nun einen solchen Raum zurückzuerschließen und – so Mark Greif – an die Idee der Demokratie in Amerika wieder ernsthaft anzuschließen. „Aber kann [...] das“, so der Essayist, „überhaupt gelingen ohne unsere Bibliothek, ohne die Bücher, die wir liebgewonnen haben und die unsere Spuren tragen, ohne einen Ort, an dem wir Fremde treffen können, die dieselbe Idee von Amerika haben wie wir, ohne den Anspruch auf ein kleines Fleckchen Land, kurz: ohne unseren Park?“

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Die Schließung öffentlicher Bibliotheken ist rechtswidrig, in England http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=9175/index.html http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=9175/index.html#comments Thu, 17 Nov 2011 19:08:33 +0000 Ben http://weblog.ib.hu-berlin.de/?p=9175 Aus Großbritannien erreichen uns heute erfreuliche Nachrichten. Dort entschied nämlich gestern der High Court of Justice, immerhin das höchste Zivilgericht für England und Wales, dass die Schließung kommunaler Bibliotheken unzulässig sei, da sie gegen den Grundsatz der Gleichberechtigung verstoße: “Judge Martin McKenna ruled that, as the closures would hurt disadvantaged groups such as the elderly [...]]]>

Aus Großbritannien erreichen uns heute erfreuliche Nachrichten. Dort entschied nämlich gestern der High Court of Justice, immerhin das höchste Zivilgericht für England und Wales, dass die Schließung kommunaler Bibliotheken unzulässig sei, da sie gegen den Grundsatz der Gleichberechtigung verstoße:

“Judge Martin McKenna ruled that, as the closures would hurt disadvantaged groups such as the elderly and the disabled, which is contrary to the conditions laid down in equalities legislation, the councils would just have to scrap their plans and think again. And he also made it crystal clear – as he quashed the closure decisions and told the councils to pay campaigners’ legal costs – that he was sending a message to other local authorities intent on restructuring their library services.”

Der Guardian kommentiert die Entscheidung für das öffentliche Bibliothekswesen nicht ohne Sympathie:  Campaign against library closures has scored a vital victory.

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Dominic hat Bibliotheksverbot. Warum? Colbert Nation kennt die Antwort. http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=7334/index.html http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=7334/index.html#comments Wed, 29 Jul 2009 16:52:37 +0000 Ben http://weblog.ib.hu-berlin.de/?p=7334 “And now I hate them because they kicked me out.” Stephen Colbert präsentiert in seiner Colbert Nation die traurige Geschichte eines kleinen Junge, der auf einer Summer Reading Party einer öffentlichen Bibliothek in Nazareth, Pennsylvania mit mit einer Tröte marschierte und damit fotografiert in die lokale Zeitung kam. Leider wohnt er aber im Nachbarort Tatamy, [...]]]>

“And now I hate them because they kicked me out.”

Stephen Colbert präsentiert in seiner Colbert Nation die traurige Geschichte eines kleinen Junge, der auf einer Summer Reading Party einer öffentlichen Bibliothek in Nazareth, Pennsylvania mit mit einer Tröte marschierte und damit fotografiert in die lokale Zeitung kam. Leider wohnt er aber im Nachbarort Tatamy, das einem anderen Verwaltungsbezirk angehört und daher die Memorial Library of Nazareth and Vincinity nicht unterstützt. Aus diesem Grund wurde ihm die Benutzung der Bibliothek umgehend untersagt. “It can be very very confusing.” In der Tat. Und für Colbert Nation ist diese Bibliotheksgeschichte aus Schilda, Pennsylvania natürlich ein willkommenes Thema.

The Colbert Report Mon – Thurs 11:30pm / 10:30c
Nailed ‘Em – Library Crime
www.colbertnation.com
Colbert Report Full Episodes Political Humor Tasers
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http://weblog.ib.hu-berlin.de/?feed=rss2&p=7334 0
Zuflucht Bibliothek, in den USA http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=7309/index.html http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=7309/index.html#comments Thu, 16 Jul 2009 11:16:25 +0000 Ben http://weblog.ib.hu-berlin.de/?p=7309 Wir alle loben und preisen ja gerne unsere Bibliotheken und ihre unverzichtbare Arbeit im Sinne der Bildung. Andernorts leisten Bibliotheken aber noch ganz andere Dienste – als Zufluchtsorte für diejenigen, denen gar nichts mehr geblieben ist. schreibt Holger Ehling heute im Auslands-Blog des Börsenblatts und berichtet am Beispiel Messerstecherei zwischen zwei Obdachlosen in Arlington Heights [...]]]>

Wir alle loben und preisen ja gerne unsere Bibliotheken und ihre unverzichtbare Arbeit im Sinne der Bildung. Andernorts leisten Bibliotheken aber noch ganz andere Dienste – als Zufluchtsorte für diejenigen, denen gar nichts mehr geblieben ist.

schreibt Holger Ehling heute im Auslands-Blog des Börsenblatts und berichtet am Beispiel Messerstecherei zwischen zwei Obdachlosen in Arlington Heights im letzten Winter darüber, dass die Themen Gefahrensituationen in Bibliotheken (hier eine deutsche Website zum Thema) und Soziale Bibliotheksarbeit in anderen Teilen der Welt weitaus präsenter sind als hierzulande:  Bibliotheken als Zuflucht

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“I believe in libraries”: Ray Bradbury über Bibliotheken und das Internet http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=7189/index.html http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=7189/index.html#comments Wed, 24 Jun 2009 07:30:55 +0000 Ben http://weblog.ib.hu-berlin.de/?p=7189 This is a lucky thing for the Ventura County Public Libraries — because among Mr. Bradbury’s passions, none burn quite as hot as his lifelong enthusiasm for halls of books.” In der New York Times gibt es einen schönen Artikel über Ray Bradbury, der sich einerseits gern mit Bo Derek trifft und sich andererseits überdurchschnittlich [...]]]>

This is a lucky thing for the Ventura County Public Libraries — because among Mr. Bradbury’s passions, none burn quite as hot as his lifelong enthusiasm for halls of books.”

In der New York Times gibt es einen schönen Artikel über Ray Bradbury, der sich einerseits gern mit Bo Derek trifft und sich andererseits überdurchschnittlich für Bibliotheken engagiert. Mit dem Medium Internet kann/will er allerdings wenig anfangen:

“It’s distracting,” he continued. “It’s meaningless; it’s not real. It’s in the air somewhere.”

A Literary Legend Fights for a Local Library

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Die dienstälteste Public Library, in der Krise vor dem Aus http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=6538/index.html http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=6538/index.html#comments Mon, 02 Feb 2009 10:05:27 +0000 Ben http://weblog.ib.hu-berlin.de/?p=6538 Now Darby’s only library, believed to be the country’s oldest continuously operating free public library, may close its doors and end its time as a gathering spot for this former mill town’s 10,000 residents. The library can afford to operate the two-story brick building only through the end of the year, director Sue Borders says. [...]]]>

Now Darby’s only library, believed to be the country’s oldest continuously operating free public library, may close its doors and end its time as a gathering spot for this former mill town’s 10,000 residents.

The library can afford to operate the two-story brick building only through the end of the year, director Sue Borders says.

USA Today berichtet über die Darby Free Library, die womöglich nach 266 Jahren Betrieb als Öffentliche Bibliothek schließen muss. Während  die aktuelle Wirtschaftskrise in den USA offensichtlich wenigstens punktuell die Nutzung und vielleicht die lokale Bedeutung öffentlicher Bibliotheken erhöht (mehr dazu auch hier), entsteht aus gleichem Anlass parallel ein Finanzierungsproblem:

Darby is in the same spot as many libraries. The tax dollars that support them are dwindling as property tax revenue declines along with home values and sales taxes fall as consumers spend less. As local funding drops, libraries are turning to their endowments and draining the investments.

Weiteres findet sich hier: Country’s oldest public library could close this year

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http://weblog.ib.hu-berlin.de/?feed=rss2&p=6538 1
“The multi-faceted resource center has become a destination point.” – in Minnesota boomen mitten in der Krise Bibliotheken http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=6488/index.html http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=6488/index.html#comments Tue, 20 Jan 2009 14:17:55 +0000 Ben http://weblog.ib.hu-berlin.de/?p=6488 Credit cards are being shelved; library cards are opening new channels of entertainment. Wenigstens für die  Park Rapids Area Library scheint zu gelten, dass mit Abschwung in der Wirtschaft ein Aufschwung in den Bibliotheken eintritt. Jedenfalls was die Nutzung angeht. Ob dies auch die jeweilige Ausstattung angeht, steht auf einem anderen Blatt. Aber immerhin: Jetzt [...]]]>

Credit cards are being shelved; library cards are opening new channels of entertainment.

Wenigstens für die  Park Rapids Area Library scheint zu gelten, dass mit Abschwung in der Wirtschaft ein Aufschwung in den Bibliotheken eintritt. Jedenfalls was die Nutzung angeht. Ob dies auch die jeweilige Ausstattung angeht, steht auf einem anderen Blatt. Aber immerhin: Jetzt könnte die in der Vergangenheit gern einmal mit dem Primat der Wirtschaftlichkeit attackierte und umstrukturierte Insitution Bibliothek in ihrer Rolle als öffentlicher Akteur und Ort für Öffentlichkeit tatsächlich wieder an Bedeutung gewinnen. Was macht  eigentlich eine Kommune mit einer Public-Private-Partnership – ein Modell, in das nun auch gern mal Banken eingegliedert wurden – wenn der Private-Partner auf einmal nicht mehr solvent ist? Sollten die Bibliotheken tatsächlich als Krisengewinner aus der aktuellen Situation hervorgehen, würde es tatsächlich einmal die – natürlich aus unserer Warte – Richtigen treffen.

In jedem Fall scheint in Park Rapids die Bibliothek auf weitreichende Anerkennung zu stoßen:

“It’s a huge affirmation of how important a library is”

Und es findet sich bereits eine zitiertaugliche, wenn auch sehr plakative Wendung dazu:

“Libraries will get you through times of no money better than money will get you through times of no libraries.”

Alles Weitere gibt es im Lokalblatt der Region:  Economic slump is upping library patronage.

(via Globolibro)

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http://weblog.ib.hu-berlin.de/?feed=rss2&p=6488 1
“Trenden är klar, överallt.” In Lund versucht man’s ohne Personal. http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=6474/index.html http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=6474/index.html#comments Fri, 16 Jan 2009 12:38:48 +0000 Ben http://weblog.ib.hu-berlin.de/?p=6474 In Schweden müssen Bibliothekare um ihren Job fürchten. In der Universitätsstadt Lund soll die erste Bücherei ohne Personal eröffnet werden. tönt es gerade aus dem Deutschlandradio Kultur:  Schweden plant Bibliotheken ohne Bibliothekare. Wer besser und schneller Schwedisch liest, als ich es tue, kann hier die Quelle gegenprüfen: Lund testar bibliotek utan bibliotekarier. Irgendwie scheint es [...]]]>

In Schweden müssen Bibliothekare um ihren Job fürchten. In der Universitätsstadt Lund soll die erste Bücherei ohne Personal eröffnet werden.

tönt es gerade aus dem Deutschlandradio Kultur:  Schweden plant Bibliotheken ohne Bibliothekare.

Wer besser und schneller Schwedisch liest, als ich es tue, kann hier die Quelle gegenprüfen: Lund testar bibliotek utan bibliotekarier. Irgendwie scheint es mir nämlich, als hätte man mit dem Personal etwas anderes vor. Oder wie übersetzt man dieses?:

Tvärtom tror jag att vi kommer att behöva mer bibliotekspersonal.”

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http://weblog.ib.hu-berlin.de/?feed=rss2&p=6474 3
“Die Bibliothek in der Gürtelstraße gehört dort nicht hin”, und die ZEIT meint: Doch. http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=6408/index.html http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=6408/index.html#comments Fri, 19 Dec 2008 15:10:29 +0000 Ben http://weblog.ib.hu-berlin.de/?p=6408 Der ö(=Österreich)-Blog der ZEIT kommentierte am Mittwoch eine kleine und vermutlich nicht sinnvolle Debatte im schönen Wien, die unter anderem eine nicht wirklich ernst gemeinte Forderung/Überlegung/Träumerei des Architekten Hermann Czechs beinhaltet, die Wiener Hauptbücherei (siehe auch LIBREAS #8) abzureißen, da sie architektonisch und stadträumlich unpassend ist. In der Anmerkung der ZEIT wird berechtigt auf die [...]]]>

Der ö(=Österreich)-Blog der ZEIT kommentierte am Mittwoch eine kleine und vermutlich nicht sinnvolle Debatte im schönen Wien, die unter anderem eine nicht wirklich ernst gemeinte Forderung/Überlegung/Träumerei des Architekten Hermann Czechs beinhaltet, die Wiener Hauptbücherei (siehe auch LIBREAS #8) abzureißen, da sie architektonisch und stadträumlich unpassend ist. In der Anmerkung der ZEIT wird berechtigt auf die Eintrübung des ästhetischen Architektenauges hingewiesen, die ausblendet, dass das Gebäude an genau diesem Standort stadtgesellschaftlich durchaus richtig platziert scheint:

Diese Hauptbücherei erfüllt viele wichtige Funktionen im heterogenen Wiener Alltag. Sie ist ein soziales Scharnier, eine urbane Oase und auch ein Treffpunkt, an den viele aus ihrer nicht immer ganz einfachen Familiensituation flüchten. Sie steht in der besten Tradition der Wiener Kommunalpolitik. Sie ist ein öffentlicher Raum, der tatsächlich im Dienst der Öffentlichkeit offen steht.

(via netbib weblog)

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http://weblog.ib.hu-berlin.de/?feed=rss2&p=6408 0
Bibliotheksschließung, in Philadelphia http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=6400/index.html http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=6400/index.html#comments Mon, 15 Dec 2008 02:41:29 +0000 Ben http://weblog.ib.hu-berlin.de/?p=6400 Die Stadt Philadelphia schließt zum Jahresende 11 der 45 Zweigstellen ihres Bibliothekssystems und hat dabei offensichtlich übersehen, dass diese Einrichtungen bereits einen anderen Mangel kompensieren: In many cases, public libraries are the de facto school libraries for children and teachers in Philadelphia. Years of budget cuts have left many public city schools without libraries – [...]]]>

Die Stadt Philadelphia schließt zum Jahresende 11 der 45 Zweigstellen ihres Bibliothekssystems und hat dabei offensichtlich übersehen, dass diese Einrichtungen bereits einen anderen Mangel kompensieren:

In many cases, public libraries are the de facto school libraries for children and teachers in Philadelphia. Years of budget cuts have left many public city schools without libraries – a separate disgrace. That has meant sending students and classes to the local public library – including some of the 11 branches targeted for closure – during the school day.

Die lokale Verwaltung weist in ihrer Rechtfertigung darauf hin, dass sich Schulbibliotheken und Öffentliche Bibliotheken in ihrer Ausrichtung unterscheiden:

Reardon argues that detail wasn’t considered because school libraries and their public counterparts have different missions. School libraries are part of the curriculum, and their staffs are integral members of teaching teams. Public libraries and their employees are not equipped to fully take on those tasks.

was allerdings wiederum als Kritikpunkt auf den Plan ruft, dass in der Praxis diese Trennung nicht gegeben ist: “public libraries often serve as the school’s ad hoc library system” Mehr im Philadelphia Inquirer: Those nagging details , der auch die Stellungnahme der Friends of the Free Library abdruckt: Alternatives to closings.

NBC berichtet passenderweise in einer Nachrichtensendung, dass der ökonomische Abschwung augenscheinlich eine Hausse der Bibliotheksnutzung als Folge hat und thematisiert dabei auch auf die Kürzungstendenzen, die es in den USA nicht nur in Philadelphia gibt:

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http://weblog.ib.hu-berlin.de/?feed=rss2&p=6400 0
Informationsvergesellschaftung und die Rolle der Bibliotheken http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=6393/index.html http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=6393/index.html#comments Fri, 12 Dec 2008 16:59:20 +0000 Ben http://weblog.ib.hu-berlin.de/?p=6393 Libraries will continue to play many of the roles they have always played: circulation of materials in all formats; a place to learn how to find and use information; a “community center” for socialization, programs and exhibitions; and a place to get special services around English as a second language, job preparation skills, etc. Crucially, [...]]]>

Libraries will continue to play many of the roles they have always played: circulation of materials in all formats; a place to learn how to find and use information; a “community center” for socialization, programs and exhibitions; and a place to get special services around English as a second language, job preparation skills, etc. Crucially, it will still be the only place for many people in the city where they will have free access to the Internet and skilled support to navigate it — in a world where more and more of their basic needs will be met through online services and facilities.

Die Leser der New York Times befragten Paul LeClerc erfreulich rege über alle möglichen, die New York Public Library betreffenden Aspekte und mittlerweile gibt es eine ganze Reihe von Antworten nachzulesen. Die oben zitierte bezieht sich auf die allgemein brodelnde Frage, wie sich die öffentliche Bibliothek innerhalb einer vom Internet dominierten Informationumwelt positioniert. Für Paul LeClerc – und nicht nur für ihn – ist der Aspekt des Zugangs zu Information offensichtlich nur eine Facette der Aufgaben einer zeitgemäß arbeitenden Einrichtung dieser Art.
Mindestens ergänzend relevant ist nämlich die der Vermittlung von Kompetenz mit dem Kanal “Internet” , der Informationsgesellschaft als Lebenspraxis und allem, was samt und sonders damit zusammenhängt.
Die Bibliothek wird also eindeutig nicht nur als Anlaufpunkt zum Abholen von Information verstanden, sondern als Bestandteil der Stadtgemeinschaft (community).

Denn sie vermittelt bei Bedarf und im Ideal was notwendig ist, um Information zur Not selbstbestimmt zusammen zu tragen, zu interpretieren und gegebenenfalls in neuen Kontexten sogar wieder zu publizieren. Die prosumierenden Autodidakten aus der Generation der Digital Natives mögen vielleicht meinen (oder man nimmt an, dass sie es meinen), ihne müsse derartige Unterstützung nicht gelten und haben mitunter damit sogar recht. Aber oft bleibt selbst eine eifrige Aktivität in Facebook und über Twitter letztlich trotzt aller Vielfalt der Kommunikationsmöglichkeiten eine Begrenzung der medialen Rezeptions-, Informations- und Ausdrucksmöglichkeiten. Und dass die Generation 2.0 derart gewieft und von Natur aus informationskompetent gestrickt ist, dass sie von Irritationen verschont bleibt bzw. jede Antwort im virtuellen Kommunikations-Universum entdeckt, ist angesichts der Komplexität und Dynamik der Zusammenhänge, um die es hier geht, unwahrscheinlich.

Wenn die Bibliothek geschickt ist, zeigt sie sich gerade an dieser Ecke des digitalen Alltags als kompetenter Anlaufpunkt. Zudem lässt sich ohne viel Aufheben auch eine andersherum wirkende Palette von möglichen Bezügen herstellen, sofern die Vertreter dieser “mobil und digital” geprägten Kohorten noch eine Beziehung zu der Stadtgemeinschaft halten möchten, in der sie trotz allem ab und an interagieren. Die Stadtbibliothek könnte in dieser Beziehung den Schnittpunkt zwischen der virtuellen und der realen Gemeinde markieren.

Die Bibliothek erweist sich demnach, etwas abstrahiert, potentiell als ein sehr spezifischer, im besten Fall öffentlicher (auch im politischen Sinn) und in der Grundintention eben nicht auf ein rein erlösorientiertes Geschäftsmodell ausgerichteter Erfahrungsraum sowie Ort der Identifikation und damit als ein allgemein nutzbarer und stabiler Rahmen für eine Orientierung in der Wahrnehmung und Deutung der Lebenswelt. Manchmal auch nur schlicht als einzige Zugangsmöglichkeit zu bestimmten Informationen.

Der Regelkreis von Wahrnehmung, Verarbeitung und Äußerung ist in einer hypertextuell geprägten Umwelt explizierter denn je und wenn die Web2.0-Bewegung eine Wirkung in Bibliotheken hat, dann ist es die Erkenntnis, dass sich die Institution Bibliothek mit pluralen und spontaneren kodifizierten Aussagen z. B. auch direkt aus den Notebooks ihrer konkreten Nutzer konfrontiert sieht. Funktional ergeben sich hieraus neue Anforderungen.

In den großen Bereich der Vermittlung von so genannter Informationskompetenz fällt nämlich neben der Absicherung des Zugreifens, Lesens und der Einordnung von Information die einsehbare und verschriftlichte Abbildung eben dieser Prozesse bzw. das Einspeisen von vielen neuen und nicht im Ordnungsraster der Quellenkunde des letzten Jahrhunderts tradierten Stimmen in die digitale Kommunikationssphäre, die in realweltlichen Zusammenhängen vermutlich niemals in dieser Form verschriftlicht sichtbar geworden wären.

Solches betrifft bei weitem nicht nur die Weblogs und Twitter-Feeds, sondern wird obendrein gleichfalls in einer Vielzahl von ausdrücklich aus der Subjektperspektive geschriebenen Verlagsprodukten sichtbar. Blogsprache dringt in die Tageszeitung genauso wie in die Erfahrungsbücher im Bestsellerregal der Buchhandlungen, wobei sich die erstere Form von der letzteren oft nur durch eine zusätzliche Aufbereitung auf einen konkreten Markt hin unterscheiden.

Die mediale Form ist – und war es eigentlich noch nie – kein Indikator für Relevanz und Qualität des Inhalts. Die Polyphonie der Textsorten und ihrer Vermischung wirbelt jedoch die Sphäre der verfügbaren Information kräftig durcheinander. Die Bibliothek wird und sollte sicher nicht den Anspruch eines allgemein gültigen Setzbeckens erheben. Ein Verständnis der Strukturen und Relationen der medialen Bedingungen sollte sie aber zu leisten versuchen, wobei die Aufgabe unserer Wissenschaft im Verbund mit anderen Informations-, Kultur- und Medienwissenschaften nicht zuletzt die ist, der Praxis in diesem Zusammenhang kompetent zuzuarbeiten. Manchmal wären schon Systematisierung und Synthese der Debatten ein hilfreicher Schritt.

Momentan gilt es nämlich ganz offensichtlich für die institutionell auf Sammlung, Erschließung und Vermittlung von (publizierten) Informationen zunächst einmal zu klären, wo “publiziert” seine Grenze findet bzw. wie sie sich generell zu den sogenannten Netzpublikationen positionieren. Dem Angebot professioneller Informationsdienstleistungen inklusive der Vermittlung von Nutzungskompetenzen geht eine solche Positionierung dringend voraus.

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Die Bücher der Straße, neu in der Bibliothek und daher in der New York Times http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=6155/index.html http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=6155/index.html#comments Wed, 22 Oct 2008 19:00:19 +0000 Ben http://weblog.ib.hu-berlin.de/?p=6155 It’s not the kind of literary fare usually associated with the prim image of librarians. But public libraries from Queens, the highest-circulation library system in the country, to York County in central Pennsylvania, are embracing urban fiction as an exciting, if sometimes controversial, way to draw new people into reading rooms, spread literacy and reflect [...]]]>

It’s not the kind of literary fare usually associated with the prim image of librarians. But public libraries from Queens, the highest-circulation library system in the country, to York County in central Pennsylvania, are embracing urban fiction as an exciting, if sometimes controversial, way to draw new people into reading rooms, spread literacy and reflect and explore the interests and concerns of the public they serve.

Als wüsste die New York Times von Bushido und einem sinnvollen Zweck seines Buches (vgl. auch hier), rapportiert sie gerade und zwar direkt auf ihrer Online-Startseite darüber, dass Bibliotheken in den USA zunehmend auf etwas drastischere Literatur setzen (bzw. Literatur “too lowbrow for libraries”), da Leser bzw. bisherige Nicht-Leser daran ein konkretes Lektüreinteresse entwickeln. Das angesprochene Genre, in das Bushidos Schmöcker dann doch eher passt als Bohlens Weg, nennt sich Urban Fiction, Ghetto Lit bzw. etwas kompromittierender “Gangsta Fiction”. Vielleicht werden sehr korrekte Amerikanisten dagegen halten, dass diese Art von Literatur traditionell African-American ist und daher auf die Lebensbeichte eines Deutsch-Tunesiers nicht zutrifft. Ganz unähnlich, wenn auch einen deutschen Sonderweg repräsentierend, ist das Ganze m.E. dennoch nicht. Und generell ist nicht ganz ausgeschlossen, dass bzw. wäre nur folgerichtig wenn diese Entwicklung – z.B. als “german urban fiction” – ihren Niederschlag auch in hiesigen Bibliotheken findet. Die New York Times staunt übrigens, worüber man wiederum als Leser staunen muss, dass sich die Bibliothekare selbst vermehrt mit dieser Gattung auch wissenschaftlich auseinandersetzen:

Urban fiction has influenced a generation of library staffers, too. Down the street at a special library branch for teenagers, the librarian Sandra Michele Echols wrote her bachelor’s thesis at New York University comparing street lit to slave narratives.

Mal sehen, was an deutschen Ausbildungseinrichtungen demnächst geschieht.
Alles weitere steht in der Zeitung: Urban Fiction Goes From Streets to Public Libraries, die von der Bibliothekslobby in ihrer Leserschaft für den Artikel bzw. dafür, dass sie die Öffnung der Bestände für Urban Fiction als Neuigkeit präsentiert, mächtig Feuer bekommt:

When was the last time YOU were in a library? Come on – be honest. Public libraries are as diverse in their images as the communities they serve.

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Vielleicht als LAN-Partyzelt? Wie man in Großbritannien über Bibliotheken denkt. http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=6068/index.html http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=6068/index.html#comments Tue, 14 Oct 2008 00:13:39 +0000 Ben http://weblog.ib.hu-berlin.de/?p=6068 if there is nothing inside but people eating burgers and playing the Sims, is it actually a library? Isn’t it just an internet cafe? fragte am gestrigen Sonntag nicht ganz unberechtigt Victoria Cohen im Observer (If I wanted a cup of coffee, I’d go to a cafe, not a library) Der Anlass für dieses Nachhaken [...]]]>

if there is nothing inside but people eating burgers and playing the Sims, is it actually a library? Isn’t it just an internet cafe?

fragte am gestrigen Sonntag nicht ganz unberechtigt Victoria Cohen im Observer (If I wanted a cup of coffee, I’d go to a cafe, not a library) Der Anlass für dieses Nachhaken liegt in einer Äußerung des aktuellen Secretary of State for Culture, Media and Sport in Großbritannien, Andrew Burnham, ein Kind der 1970er Jahre und entsprechend vermutlich schon seit frühester Erfahrung mit Unterhaltungselektronik vertraut. Das ist nicht ganz unwichtig, um seinen Standpunkt zu verstehen, der Victoria Cohen immerhin zu einer Kolumne inspirierte und darin beruht, dass Bibliotheken über das Regal hinaus schauen sollten:

“Andy Burnham insisted that libraries must ‘look beyond the bookcase’.”

Sie sollten viel mehr zu Orten von Ausgelassenheit und fröhlichem Austausch (“joy and chatter”) werden. Oder in anderen Worten, um ein oft genutztes Wort in selten genutzter Bedeutung ins Spiel zu bringen: much gayer than today. Die Zeiten der ernsten Schwere (“solemn and sombre”) sollen denen der Geselligkeit weichen. Die Berufung der Bibliotheken, so Burnham, findet sich im Gegenmodell “to the isolation of someone playing on the internet at home”.

Jemima Lewis bringt ihre Zustimmung im Telegraph zum Ausdruck, denn – the truth hurts – die Ausleihzahlen sinken im Vereinigten Königreich (um 34 % in den letzten zehn Jahren) und die Zahl der Bibliotheken sinkt ebenso (um 40 im letzten Jahr). Die Zeiten des Buches sind ganz offensichtlich vorbei:

“People no longer want, or need, to borrow books.”

Denn, so die Buch- und Bibliotheksgeschichtlerin des Telegraph, die öffentlichen Bibliotheken waren ein Angebote für die aufstrebende Arbeiterklasse ohne Geld für Bücher aber mit dem Hunger nach Bildung und dem Durst nach Wissen und dem Willen zur Autodidaktik. Vorbei, meint Lewis und der Leser ist sich nicht mehr sicher, wie ernst ihr das Ganze ist, denn als Gewährsleute bringt sie die Band mit dem Namen Kaiser Chiefs auf die argumentative Bühne und zitiert: “it’s cool to know nothing” als Refrain der aktuellen Zeit. Und sowieso ekelt sich der Durchschnittsbrite vor möglichen Spuren der Vorleser eines potentiell ausleihattraktiven Buches.
Nicht das Medium Buch kann es sein, überspitzt sie Burnham, sondern die Community, die Krabbel- und Strickgruppen, die die Bibliotheken füllen. Die Bibliothek ist der Begegnungsort in einsamen Zeiten und so bürstet sie den Intellektualismus aus den Häusern und führt stattdessen die zeitlos schöne nachbarschaftliche Beziehung hinein:

“Local libraries may have lost their original raison d’être, but they can fashion another. They should give us what we really want: not scholarship, but friendship.”

Aber haben wir unsere Freunde nicht schon bei MySpace?
Victoria Cohen orientiert sich ebenfalls auf das Füllen der Räume und greift sich bei der Gelegenheit das Service-Paradigma. Dies allerdings nicht, um hier den neuen Weg zu postulieren, sondern um das Problem zu benennen:

“where does it end for the library which believes that books don’t get bums on seats?”

Wo zieht man die Grenze? Cohen zirkelt gleich verschiedene Optionen in den Raum, in dem die Gedanken frei sind:

“They could put a doner in the window and be full every night. They could sell cars. They could have Peter André performing weekly.”

Hört, hört! Peter André ist ganze drei Jahre jünger als Andy Burnham, im Gegensatz zu diesem mit Katie Price verheiratet und vermutlich aktuell sogar für solche Ereignisse frei. Aber würde er wirklich noch die Massen ziehen? Oder bedarf es da einer Kombination à la Peter André Rieu? Und vor allem:

But then it wouldn’t be a library and what would be good about anyone going in?

In diesem Fall offensichtlich wenig. Cohen akzeptiert aber auch etwas Internet und stimmt auch mit dem “heart of community”-Ansatz überein. Nichtsdestotrotz hält sie zugleich am Buch fest und erschreckt über eine nicht unwichtige Aussage Burnhams, die im Telegraph nicht zitiert wird:

Burnham says that more library funding would ‘not be realistic in the current climate’.

Charlotte Leslie vom Politics Blog des Guardian sieht hinter Burnhams Ansinnen, abgesehen von generellen klimatischen Störungen, nicht nur eine Abkehr vom Medium Buch, sondern ein Abschied vom Denken (In defence of silence):

it is in essence undermining the necessity of deep and complex thought that requires peace and quiet.

Den Haken ihrer Argumentation schlägt sie also in den Raum der Stille und Kontemplation, was übrigens auch übertragen gemeint ist, und zwar an der Stelle, an der Schwatzhaftigkeit der Kenntnis und Gegenwartsgenuß der Vergangenheitserkundung entgegengeworfen wird:

“It is being offered a lift on to the shoulders of giants, and saying: “No thanks, I’m staying down here, and mine’s a medium latte.”

Immerhin spricht die Kurzzeitstatistik für den Latte Macchiato für die Coffee Shopper:

in Hillingdon, West London, book borrowing increased by 32 per cent when a Starbucks was built in one of the libraries, and there is now a formidable seventeen more Starbucks on the way to the seventeen other libraries in the area.

Freakin’ delicious. Aber am Ende oberflächlich, auch im Geschmack. Warum, so fragt Leslie, nicht ein Café neben dem Lesesaal und wer will, kann sein Buch mit dorthin nehmen. Den Verlust der Stille interpretiert sie als Diskriminierung, nimmt er doch bestimmten Gesellschaftsschichten den Zufluchtsort aus einer lärmenden Alltagswelt. Wer es sich leisten kann, zieht sich in die Ruhe seiner privaten Landhausbibliothek zurück. Wer dies nicht kann, bekommt den Kübel Krach, und Platitüden in den öffentlichen Raum gegossen, der lange das Ausweglos z.B. in den höheren Bildungsweg darstellte. Dort, wo Bildung und Anspruch hoch sind, gibt es sie noch, die Orte des leisen Gedankens:

Silent libraries will become the preserve of top universities only. Burnham will be dragging us back to before the age of improvement, to a time when only the elite could afford silence.

Aber gelangt man überhaupt noch dorthin, wenn man schon vorher intellektuell nicht für voll genommen wird:

Burnham’s declaration of war on silence and history is also a veiled insult to the public, who, he assumes, have somehow become terminally incapable of accessing or understanding the kind of material their parents were able to understand, and can only digest chatter and entertainment-learning.

Und wenn an schon einmal beim Paradigmenwechsel ist, kann man auch gleich die neue Zeit feiern. Jedenfalls ruft Andy Burnham in seiner diese wunderbar rege Debatte zur Zukunft der öffentlichen Bibliotheken anstoßenden Rede ausdrücklich dazu auf:

There are some incredibly interesting things going on in our public libraries, far removed from the stereotype of dusty books and silence, that we should celebrate.

Schaut man sich dann die Gründe zum Feiern, finden sich die üblichen Verdächtigen, die auch schon aus vielen Bibliothek 2.0-Diskussionen wenig konkretisiert durch die Diskurse wabern: Gebt der Öffentlichkeit was sie möchte; modernisiert die Bibliothekare; eher neu:das E-Book – was können Bibliotheken damit tun? usw.

Aber: Die Frage, ob “Shhh” oder “Schlürf” gilt aber auch seitens der Politik zunächst erst einmal als zur Diskussion freigegeben und noch nicht als beantwortet:

“And, linked to that, should libraries be silent places for reading? Or should they be social places for people to meet and discuss, perhaps with coffee shops or internet cafes?”

Am Ende ist sie selbstverständlich müßig, denn konsequenterweise müssten auch die Vertreter einer radikalen Kundenorientierung denen, die es gern leise haben, den entsprechenden Raum einräumen. Andererseits kann man es nicht allen recht machen, und so schwebt die dunkle Wolke aus Bällebad und “turning libraries into fish and chip shops” über den Gemütern, die von Buch und stille Bibliothek nicht lassen wollen und z.B. Independent lesen und glauben, das Akzeptanzproblem könne man mit längeren Öffnungszeiten lösen.

Ob Coffee Shop oder nicht das sei, so behaupten spitze Zungen aus dem Inselreich, in Wirklichkeit überhaupt nicht, worum es in Burnhams Brandrede ging. Sie sprechen von einem Ablenken von der chronischen Unterfinanzierung der Bibliotheken, die als beliebte Sparquelle auch im Königreich herzuhalten gewohnt sind, und deren Buchbestände zwangsläufig so dürftig sind, dass sie 34 % weniger entliehen werden. Und das eine kommunale Kaffeestube sogar Einnahmen produziert. Und dass es sich in Burnhams Argumentation um eine dürftig kaschierte (“straightforward lying with management jargon“) Legitimation einer verfehlten Bibliothekspolitik handelt.

“A spokesman at the Department of Culture, Media and Sport said the Government wanted to transform the atmosphere of libraries to make them more similar to Waterstones stores.”

Ganz einfallslos greift man also erneut zum beliebten Benchmark des modernen Buchhandels. Der wirbt auf der Webstartseite auch gleich mit massiven Sparangeboten (“save an extra 10%”, “half price”, “you save”, “killer prices”) und liefert nebenbei auch den originelleren Slogan zur Bibliotheksentwicklung: Cheap laughs! Up to 30% off

Besser wir kehren an dieser Stelle zur Eingangsfrage zurück:

“if there is nothing inside but people eating burgers and playing the Sims, is it actually a library? Isn’t it just an internet cafe?”

Wer Lust dazu verspürt, darf sie gern in einem Kommentar beantworten.

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http://weblog.ib.hu-berlin.de/?feed=rss2&p=6068 2
Bei sinkenden Kursen, höhere Ausleihzahlen. Meldet AP. http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=6055/index.html http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=6055/index.html#comments Mon, 06 Oct 2008 15:06:22 +0000 Ben http://weblog.ib.hu-berlin.de/?p=6055 There’s not too much lending during a credit crunch stellt eine aktuelle AP-Meldung zutreffend fest, um gleich darauf eine naheliegende Ausnahme aus dem Hut des Wortspiels hervorzuzaubern: - except maybe at the library. Und so kann man Folgendes erfahren: Public library officials in Ontario say they saw a 7 percent uptick in the number of [...]]]>

There’s not too much lending during a credit crunch

stellt eine aktuelle AP-Meldung zutreffend fest, um gleich darauf eine naheliegende Ausnahme aus dem Hut des Wortspiels hervorzuzaubern:

- except maybe at the library.

Und so kann man Folgendes erfahren:

Public library officials in Ontario say they saw a 7 percent uptick in the number of visitors during the last fiscal year, which ended July 30. They also say the number of books, movies and tapes loaned out rose 8 percent.

Der Buchhandel wird es nicht gern lesen:

Ontario’s Associate Public Library Director Gloria Freel says people are more likely to borrow books than buy them when saddled with high gasoline prices.

und sollte schon einmal überlegen, wie er die späten 1920er, frühen 1930er Jahre überstanden hat:

That’s pretty typical in tough economic times. In an oral history interview recorded in 1974, former Ontario librarian Alberta Schaefer said she remembered a jump in circulation during the Great Depression.

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Die Bibliothek als Rückzugsort: Ein Fallbeispiel im Observer http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=5818/index.html http://weblog.ib.hu-berlin.de/p=5818/index.html#comments Thu, 17 Jul 2008 14:10:29 +0000 Ben http://weblog.ib.hu-berlin.de/?p=5818 Im dem der letzten Sonntagsausgabe des Observers beigelegten Magazin findet sich in der Lebenshilfe-Rubrik “Dear Mariella” (The Observer Magazin, 13. Juli 2008, S. 78) folgendes bemerkenswertes Zitat, welches man durchaus einmal bei der Diskussion um die Rolle der Bibliothek als Ort einbeziehen kann: “So what is my problem: I have had enough, care homes, foster [...]]]>

Im dem der letzten Sonntagsausgabe des Observers beigelegten Magazin findet sich in der Lebenshilfe-Rubrik “Dear Mariella” (The Observer Magazin, 13. Juli 2008, S. 78) folgendes bemerkenswertes Zitat, welches man durchaus einmal bei der Diskussion um die Rolle der Bibliothek als Ort einbeziehen kann:

“So what is my problem: I have had enough, care homes, foster homes, a missing pincushion of a mother who didn’t even remember giving birth, social workers who smoked dope with me. Homelessness, cold streets, hunger, anger, hopelessness. Though I found libraries the best place to hang out. Warm, nice chairs, good books, peace and quiet.

Auch wenn die Rolle der Bibliothek in diesem konkreten Zusammenhang nicht weiter aufgegriffen wird, sensiblisiert die Aussage doch für die Tatsache, dass die Millennials und Post-Millenials auch in der westlichen Hemisphäre nicht unbedingt alle Kinder in Mittelstandshaushalten aufwachsen, die ihnen den digitalen Zugang ganz selbstverständlich in die Kinderzimmer garantieren.
Die Bibliothek als Ort und nicht nur als virtuelle Plattform könnte für die 14 % der deutschen Kinder, die man offiziell als arm bezeichnet, die also immerhin ein Siebtel einer Zielgruppe stellen, von der in den bibliotheksinternen Diskursen häufig behauptet wird, dass sie selbstverständlich übergroße Teile ihres sozialen Lebens in Webstrukturen verbringen und die daher mit maßgeschneiderten, flotten Bibliotheksangeboten über MySpace oder SchülerVZ erreicht werden sollen, eine zentrale Rolle spielen.

Dass die Zugangshürden zur virtuellen Welt von der Rechnung für das Mobiltelefon bis zur DSL-Flatrate rein ökonomisch für viele Elternhäuser nicht ganz so leicht zu schultern sind und sich hier vermutlich eine digitale Spaltung etabliert, der die Institution Bibliothek mit ihrem wenigstens implizit vorhandenen öffentlichen Charakter entgegen wirken sollte, ist eine Facette. Eine andere ist, dass sie mitunter schlicht einen positiven Alternativraum zum sonstigen Lebensumfeld anbieten können.

Den Beitrag aus dem Observer-Magazin kann man hier einsehen.

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