Archive for the 'Open Access' Category

Ein Solitär und die Debatte ums Urheberrecht, drei aktuelle Texte zum Thema

Reuß hat zuletzt mit seinem „Heidelberger Appell“ zur Verteidigung der wissenschaftlichen Publikationsfreiheit enorme Unterstützung erfahren; auf der Berliner Tagung freilich blieb er ein Fremdkörper. Wissenschaft als das schöpferische Treiben genialer Individuen auf der unbeirrten Suche nach Wahrheit – das kann weder für den Wissensbetrieb als exemplarisch gelten, noch taugt es als Paradigma für ein Urheberrecht, das von Filmen über Unterhaltungsmusik und Literatur bis hin zu naturwissenschaftlichen Spezialaufsätzen sämtliche Erzeugnisse geistiger Schaffenskraft mit einem einheitlichen Schutz vor fremder Einwirkung versieht.

Der Rechtswissenschaftler Benjamin Lahusen hat für die heutige Ausgabe der Frankfurter Allgemeinen Zeitung die letzte Woche im Bundesjustizministerium stattfindende Konferenz zur Zukunft des Urheberrechts zusammengefasst. Continue reading ‘Ein Solitär und die Debatte ums Urheberrecht, drei aktuelle Texte zum Thema’

Open Access Leseland: Roland Reuß fürchtet einen Schimmer DDR

Reuß’ Kritik beschränkt sich aber nicht nur auf das “Open Access”-Verfahren, bei dem er die “transformierte DDR im Publikationssektor” durchschimmern sieht.

Sollte wirklich stimmen, was heise.de über Roland Reuß und seine Gleichnisfindung berichtet, dann muss man langsam glauben, er sei völlig aus dem Plan geraten. Ernsthaft eingehen kann auf solche Vergleiche jedenfalls nicht mehr. Dabei zeigt er an anderer Stelle nicht unbedingt übermäßig Fantasie:

” Kein Verlag werde etwas drucken, wenn es spätestens sechs Monate später kostenlos im Netz legal verfügbar sei.”

Wir kennen schon mal einen, sogar mittelständischen, der ein Buch sogar zeitgleich frei zur Verfügung stellte, das einen Amazon-Verkaufsrang hat, der für ein derart spezielles Produkt nicht ungewöhnlich ist und auch ansonsten gut lief. Vielleicht war das eine Eintagsfliege, aber es ist ein Gegenbeispiel, das die Angabe “kein Verlag” falsifiziert. Statt den Blockadekurs zu fahren, wäre es eventuell perspektivisch angemessener, die intellektuelle Energie in Hinblick auf eine Anpassung der Geschäftsmodelle an die Rahmenbedingungen einer hybriden Publikationskultur (Print und Digital) zu investieren.

Ob Roland Reuß irgendwann noch die Kurve zum Dialog bekommt, bleibt eine spannende Frage am äußeren Rand der Debatte. Da der Gesamtwortlaut seines Redebeitrags nicht vorliegt, versteht man ihn vielleicht aber auch falsch und er meint gar nicht einen NÖSPL-Versuch oder vermutlich eher noch eine Honecker’sche Wirtschaft, sondern sieht vielmehr eine “Friedliche Revolution” aufziehen, die die Mauer zwischen den beiden Lagern durchlöchert. Die “transformierte DDR” war immerhin die der Nachwende, die des Runden Tisches, die, in der man versuchte, die Fehler der Vergangenheit aufzuarbeiten, die Gegenwart aktiv zu gestalten und Gesellschaft noch einmal ganz anders zu denken. Das ist natürlich gescheitert und die nicht durchgängig brillante Lösung war, wieder auf ein bewährtes Pferd zu setzen. Sollte Roland Reuß diese Tiefe in seinem Bild mitgedacht haben, dann nehme ich alles zurück und ziehe meinen Hut.

Der Heidelberger Appell wird zum Europa-Thema, dank des Kulturstaatsministers

Außerdem muss bedacht werden, dass Bücher, sonstige Kulturgüter und wissenschaftliche Daten abgesehen von der urheberrechtlichen Relevanz Teil der kulturellen Identität einer Nation und damit genuin öffentliche Güter sind. Deshalb ist es wichtig, dass die digitale Verfügungsgewalt über solche Bestände auf nationaler und europäischer Ebene auch in öffentlicher Verantwortung bleibt. Hier sollen unter anderem die Europäische Digitale Bibliothek – die so genannte Europeana – und die Deutsche Digitale Bibliothek helfen.

Gestern gab es eine Pressemitteilung mit der Stellungnahme des Kulturstaatsministers zum Heidelberger Appell, in der es aber vorwiegend um die Google-Facette des Aufrufs geht. Den anderen Streitpunkt – das Thema Open Access – erwähnt er nicht explizit. Man liest allerdings:

“Wir sind uns auf europäischer Ebene einig, dass mehr legale Online-Inhalte zur Verfügung gestellt werden müssen. Unser Anliegen ist es schon, dass kulturelle Inhalte einem möglichst breiten Publikum zugänglich gemacht werden sollten, aber dies muss im Rahmen des Urheberrechts geschehen

Sofern also das Open Access-Prinzip urheberrechtskonform angewendet wird, scheint man auf der kulturpolitischen Ebene kein Problem damit zu haben. “mehr legale Online-Inhalte” klingt sogar mehr wie eine Stärkung des Gedankens. Und der eingangs zititerte Wille nach “öffentlicher Verantwortung” verweist eigentlich recht klar auch auf die öffentlichen Institutionen “Universität” bzw. “Bibliothek”.

Ob am Ende vielleicht die öffentliche Position der Wissenschaftseinrichtungen mit ihren Open Access-Bestrebungen in der politischen Debatte als Gegenpol zum kommerziellen Großakteur Google herausdefiniert wird, lässt sich aus dieser Mitteilung noch nicht ableiten. Denkbar scheint es aber schon. Jedenfalls setzt Bernd Neumann die bisher eher national geführte Debatte zum Anfang der nächsten Woche auf die Agenda des europäischen Kulturministerrates.

Die ganze Pressemitteilung gibt es hier: Kulturstaatsminister will Thema „Google / Digitalisierung“ beim Kulturministerrat ansprechen.

Der Heidelberger Appell, abgepellt von Stevan Harnad

The Humanities are more book-intensive than other disciplines, but insofar as their journal articles are concerned, they are no different: their authors write them (and give them away) for usage and impact, not royalty income.

Stevan Harnad hat Joachim Güntners NZZ-Artikel Der Kampf ums Urheberrecht hat viele Schauplätze vom vergangenen Samstag gelesen, erkennt diesem einen gewissen Richtigstellungseffekt zu,  schüttelt nachvollziehbarerweise den Kopf über den Heidelberger Appell und informiert kurz die internationale OA-Öffentlichkeit über die aktuellen Vorgänge in Deutschland: Heidelberg Humanities Hocus Pocus.
Damit diese weiß, was hierzulande getextet wird, analysiert er obendrein die Heidelberger Erklärung anhand einer Übersetzung ins Englische Absatz für Absatz: Heidelberg Appeal Peeled

Na klar stimmt das, ich hab’s aus der FAZ! Der Mittwoch als Tag des Urheberrechtsstreits.

Sollte die Universität ihre Vorstellung durchsetzen können, würden ihre Forscher keine Bücher mehr veröffentlichen. Macht dieses Beispiel Schule, so läuft das auf eine Verabschiedung der geisteswissenschaftlichen Forschung von der Buchproduktion und tendenziell auf eine Abschaffung des wissenschaftlichen Buches und des geisteswissenschaftlichen Verlagswesens hinaus.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung fährt in ihrer heutigen Ausgabe eine wahre Armada an Beiträgen zum Thema Urheberrecht und digitale Medien und generell gegen den Open Access auf. Wirklich überzeugen kann sie dabei aber nicht. Drei Lektüreeindrücke: Continue reading ‘Na klar stimmt das, ich hab’s aus der FAZ! Der Mittwoch als Tag des Urheberrechtsstreits.’

Gegen ist ohne Zukunft. Ein Leserbrief zur OA-Debatte in der FAZ

Für die Wissenschaftsverlage ist der Trend zum „open access“ vielleicht doch gar kein so großes Problem. Es spricht vieles dafür, dass vollständig im Internet vorliegende Texte trotzdem in Druckform gekauft werden, weil sich die Begeisterung, stundenlang zu lesen, offenbar in Grenzen hält. Dass sich die Verlage im Übrigen Gedanken machen müssen, wie sie mit dem und nicht gegen das Internet in Zukunft Geschäfte machen können, liegt gleichwohl auf der Hand.

Der vernünftigste Beitrag, den die Frankfurter Allgemeine derzeit zum Verhältnis von Open Access und Urheberrecht dieser Tage druckt, ist bezeichnenderweise ein Lesebrief (Ausgabe 30.04.2009, S.35). Der Münchener Kulturhistoriker Hubertus Kohle leuchtet so differenziert, wie es in dieser Form möglich ist, aus, welche Rolle Publizieren im Internet und nach einem Open Access-Modell spielt und vielleicht spielen wird und wäscht dabei dem Heidelberger Appell und seinen Hauptvertretern ein wenig den Kopf:

Man muss in der Tat den Mut haben, die Kultur von der Zukunft her zu denken und nicht immer die Bedingungen der Vergangenheit absolut zu setzen, die gerade dabei sind, radikal verändert zu werden. Und man muss willens sein, der Wirklichkeit ins Gesicht zu sehen, ob man sie mag oder nicht.

Blinde Zukunftseuphorie wäre sicher das andere Extrem. Ich bin mir aber sicher, dass Hubertus Kohle nicht darauf hinaus will. Ihm geht es, wie auch vielen anderen, deren Stimmen leider oft hinter schnellen und vordergründigen Zuspitzungen verloren gehen, um eine konstruktive Debatte zu dem, was sich gerade vollzieht und was perspektivisch an Entwicklung sinnvoll erscheint. Zur Frage allerdings, ob es gegen das geltende Recht verstößt, “wenn ein Geldgeber Auflagen für die Mittelverwendung formuliert”, kann er sich ja mal mit Volker Rieble unterhalten.

Open Access:Das Adenauer-Staatsfernsehen der Wissenschaft? In der FAZ geht’s ums Recht.

Morgen früh erwartet alle Beobachter der Debatte um den Heidelberger Appell und Open Access in der Rubrik “Forschung und Lehre” der Mittwochsausgabe der Frankfurter Allgemeinen Zeitung eine kleine Überraschung. Denn jetzt wird die Argumentation juristisch. Der Münchener Arbeitsrechtler Volker Rieble hat sich dem Komplex angenommen, ihn u.a. verfassungsrechtlich durchleuchtet und kommt zu der Einsicht:

“Man kann also Roland Reuß und seinem „Heidelberger Appell“ zweifach zustimmen: Der einzelne Wissenschaftler darf nicht einmal „sanft“ an der freien Wahl des Veröffentlichungsmediums für seine Erkenntnisse gehindert werden. Universitäten und Großforschungseinrichtungen haben keine wissenschaftspublizistische Funktion. Wissenschafts- und Pressefreiheit setzen auf freie Autoren und freie Verleger. Das Kosten- und das Sparinteresse des Wissenschaftsverbrauchers rechtfertigt keine Freiheitsbeschränkung.”

Das Argument lautet also, dass es Universitäten “mithin verboten” ist, wissenschaftspublizistisch tätig zu werden. Das bedeutet also, dass Wissenschaftsverlage und von Universitäten publizierte Zeitschriften und erst recht die Repositorien, sofern sie als Veröffentlichungsplattformen gehandhabt werden, nicht nur eine unliebsame Konkurrenz für kommerzielle Verleger darstellen, sondern obendrein gesetzwidrig handeln. Ob dem tatsächlich so ist, liegt zu beurteilen fern meiner juristischen Kompetenz. Ich muss mich zunächst an das halten, was die Zeitung auf und zwischen den Zeilen schreibt. Und so sehe ich: Die Volte, die hier geschlagen wird, ist grandios, denn solch einen argumentativen Angriff aus der schon aufgeschlagenen Deckung hat die Open-Access-Bewegung sicher nicht erwartet. Wie plump dagegen das selbstgerechte Nachtreten Michael Hanfelds, der dem eingestellten Blog medienlese heute im FAZ-Feuilleton auf Schulhofniveau die Nase drehte. Qualitätsjournalismus fast wie beim ARD-Brennpunkt.

Hier sieht man im freien Publizieren, sofern es eine staatliche Forschungseinrichtung subventioniert, einen Anschlag auf die “staatsfreie Meinungsbildung”. Man darf gespannt sein, wann das Bundesverfassungsgericht Open Access-Publikationen über Hochschulserver untersagt. Was bei Publikationen über Hochschulen für Rieble in der Zuspitzung folgt, ist ein Monopol, das geradewegs in die Zensur führt (z.B. “durch Political Correctness”). In gewisser Weise wird hier der Publikationszwang auf OA-Servern, der der Bewegung unterstellt wird, geradezu gewendet. Aber eigentlich möchte auch Rieble Universitätsserver nicht verbieten. Vielmehr sieht er deren Aufgabe eindeutig, wenn auch nicht juristisch, definiert:

“Auch ein eigener (elektronischer) Universitätsverlag für eigene Schriften wie Dissertationen, Habilitationen ist denkbar. Traditionelle Nutzer sind froh, wenn schlechte Dissertationen auf Servern verschimmeln.”

Angriff sei die beste Verteidigung sagt man, und dieser kleine Baustein könnte sich bald in einer weitaus größeren Mauer wiederfinden. Im Anreißer zum Artikel liest man noch “Open Access? Ja, gerne, aber ohne Zwang.” Im Text findet man kein gerne mehr.

Aber noch eine messerscharfe Analyse dessen, was Bibliotheken sind und was ihnen droht:

“Klar ist zunächst eines: Aus der Bibliotheksfunktion lassen sich keine Publikationsrechte ableiten. Eine Bibliothek produziert nicht; sie hat nur Hilfsfunktion. Digitalisierung wird Bibliothekare verdrängen.”

Ob dieser letzte Satz womöglich noch eine verstärkte Aufforderung an die Bibliothekare zum Maschinenstürmen ist? Da hat er die Rechnung ohne die Etatkalkulation gemacht, die jedem Bibliothekar täglich zeigt, dass, wer Monographien kaufen möchte, an Elsevier-Zeitschriften sparen muss. Beziehungsweise umgekehrt. Die Front, die hier aufgezogen wird, verläuft sich hoffentlich im Magazin.

Quelle: Rieble, Volker: Forscher sind nicht normale Angestellte. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 29.04.2009 Seite N5

Aufklärungsarbeit: Matthias Spielkamp und Florian Cramer in der FR zum Thema “Open Access”

Vielleicht ist all das nur ein Missverständnis. Doch da Reuß und Jochum auf ihm, aller sachlichen Entgegnungen zum Trotz, beharren und sogar YouTube und Musik-Tauschbörsen ins Spiel bringen, wird man den Verdacht nicht los, dass Gelehrte und Schriftsteller hier ein diffuses allgemeines Unbehagen am Internet artikulieren sowie ihre Panik, von der Medienentwicklung überrollt zu werden.

In der heutigen Ausgabe der Frankfurter Rundschau analysieren Matthias Spielkamp und Florian Cramer den Heidelberger Appell als Ausdruck der Furcht einer kulturellen Elite vor dem für diese schwer durchschaubaren Phänomen Internet und nehmen sich dankenswerterweise noch einmal die Zeit, den Unterzeichnern wie den durch Artikel von Uwe Jochum und Roland Reuß in der selben Zeitung womöglich sehr irritierten Lesern der Frankfurter Rundschau die Grundzüge des “Open Access”-Ansatzes ruhig und verständlich zu erklären: Die Autoren werden gestärkt!

Nachtrag:

Joachim Müller-Jung hat für die Frankfurter Allgemeine Zeitung den Brief des Heidelberger Appells an die Bundeskanzlerin gelesen und festgestellt, dass Roland Reuß die argumentativ so unsinnige wie oft gegeißelte Gleichsetzung von Google-Books und Open Access mittlerweile etwas differenzierter sieht. Als Feindbild bleibt aber Letzteres prominent:

Was „Open access“ angeht, spricht Reuß nun nicht mehr von einer „grundgesetzwidrigen“ Beschneidung der Forscher- und Autorenfreiheit, sondern vom „Gift“ der Nötigung insbesondere für Geisteswissenschaftler und mittelständische Verlage. Indem die Forschungsorganisationen die Autoren zwängen, ihre nicht auf schnelle Verwertung hin angelegten Editionen, Handbücher und Monographien über kurz oder lang zur kostenfreien Veröffentlichung im Internet anzubieten, würden Forschungsfreiheit und hochqualifizierte Arbeitsplätze gefährdet. (Müller-Jung, Joachim (2009): Freiheitssache Geist. Appell: Was Autoren von der Bundeskanzlerin erwarten. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.04.2009, S. 27.)

Der editionsphilologische Ansatz Reuß’ findet dagegen heute in der Süddeutschen Zeitung Auswertung und Entgegnung:

Der ideale Partner der textgenetischen Methode ist nicht das Buch, sondern das Internet. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die digitale Integraledition der Manuskriptbestände, … , von ausgewiesenen Philologen erstellt wird.

Im Geklüfft der Debatte: Die Entgegnung der Wissenschaftsorganisationen zum Heidelberger Appell ist da.

Der Vorwurf einer „Enteignung der Urheber“ entbehrt jeder Grundlage, denn Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bleiben nach wie vor alleinige Urheber ihrer Werke.

Zum viel diskutierten “Heidelberger Appell” gibt es mittlerweile die “Gemeinsame Erklärung der Wissenschaftsorganisationen“. Ob sich allerdings die Heidelberger Initiatoren freuen, ihre Arbeit in die belletristischen Schublade einsortiert zu sehen, darf man gern bezweifeln:

Keinesfalls fordert die Allianz eine Open-Access-Publikation belletristischer Schriften, aus deren Verwertung Autoren ihren Lebensunterhalt beziehen.

Roland Reuß ist aber kein Bernhard Schlink, der sowohl über Polizei- und Ordnungsrecht wie über Vorleser publiziert und immerhin mindestens ein Buch mit freiem Zugang im Netz hat. Und so sehr wir uns wünschen, dass auch Sekundärliteratur zu Paul Celan und Heinrich von Kleist in einem der schönen Literatur vegleichbaren Umfang gelesen werden, bleiben sie vorerst doch auch wissenschaftliche Publikationen, von denen mancher vielleicht auch einen kleinen Lebensunterhalt bezieht. Da hätten die Wissenschaftsorganisationen in ihrer Präzision noch einen Tick präziser formulieren sollen.

Auf dem Ap[p]ellplatz: Die Urheber rufen zur Rettung der Zukunft.

Es ist immer bedauerlich, wenn eine auf Viertel- und Halbwissen beruhende Rhetorik, die beispielsweise Google Books und Open Access pauschal in einen Topf wirft und zu einer Sache verquirlt, die Debatte dominiert. Das kann man jedoch noch ausblenden. Problematischer wird es aber, wenn das Ganze in Aktionismus umschlägt und zu einem Aufruf “für Publikationsfreiheit und die Wahrung der Urheberrechte” führt, der die Diskussion dann gleich durch eine Sturmlauf der Behauptungen überrennt und sowohl Freiheit wie auch Zukunft in akuter Gefahr wähnt:

Jeder Zwang, jede Nötigung zur Publikation in einer bestimmten Form ist [...] inakzeptabel …

Jeder, der publiziert wird dem zustimmen. Wenn die Freiheit von Literatur, Kunst und Wissenschaft Verfassungsgut aber  ist, dann ist sie ja auch durch die Verfassung geschützt. Wenn dieser Schutz nicht erfolgt, ist zweifellos die Politik am Zug. Aber muss man, weil ein Balken knirscht, gleich das ganze Haus niederbrennen wollen?

Scrollt man die Liste der Unterzeichner durch, die überwiegend aus dem Verlagswesen und den buchorientierten Wissenschaftskulturen stammen, merkt man, wohin das Dauerfeuer mit dem Mythos, die Verlage müssten von der Musikindustrie und deren Fehlern lernen, führt. Es ist kaum anzunehmen, dass Daniel Kehlmann zum Prince wird und sein nächstes Buch frei zum Download anbietet und dem Berliner Kurier beilegt. Dazu ist die kulturelle Distinktion der Branche, die jetzt die Barrikaden errichtet, schlicht zu hoch. Der weit verbreitete Irrtum, das Kapitel eines Buches sei einem Musiktitel gleich, erzeugt jedoch diskursiven Druck und mündet aktuell in einer unbestimmten Furcht bzw. darin, dass Autoren und Verlage ganz offensichtlich das Vertrauen in ihr Produkt und Lebensmittel – das gedruckte Buch – sowie in die Leserschaft und Kunden verloren haben.  Denn die Schlacht, die hier eigentlich geschlagen wird, ist die analog ausgerichteter Eliten, welche das Vertrauen in sich selber verlieren, gegen eine zukunftseuphorische Digitalkultur. Das die Welt ein besserer Ort ist, weil alle Bücher und Forschungsergebnisse permanent und überall online gelesen werden können ist eine genauso unsinnige Vorstellung, wie, dass ein starres Beharren auf dem Status Quo des Publikationswesens gegen die technischen Möglichkeiten rigoros zu verteidigen sei. Darum geht es auch nicht. Was wir beobachten, sind Verteilungskämpfe um Deutungs- und Markthoheiten, an deren Ende hoffentlich ein sinnvoller Kompromiß steht. Bedauerlicherweise verläuft sich der Diskurs zu oft in platter Ideologie und verzichtet auf das differenzierte Argument. Letztlich ist dies aber normal, wenn es an Distanz zur Sache und damit an Unterscheidungsvermögen mangelt.

Nature on scientific blogging

Editorial vom 25. Februar. It’s good to blog.

Indeed, researchers would do well to blog more than they do. The experience of journals such as Cell and PLoS ONE, which allow people to comment on papers online, suggests that researchers are very reluctant to engage in such forums. But the blogosphere tends to be less inhibited, and technical discussions there seem likely to increase.

2009 ist Open Access-Jahr in den Niederlanden

Wie die SURF-Foundation auf ihrer Website heute mitteilt, ist 2009 zum Open Access-Jahr  in den Niederlanden erklärt worden und zwar mit folgender Absicht:

The aim is to boost Open Access to the results of scientific/scholarly and practice-based research. Efforts will be made throughout the year to formulate and implement an Open Access policy, develop and improve the knowledge infrastructure, establish a clear legal framework, and create awareness with all stakeholders. The parties involved are the Royal Netherlands Academy of Arts and Sciences (KNAW), the Netherlands Organisation for Scientific Research (NWO), the Dutch higher education sector, and research institutions. SURF will act as the coordinator.

Wer mehr Informationen zum Thema und den genauen Wortlaut der Pressemitteilung erfahren möchte, kann auf der Internetseite nachlesen, worum es den verantwortlichen Institutionen in den Niederlanden geht. Der entsprechende Link findet sich hier.

The January edition of the Ranking Web of Repositories is just published

Der Publikationsserver der Humboldt-Universität ist auf Platz 17 von 300 gelandet. Auf den Plätzen 1 bis 3: Arxiv.org, Social Science Research Network und HAL CNRS. Mehr Informationen hier.

e-only: Dissertationen an der Temple University

Philadelphias Temple University trennt sich im Dissertationsbereich konsequent von Papier- und Microformen und macht sämtliche entstehende Doktorarbeiten digital und wohl auch frei über ihre Digital Collection-Seite zugänglich:

Temple doctoral candidates are now able to complete all their work electronically, submit it for review in electronic format and have it permanently archived at the Library as a born-digital document. As part of this shift to all-digital disserations the Libraries will no longer add paper copies of Temple dissertations to the Library stacks nor will it collect dissertations on microfilm. The versions of the dissertations available through the Library’s Digital Collections website are the original and complete versions of the dissertation.

Weiteres in dieser offiziellen Meldung: Temple Libraries Completes Shift To E-Dissertations.

Sie haben Großes zu sagen: In Yale diskutierte man über die Relevanz des Mediums Buch

John Donatich, director of Yale University Press, invoked the theme—the hazy economic future of print works in an increasingly digitized publishing environment—in his keynote address, saying, “Many look forward to the day in which we can etherize books online and commit what the director of the Beinecke Library, Frank Turner, calls ‘bibliographic euthanasia.’ ”

Vor zwei Wochen luden die amerikanischen Universitätsverlage nach New Haven um die Frage “Why Books Still Matter” zu beantworten, was allerdings, glaubt man der Zusammenfassung bei Publishers Weekly, nicht sehr originell gelang. Womöglich war einfach schon die Leitfrage verkehrt gestellt. In jedem Fall bleibt der Eindruck, als würde an der Front zwischen “Rettet das Buch als Leitmedium der Zivilisation” und “Habt euch nicht so, der Fortschritt lässt sich nicht aufhalten” fest Stellung bezogen, ohne dass man die Unsinnigkeit des ausgerufenen Blickwinkels auf das Thema selbst thematisiert.

So kippt die Aggregationskultur mit den erneuten Beteuerungen von Yochai Benkler und Michael Heller (“emphasizing that all forms of culture today, from music to news, involve assembling information from various sources”) weiterhin demnächst die rückständigen und den Fortgang der kulturellen Entwicklung behindernden traditionellen Geschäftsmodelle auf den Müllplatz der Wirtschaftsgeschichte. Die Freunde des Druckwerks können nichts Besseres als Gegenargument aufbieten als: “Books have something big to say.” Zweifellos haben sie das. Aber nicht alle. Und darum geht es hier auch nicht.

Große Worte allein sind nämlich noch keine sachliche Begründung, warum etwas noch immer relevant ist. Und das Umsatteln von weichen auf harte Wissenschaften, wie es der Princeton-Vertreter Peter Dougherty als Rettungsszenario für die Universitätsverlage andeutet, verkennt in eigenartiger Weise, dass gerade die STM-Fächer dem Schneckenmedium Buch bereits etwas länger, etwa seit den Philosophical Transactions, herzlich wenig abgewinnen können und lieber andere Kommunikationswege benützen.

Auch dass sich die Simultanpublikation von elektronisch in Open Access und gedruckt im Buchhandel rechnen kann, ist keine ganz neue Erkenntnis, wird aber sicher zurecht noch einmal betont. Hierbei zahlt der Käufer tatsächlich für Materialität und nicht für den bloßen Zugang zum Inhalt. Der Bedarf ist augenscheinlich da (“we sold 4,000 to 6,000 copies of the print edition“) und das Scheuklappern der Verleger, das auf der verrückten Knausrigkeitsvermutung, der Leser lese lieber ein billiges PDF als den handlichen Band z.B. im Lesesaal der Universitätsbibliothek, aufbaut, erweist sich erwartungsgemäß als Zeichen für eine schwer begründbare aber doch deutlich sichtbare Nervösität und zeigt nebenher, wie wenig die Vertreter des in ihren Augen überlegenen Mediums ihrer Zielgruppe so zutrauen.

Eigentlich will man als Wissenschaftler im Wissenschaftsalltag ja beides: das Buch zum konzentrierten Deep Reading, zum Unterstreichen, Lesezeichen einkleben und Eselsohren knicken und das PDF um gezielt zu suchen, ob man nicht eine entscheidende Textstelle übersehen hat und nicht zuletzt zum Herauskopieren der Zitate.

Bei sehr spezifischen Themen bietet die Print-on-Demand-Technik tatsächlich sogar die Option, Texte, die man sonst nie gedruckt und gebunden kaufen könnte, plötzlich in ganz klassischer Druckform anzubieten. Die potentielle Rolle des Buches als Medium ist somit, richtig gehandhabt, größer denn je. Nur haben die Vorstellungen davon, wie man mit dem Buch Geld verdienen kann, aktuell den Fehler, etwas fantasiearm zu sein, weswegen man sich mit den hinderlichen “Entweder-Oder”-Scharmützeln konfrontiert sehen muss.

Wenn man sich einmal von der Zuspitzung in der Frage nach der Zukunftstauglichkeit ablöste und vielleicht darüber sinnierte, wie die gegenwärtigen verfügbaren und allesamt validen medialen Formen in eine sinnvolle Wechselbeziehung gesetzt werden könnten, entstände möglicherweise als Fazit etwas Substantielleres als ein fröhliches Wortspiel wie dieses:

“Dougherty concluded with the hope that the panel question “whither the university press” wouldn’t become “wither the university press.””

Die Diskussion zum Thema, sofern Publishers Weekly die Diskussion realitätsnah referiert, wirkt in der Tat über weite Strecken etwas verwelkt.

LIBREAS – Call for Papers zu “Elektronisches Publizieren und Geisteswissenschaften”

Rechtzeitig zum heute erstmalig stattfindenden Internationalen Open Access-Tag hat die LIBREAS-Redaktion den Call for Papers für die nächste Ausgabe von LIBREAS. Library Ideas mit dem Arbeitstitel “Elektronisches Publizieren und Geisteswissenschaften” fertiggestellt. Dabei beschäftigt sich die kommende Ausgabe jedoch nicht nur mit dem Stellenwert von Open Access in den Geisteswissenschaften. Vielmehr forscht sie nach den spezifischen Hintergründen der Wissenschaftskommunikation im geisteswissenschaftlichen Bereich und inwieweit der freie Zugang zu wissenschaftlicher Information überhaupt eine Rolle spielt. Welche Herausforderungen und Möglichkeiten gibt es für das elektronische Publizieren gerade im geisteswissenschaftlichen Sektor? Wie könnten Alternativen zur derzeitigen Form der Wissenschaftskommunikation dort aussehen?

Um die 14. Ausgabe von LIBREAS mit Inhalt und Leben zu füllen, seien alle Interessierten herzlich auf den Call for Papers (hier in englischer Sprache) hingewiesen und zum regen Meinungs- und Gedankenaustausch eingeladen. Senden Sie uns Ihre Manuskripte zum Thema und sorgen Sie so für eine kontroverse Diskussion und eine weitere spannende Ausgabe von LIBREAS! Der Redaktionsschluss ist Anfang Januar 2009.

Springer kauft BMC

Der Wissenschaftsverlag Springer Science+Business Media hat den weltweit größten Open-Access-Verlag Biomed Central, der fast 200 Zeitschriften im STM-Bereich verlegt, gekauft.

1. Internationaler Open Access Tag

Wie die Informationsplattform Open-Access.net berichtet, findet am 14. Oktober 2008 der 1. Internationale Open Access Tag statt. Veranstalter sind SPARC, PLoS und Students for free culture. Auch Studierende sind aufgerufen, sich am Open Access Tag zu beteiligen. Weitere Informationen zur Teilnahme und Organisation gibt es über die Seite der Kampagne.

Immer chic und immer lässig: LIBREAS #13 ist online!

Endlich ist sie da, lang ersehnt und so kühl und frisch wie ein Bier in der abendlichen Spätsommersonne zum Ausklang eines harten Arbeitstages. Die neue Sommerausgabe #13 von LIBREAS. Library Ideas!

Diesmal zum Thema “Popkultur: Bibliothek” bietet LIBREAS #13 all das, was Interessierte am Librarian Chic und der großen, glitzernden Bibliothekswelt schon immer wissen wollten. Tauchen Sie mit uns ein in das Spannungsverhältnis zwischen Eigen- und Fremdbild der Institution Bibliothek und stellen Sie sich Ihren persönlichen Bibliotheks-Lifestyle zusammen!

OA libre, OA gratis: Peter Suber führt eine Unterscheidung ein

Gratis is cost free. It means free to read.

Libre is cost free & permission free. It means free to use.
(via Journalology)

Damit man sich z.B. in den kommenden Kursen zum Thema Open Access differenziert verständigen kann, empfiehlt es sich, die aktuelle begriffliche Differenzierung Peter Subers in Gratis-OA und Libre-OA zu übernehmen.

Weil wir im Juli hier eine Diskussion hatten: Für LIBREAS – die aktuelle Ausgabe ist beinahe fertig – gilt aktuell die Variante gratis. Vom Namen her würde natürlich zugegeben etwas anderes näher liegen: LIBREAS

Open Access-Pilotprojekt soll besseren Zugang zu Forschungsergebnissen erzielen

Wie die Informationsplattform für Open Access meldet, hat die EU-Kommission ein Open Access-Pilotprojekt für den besseren Zugang zu Ergebnissen EU-finanzierter Forschung ins Leben gerufen. Damit will die Europäische Kommission gewährleisten, dass die Ergebnisse der von ihr im siebten Forschungsrahmenprogramm der EU (RP7) im Zeitraum 2007-2013 mit 50 Mrd. Euro finanzierten Forschung möglichst effektiv verbreitet werden, um eine optimale Nutzung und Wirkung in der Forschung zu erzielen. Forschungsartikel sollen in der Regel nach einer Sperrfrist von sechs bis zwölf Monaten online verfügbar sein und so zum Beispiel Doppelforschung vermeiden.

Den Hintergrund zum jetzt angestoßenen EU-Projekt bilden die Mitteilung der Europäischen Kommission vom Februar 2007 über “wissenschaftliche Informationen im Digitalzeitalter: Zugang, Verbreitung und Bewahrung” (IP/07/190) und die Reaktion des Rates der EU-Forschungsminister vom November 2007 darauf. Der Rat forderte in seiner Reaktion die Europäische Kommission auf, das Konzept von Open Access im RP7 anzuwenden und zu testen.

Janez Potocnik, zuständiger EU-Kommissar für Wissenschaft und Forschung, erklärte dazu: “Ein einfacher und entgeltfreier Zugang zu den aktuellsten Erkenntnissen in strategischen Bereichen ist entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit der EU in der Forschung. Dieses Open Access-Pilotprojekt ist ein wichtiger Schritt für die Verwirklichung der “fünften Freiheit”, d.h. dem freien Verkehr von Wissen in den Mitgliedstaaten, auf Ebene der Forscher und der Unternehmen und in der breiten Öffentlichkeit. Darüber hinaus erhalten die Bürger auf diese Weise einen angemessenen Gegenwert  für die Finanzierung der Forschung durch EU-Gelder.”

Die entsprechende Pressemitteilung und weitere Details können hier nachgelesen werden.

Studie zur Akzeptanz von Open-Access-Zeitschriften veröffentlicht

Karin Weishaupt vom Institut Arbeit und Technik hat in Zusammenarbeit mit der Humboldt-Universität zu Berlin eine Online-Befragung zur Akzeptanz von Open Access-Zeitschriften unter knapp 1000 Autor/innen von Aufsätzen in deutschen Open-Access-Zeitschriften durchgeführt.

Erste Ergebnisse dieser Studie stehen nun online hier zur Verfügung.

Noch eine Zeitschrift

Studierende der FH Potsdam haben – wie schon einmal etwas unbeachtet in BibliothekarInnen sind uncool angekündigt wurde – eine elektronische Zeitschrift gestartet. Gestern fand die Release-Party der ersten Ausgabe statt.
BRaIn – Potsdamer Beiträge und Reportagen aus der Informationswissenschaft soll vor allem die Aktivitäten von Studierenden und DozentInnen der FH Potsdam darstellen. (Dies unterscheidet die BRaIn von der libreas, die sich ja nicht so sehr auf das IBI konzentriert.)
In welchem Modus die Zeitschrift erscheinen wird, ist noch nicht ersichtlich. Zudem soll sie zwar frei zugänglich sein, zu einer “richtigen” Open Access Zeitschrift fehlt (noch) ein Hinweis auf die verwendete Lizenz. Aber ansonsten ist sie ein wirklich schönen Beispiel für die Möglichkeiten elektronischen Publizierens, n’est-ce pas?

Working paper on Citation Metrics for DL

“Access, Usage and Citation Metrics: What Function for Digital Libraries and Repositories in Research Evaluation?” Available at SSRN: http://ssrn.com/abstract=1088453

ELPUB 2008 papers

Papers der International Conference on Electronic Publishing (ELPUB) sind online.
Tagungsthema: Open Scholarship: Authority, Community and Sustainability in the Age of Web 2.0.